Naturschutzverbände begrüßen das am 1. November in Kraft tretende Verbot von Stellnetzen zum Schutz des Ostseeschweinswals. Gleichzeitig kritisieren BUND, DUH, Greenpeace, Sharkproject, NABU und WDC, dass diese Maßnahmen nicht ausreichen, um den bedrohten Wal in der zentralen Ostsee vor dem Aussterben zu bewahren. Das Verbot gilt auf Anordnung der Europäischen Kommission in Teilflächen von schwedischen, dänischen, polnischen und deutschen Meeresschutzgebieten. Damit sollen ungewollte Schweinswalbeifänge in der Stellnetzfischerei verhindert werden.
Die klassische Stellnetzfischerei stellt nach Meinung der Verbände neben der zunehmenden Belastung durch Unterwasserlärm, Meeresverschmutzung und Klimakrise die Hauptbedrohung für die vom Aussterben bedrohte Schweinswalpopulation in der zentralen Ostsee dar. Daher können die Gebietsschließungen, die in deutschen Gewässern zudem lediglich von November bis Januar reichen, nur ein erster Schritt sein. Nach Jahren des politischen Zögerns braucht es jetzt ein entschlossenes Maßnahmenprogramm zum Schutz des einzigen in der deutschen Ostsee heimischen Wals.
Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass bereits ein Tier pro Jahr, das in den Netzen stirbt, zu viel ist, als dass sich die gefährdete Population von weniger als 500 Walen dauerhaft erholen kann. Zurzeit liegt der geschätzte Beifang bei sieben Tieren pro Jahr. „Jeder getötete Wal ist einer zu viel. Das Stellnetzverbot ist richtig, muss aber bis mindestens April verlängert werden, so wie es der Internationale Rat für Meeresforschung (ICES) empfohlen hat. Darüber hinaus müssen Schutzgebiete effektiv gemanagt und alternative, Beifang vermeidende Fanggeräte weiterentwickelt und in der Fischerei eingesetzt werden“, fordern die Naturschutzverbände.
Neben den Gebietsschließungen liegt der Schlüssel für eine naturverträgliche Fischerei, die Wale und andere Meeresbewohner, aber auch Seevögel vor dem Tod im Netz bewahrt, in der Erforschung und Anwendung alternativer Fanggeräte. Dazu gehören beispielsweise Fischfallen und Reusensysteme. Die Weiterentwicklung dieser alternativen Methoden, neben der systematischen Erforschung, wie Stellnetze modifiziert werden können, damit sie von Schweinswalen besser erkannt werden, ist Gegenstand eines aktuell vom Bundesamt für Naturschutz geförderten Projektes.
„Die neue Bundesregierung hat sich über den Koalitionsvertrag verpflichtet, Fischerei und Natur eine Zukunft zu geben. Dafür braucht es Entschlossenheit und keine weichgespülten Maßnahmen, die am Ende weder der Fischerei noch dem Schweinswal helfen. Aufgabe der neu gebildeten Zukunftskommission Ostseefischerei ist es endlich wirksame Maßnahmen zu erarbeiten - dafür stehen wir bereit“, so die Verbände.
Hintergrund: Die Fischereiregulierung in der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ), als auch innerhalb der Küstengewässer eines jeweiligen Landes wird über die Gemeinsame Fischerei Politik (GFP) geregelt. Dies beinhaltet, dass ein Mitgliedstaat nicht allein über Fischereimaßnahmen in seinen Hoheitsgewässern entscheiden darf, auch nicht in ausgewiesenen Meeresschutzgebieten. Es bedarf der Zustimmung der anderen Mitgliedstaaten, die ein Interesse an Fischerei in den Gewässern angemeldet haben. Maßnahmen können über gemeinsam erarbeitete Vorschläge bei der EU-Kommission zur Prüfung eingereicht werden.
In dem vom ICES veröffentlichten Bericht wurde ein Stellnetzverbot in deutschen Gewässern von November bis April empfohlen. Doch mit Rücksicht auf die Fischerei der Ostsee-Anrainer kürzte die Kommission das Verbot auf drei Monate und reduzierte gleichzeitig die vom Stellnetzverbot betroffene Fläche.
Mehr Informationen:
- Zur Fischerei in Nord- und Ostsee
- Kontakt: BUND: Isabelle Maus, Meeresschutzgebiete BUND, mobil: +49 (0) 151 72959306, E-Mail: Isabelle.Maus(at)bund.net