Atommülllagersuche: Kaum Transparenz, kaum echte Beteiligung, kaum Fortschritt

Der sichere Umgang mit den hochgefährlichen Atomabfällen wird uns mindestens eine Million Jahre beschäftigen. Noch immer ist die Suche nach einem Atommülllager ungelöst. Auch vier Jahre nach dem „Neustart“ der Suche sind wir nur einen kleinen Schritt weiter: Mehr als die Hälfte Deutschlands gilt als potentiell geeignet. Gleichzeitig werden die Mängel des Verfahrens immer deutlicher: Es fehlt an der Offenlegung wichtiger geologischer Daten und Beteiligung auf Augenhöhe für Betroffene ist nicht vorgesehen. Ein Umsteuern ist daher dringend notwendig, sonst kann die Suche nicht gelingen.

Halb Deutschland ist für die Standortsuche geeignet

Karte mit den Teilgebieten zur Endlagersuche 54 Prozent der Fläche Deutschlands wurden durch die BGE für die weitere Standortsuche ausgewiesen.  (BGE)

Mit der Veröffentlichung des "Zwischenberichts Teilgebiete" hat die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) Ende September 2020 deutschlandweit Regionen vorgestellt, die für eine "Endlagerung"* von Atommüll in Frage kommen. Damit sind 90 Gebiete und 54 Prozent der Landesfläche Deutschlands potentiell von Atommüll erneut oder erstmals betroffen. Der BUND hat diese großflächige Auswahl auf der Fachkonferenz Teilgebiete kritisiert. Die Fachkonferenz war das erste Beteiligungsformat der Suche – und kein gutes. Sie war geprägt durch schlechte Moderation, kaum Raum für Austausch und keine echte Mitsprache – Beteiligung muss deutlich besser werden. 

Gorleben lebt, doch unfertiger Zwischenbericht bereitet Probleme

Ein Erfolg des ersten Schrittes ist das Ausscheiden des Salzstocks Gorleben. Der Standort war jahrzehntelang politisch gewollt, aber nie geologisch geeignet. Das Ende Gorlebens ist auch ein Erfolg der Arbeit des BUND und den jahrzehntelangen Protesten im Wendland.

In der Suche zeichnen sich aber schon jetzt große Probleme ab: Der fehlerhafte Zwischenbericht ist viel zu unkonkret und erfüllt nicht die gesetzlichen Erwartungen. Grund dafür ist das Vorgehen der BGE. Sie hat vor allem sogenannte Referenzdaten ausgewertet. Dies sind Daten, die etwa aus Lehrbüchern stammen und ideale Werte für das Gestein annehmen. Dadurch wurden sehr viele große und vermeintlich gleichwertige Gebiete ausgewiesen – und sogar Gebiete benannt, in denen das passende Gestein gar nicht auftaucht. Eine echte Eingrenzung durch die im Gesetz vorgesehenen Abwägungskriterien ist nicht erfolgt. Für den BUND ist der Zwischenbericht daher nur ein Zwischen-Zwischenbericht, der noch fertig gestellt werden muss. Wir haben viele Probleme in einer Mängelliste zusammengefasst und über die Fachkonferenz Teilgebiete an die BGE übergeben.

Wie geht’s weiter? Auf dem komplizierten Weg zu Standortregionen

Aktuell arbeitet die BGE an der Verkleinerung der großen Teilgebiete. Eine komplizierte Aufgabe, die mindestens drei Jahre dauern wird. Ziel ist es, wenige und kleine Standortregionen zu finden, die dann übertägig erkundet werden sollen. Noch ist unklar wie die BGE vorgeht. Klar ist jedoch, dass – trotz der großen Bedeutung für das Verfahren – keine Beteiligung der Öffentlichkeit im kommenden Eingrenzungsschritt vorgesehen ist. Darauf haben viele, wie auch der BUND, rechtzeitig aufmerksam gemacht. In der Fachkonferenz wurde ein neues Format detailliert ausgearbeitet und beschlossen. Das zuständige Bundesamt BASE hat diese Vorschläge ignoriert. Dabei zeigt ein Rechtsgutachten im Auftrag des BUND, dass die Vorschläge der Fachkonferenz ohne Probleme umgesetzt werden können. Wir fordern, dass für diesen Schritt wirksame und selbstorganisierte Beteiligung endlich umgesetzt wird.

Ohne Mitsprache und Transparenz wird das nix

Der BUND kritisiert das aktuelle Verfahren und fordert mehr Beteiligung und Transparenz

Der BUND mahnt, die Atommülllagersuche nicht scheitern zu lassen. Die Atommülllagersuche muss im Hinblick auf ein selbstlernendes Verfahren angepasst werden und echte Beteiligung und Transparenz in jedem Schritt ermöglichen.

Zentrale Voraussetzung für eine glaubwürdige Teilgebietsauswahl ist der Einblick in die zugrundeliegenden Daten. Es bleibt die Frage: Welche geologischen Informationen wurden wie bewertet? Auch mit der Veröffentlichung des Zwischenberichts ist eine vollständige Antwort darauf nicht möglich. Zudem sind einige Daten gar nicht einsehbar. Die strittigen Daten liegen in einem Datenraum. Hier hat nur das Nationale Begleitgremium (NBG) Einblick. Der BUND fordert: Vollständige Transparenz! Ohne einen sofortigen Einblick in alle Daten, Methoden und Informationen ist eine glaubwürdige und nachvollziehbare Suche nicht möglich.

Erhebliche Mängel weist auch die Beteiligung auf. Das hat unter anderem die "Fachkonferenz Teilgebiete" gezeigt. Die ohnehin eingeschränkte Beteiligung durch die Corona-Pandemie wurde durch Technikprobleme, fehlenden Beteiligungswillen der Behörde und schlechte Moderation noch erschwert. Gleichzeitig hat die Konferenz aber auch gezeigt, wie wichtig Selbstorganisation ist. Dieses gesellschaftliches Potential muss gestärkt werden. Der BUND fordert daher Beteiligung auf Augenhöhe! Beteiligung muss im aktuellen Verfahrensschritt so gestaltet sein, dass alle Betroffenen in der Lage sind, die komplexe geologische und physikalische Materie zu verstehen und überprüfen zu lassen. Dafür braucht es auch finanzielle Mittel für kritische Gutachter*innen. Beteiligung muss die Möglichkeit haben, selbstorganisiert und unabhängig zu arbeiten. Die Ergebnisse auch der zukünftigen Beteiligung müssen nachweislich Eingang in die Arbeit der BGE finden und am Ende dem Deutschen Bundestag vorgelegt werden.

Eine zentrale Grundlage der Suche muss eine vergleichende wissenschaftliche Auswahl sein. Schon jetzt lassen sich jedoch Tendenzen beobachten, die aus politischen Interessen Gebiete ausschließen wollen.  Der BUND fordert, dass Sicherheit oberstes Gebot sein muss. Es ist nicht zulässig, Standorte wegen fehlender Daten oder auf Grund von politischen Interessen auszuschließen.

 Detaillierte Infos zum Suchverfahren

* Der Begriff "Endlager" täuscht eine Lösung vor, die es nicht geben kann. Kein Ort wird für eine Million Jahre vollständige Sicherheit und ein "Ende" des Atommülls gewährleisten. Deshalb vermeidet der BUND das Wort "Endlager" oder setzt es in Anführungszeichen.

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