Castortransporte: Problemverschiebung mit Risiken

Castortransporte bedeuten eine buchstäbliche Verschiebung des Problems Atommüll-Entsorgung und stellen zudem ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar.

Castor in Gorleben; Foto: Karin Behr / PubliXviewinG Nach 126 Stunden erreichte der 13. Castortransport im November 2011 sein Ziel Gorleben. Der Transport war der bis dato längste Atommülltransport überhaupt.  (Karin Behr / PubliXviewinG)

Auch nach der Abschaltung der Atomkraftwerke ist das Atomproblem nicht vorbei. In der Bundesrepublik sind etwa 1.900 Castor-Behälter mit hochradioaktiven Abfällen angefallen. Weil niemand weiß, wie man den Atommüll so entsorgen kann, dass er für Mensch und Umwelt weder heute noch in ferner Zukunft eine Gefahr darstellt, wurde das strahlende Problem lange Jahre buchstäblich verschoben: Aus den Atomkraftwerken wanderte es auf Schienen in die deutschen Zwischenlager Ahaus/Gorleben oder in die Wiederaufarbeitungsanlagen in La Hague (Frankreich) und Sellafield (Großbritannien) und von dort wieder zurück nach Deutschland.

Durch diese Transporte konnten die Betreiber den Betrieb der AKW aufrechterhalten, weil dadurch der unvermeidliche Entsorgungsnotstand immer wieder hinausgeschoben wurde. Seit 1973 wurden Transportbehälter in die Wiederaufbereitungsanlagen in Frankreich und England gebracht – bis zum Ende der Transportgenehmigung am 30. Juni 2005 waren es insgesamt etwa 2.000 Transporte. Dem rot-grünen Atomkonsens folgend wurden inzwischen standortnahe Zwischenlager neben den AKW errichtet und damit Castortransporte aus den AKW auf null reduziert. Eine Lösung für die Entsorgung des Atommülls sind diese Zwischenlager allerdings auch nicht.

Da die Wiederaufarbeitung unbegrenzt fortgeführt werden darf, wird es auch in Zukunft noch Rücktransporte aus La Hague und Sellafield nach Deutschland geben. Und irgendwann wird es Castortransporte aus den Zwischenlagern in ein Endlager geben müssen.

Sicherheitsrisiko Castor

Castortransporte stellen ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar, weil die Atommüllbehälter bei einem schweren Unfall so stark beschädigt werden können, dass es zu einer radioaktiven Verseuchung der Umgebung kommt. Sicherheitstests werden zwar durchgeführt, allerdings nicht mit allen verwendeten Castortypen. Die getesteten Castoren halten einen Sturz aus neun Meter Höhe aus, bei einem Unglück auf einer der vielen deutlich höheren Brücken könnten sie leicht zu Bruch gehen.

Zudem wird die Hitzebeständigkeit der Castoren nur bei einem Feuertest mit 800 Grad Celsius über eine Dauer von 30 Minuten geprüft, während bei Zugunglücken Brandentwicklungen mit Temperaturen bis zu 2.000 Grad Celsius denkbar sind. Realistische Szenarien werden also schlicht ignoriert. Ebenso stillschweigend übergangen wird vonseiten der Verantwortlichen die Tatsache, dass auch Castoren zu einer Zielscheibe terroristischer Angriffe werden könnten. In allen Fällen ist mit erheblichen Strahlenbelastungen zu rechnen.

Gesundheitsrisiko durch Überschreitung der Grenzwerte

Castor am Verladebahnhof Dannenberg; Foto: Andreas Conradt / PubliXviewinG Das Begleitpersonal der Castortransporte ist – wie hier am Verladebahnhof Dannenberg – einem hohen Risiko ausgesetzt, denn die Neutronenstrahlung kann die Hülle des Behälters durchdringen.  (Andreas Conradt / PubliXviewinG)

Neben der Unfallgefahr gehen von den Castor-Transporten Gesundheitsrisiken aus. Insbesondere die Gefahren der Neutronenstrahlung, die die Behälterhülle durchdringt, wurden jahrelang unterschätzt. Das Begleitpersonal ist daher bei jedem Transport einem weitaus höheren Risiko ausgesetzt als lange Zeit angenommen wurde.

Als im Frühjahr 1998 radioaktive Teilchen an der Außenhülle eines Behälters festgestellt und die zulässigen Kontaminationsgrenzwerte um das 4.350-fache überschritten wurden, verhängte die damalige Bundesumweltministerin Angela Merkel einen Transportstopp. Dieser wurde jedoch im Januar 2000 von der Bundesregierung wieder aufgehoben, obwohl die Ursachen der Grenzwertüberschreitungen nie geklärt wurden.

Wohin mit den Castoren aus der Wiederaufarbeitung?

24 Castorbehälter mit hochradioaktiven, verglasten Abfällen aus deutschen Atomkraftwerken stehen noch bei den Wieder­aufarbeitungs­anlagen in Frankreich und Groß­britannien, sowie 30 innenkontaminierte leere Castoren. Diese sollen auf fünf verschiedene Zwischenlager in der Bundesrepublik aufgeteilt werden. Früher wurde dieser Müll ins Zwischenlager nach Gorleben transportiert. Das wurde gesetzlich verboten, um den Standort Gorleben nicht weiter als Lager für den hochradioaktiven Müll zu zementieren – bevor der Salzstock 2020 als geologisch ungeeignet komplett aus dem Endlagersuchprozess gefallen ist.

Klar ist, der deutsche Atommüll muss in Deutschland entsorgt werden. Einen Export ins Ausland lehnt der BUND ab. Allerdings müssen die Zwischenlager schnellstmöglich mit zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen nachgerüstet werden.

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Juliane Dickel

BUND-Expertin für Energiepolitik, Klima und Atom
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Wohin mit dem Atommüll?

27.03.2017 | Thorben Becker, Frankfurter Rundschau

Die Suche nach einem Endlager für den Atommüll ist extrem schwierig. Für das kommende Suchverfahren fehlt das Vertrauen.

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