Wer zahlt die Ewigkeitskosten der Atomenergie?

15. September 2016 | Atomkraft

Die Bundesregierung hat sich vorgenommen, die Finanzierung der Ewigkeitskosten der Atomenergie neu zu regeln, ein erster Schritt war die Kommission zur Überprüfung der Finanzierung des Kernenergieausstiegs (KFK), deren Ergebnisse ernüchtern. Der BUND fordert eine gesetzliche Regelung und keinen Vertrag mit den AKW-Betreibern, wie von diesen vorgeschlagen. Warum das Nachhaftungsgesetz schnell verabschiedet werden muss und die Überführung der Atom-Rückstellungen in einen öffentlich-rechtlichen Fonds nötig ist, ohne die AKW-Betreiber aus ihrer Haftung zu entlassen, erläutert Thorben Becker, Atomexperte des BUND.

Anti-Atom-Aufkleber des BUND

Ergebnis der "Atom-Finanz-Kommission" ist ernüchternd

Der BUND hat sich immer für die umfassende Geltung des Verursacherprinzips ausgesprochen und sich auch bei seiner Mitarbeit in der der "Kommission Lagerung hochradioaktiver Abfallstoffe" ("Atommüll-Kommission") dafür eingesetzt, dass die AKW-Betreiber als Verursacher die Kosten für das neue Suchverfahren tragen müssen.

Deshalb ist für den BUND das Ergebnis der "Kommission zur Überprüfung der Finanzierung des Kernenergieausstiegs" (KFK) zum Umgang mit den Haftungsrisiken der Atomenergienutzung ernüchternd. Denn die Vorschläge dieser Kommission weichen das Verursacherprinzip auf. Obwohl gesetzlich klar geregelt ist, dass die AKW-Betreiber die Folgekosten der Atomkraftnutzung tragen, sollen sie jetzt aus der umfassenden Haftung entlassen werden. Damit wird eine jahrzehntelange Grundlage, die für den Bau und Betrieb von Atomkraftwerken und die Akzeptanz der Atomenergie in Teilen der Bevölkerung große Bedeutung hatte, faktisch widerrufen und das Vertrauen erneut erschüttert. Dies gilt umso mehr, weil die Atom-Rückstellungen bereits seit weit über einem Jahrzehnt offenkundig nicht mehr aktiv gesichert wurden. Trotz massiver Forderungen haben alle Bundesregierungen seit den 1990er Jahren das Problem ignoriert.

Der nun in der KFK vereinbarte Risikoaufschlag ist viel zu gering. Die Summe von 23,3 Milliarden Euro, welche die Konzerne in einen Fonds einzahlen müssen, wird nicht reichen, um die Lagerung der Atommüllberge dauerhaft zu finanzieren. Auf die Steuerzahler kommen enorme finanzielle Risiken zu.

Der BUND fordert daher von der Bundesregierung Nachbesserungen an den Vorschlägen der KFK. Eine wichtige Forderung des BUND dabei: Das auf die lange Bank geschobene Nachhaftungsgesetz muss endlich verabschiedet werden.

1. Nachhaftungsgesetz schnellstens verabschieden

Der BUND hatte die Vorlage des Gesetzentwurfs zur "Nachhaftung für Rückbau- und Entsorgungskosten im Kernenergiebereich" begrüßt. Dieses Gesetz war die richtige Antwort der Bundesregierung auf die Pläne von Vattenfall und e.on, sich durch aktive Umstrukturierungen der Verantwortung für die Folgekosten der Atomenergie zu entziehen. Gleichzeitig würde das Gesetz auch die offene Frage lösen, wie nach Kündigung der aktuell geltenden Beherrschungs- und Ergebnisabführungsverträge verhindert werden kann, dass die Haftung für die Ewigkeitskosten bei den AKW-Betreibergesellschaften verbleibt und die Konzerne e.on, RWE, Vattenfall und EnBW nicht für ihre Tochterunternehmen einstehen müssen.

Der BUND begrüßt ausdrücklich die Pläne der Bundesregierung, e.on und Vattenfall nicht aus der Haftung zu entlassen. Aber das geplante Gesetz allein ist nicht geeignet, die Übernahme der Kosten für Rückbau und Atommüll-Lagerung durch die AKW-Betreiber zu sichern – hierzu braucht es die schnelle Sicherung der Rückstellungen durch einen öffentlich-rechtlichen Fonds. . Die Haftung muss sich auf sämtliche Kosten erstrecken, die im Zusammenhang mit Rückbau, Standortsuche, Errichtung und Betrieb eines Atommüll-Lagers anfallen.

2. Haftung der AKW-Betreiber nicht einschränken

Der BUND fordert die Bundesregierung auf, zur Umsetzung der KFK-Vorschläge einen Gesetzentwurf vorzulegen, wie die Atom-Rückstellungen konkret in einen öffentlich-rechtlichen Fonds überführt werden können. Die gesetzlichen Regelungen müssen sicherstellen, dass die Abfallverursacher für sämtliche Folgekosten der Atomenergie aufkommen. Eine Aufweichung des Verursacherprinzips darf es nicht geben.

Die Haftung der AKW-Betreiber und die Sicherstellung der Finanzierungsvorsorge sind rechtlich geboten und nicht einfach frei verhandelbar. Deshalb darf die Bundesregierung die Haftung der AKW-Betreiber für den Rückbau der AKW und für die Atommüll-Lagerung nicht in Frage stellen oder einschränken. Es hätte weitreichende Folgen, wenn das Verursacherprinzip als zentraler Grundsatz des Umweltrechts bei der Finanzierung der Folgekosten der Atomenergie aufgeweicht werden würde. Auch für den "Neustart der Endlagersuche" wäre es ein schlechtes Signal, wenn hier geltendes Recht verwässert würde und die AKW-Betreiber nicht umfassend haften müssen.

Mehr Informationen

Informationen und Rückfragen bei:
Thorben Becker
Leiter Atompolitik
Kaiserin-Augusta-Allee 5,
10553 Berlin  
Tel. (030) 2 75 86-421
thorben.becker(at)bund.net

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