Verunreinigte UV-Filter in Sonnencreme sind die Ursache für Weichmacher in Kinderurin.
(Orbon Alija
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via canva.com)
Das im Urin entdeckte MnHexP ist ein Abbauprodukt des Weichmachers Di-n-hexyl-Phthalat (DnHexP). Die Analyse des Landesamts für Natur-, Umwelt und Verbraucherschutz in Nordrhein-Westfalen (LANUV) zeigt nun, dass die untersuchten Sonnencremes teilweise mit dem Weichmacher DnHexP verunreinigt sind. Das LANUV weist darauf hin, dass die Bewertungen vorläufig seien, da noch bundesweit nach Ursachen geforscht werde.
Gesundheitsgefahren des Weichmachers
Der Weichmacher kann die Fortpflanzungsorgane von Föten im Mutterleib schädigen und bei Erwachsenen das Risiko für Diabetes, Bluthochdruck und Fettleibigkeit erhöhen. In neuen Kinderurin-Untersuchungen des LANUV liegen die Urinwerte zu 99 Prozent unterhalb der Schwelle für eine gesundheitliche Besorgnis, wie das LANUV betont. Doch hormonell wirkende Schadstoffe wie die gefunden Weichmacher können schon in sehr geringen Mengen ihre schädliche Wirkung entfalten. Sie gelten deswegen auch als Stoffe, für die es keine sicheren Grenzwerte geben kann. Nicht das einzelne Produkt, sondern die Summe der Belastungen aus vielen verschiedenen Quellen stellt das Gesundheitsrisiko dar. Zudem können sich verschiedene Weichmacher in ihrer Wirkung gegenseitig verstärken. Der BUND und andere Umweltverbände fordern schon seit den 1990er Jahren ein vollständiges Verbot von Phthalat-Weichmachern wie DnHexP.
Das zeigten die Untersuchungen
In den Untersuchungen im Jahr 2024 wurde zunächst wurde ein massiver Anstieg von DnHexP bei Urinproben von Kindergartenkindern in Nordrhein-Westfalen entdeckt. In einem Zeitraum von drei Jahren hatte sich der Anteil der belasteten Proben mehr als verdoppelt. Gleichzeitig hat sich bei belasteten Kindern die Konzentration des Weichmachers in etwa verzehnfacht. Die Untersuchungen hatten Expert*innen des Landesamts für Natur-, Umwelt- und Verbraucherschutz durchgeführt. Laut Umweltbundesamt sind die gemessen Werte aller bisher ausgewerteten Urinproben (750) unter dem Wert, der ein Gesundheitsrisiko darstellt. Bis zu einem Wert von 60 Mikrogramm pro Liter Urin ist nach der Kommission Human-Biomonitoring des Umweltbundesamts nicht mit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung zu rechnen.
DnHeXP ist weitgehend verboten
Der Weichmacher DnHexP ist seit 2023 in der EU weitgehend verboten. Bereits im Jahr 2013 wurde er als besonders besorgniserregender Stoff eingestuft. Im Jahr 2020 wurde er auf die Liste der zulassungspflichtigen Stoffe gesetzt. Demnach dürfte er in diesem Ausmaß eigentlich nicht mehr in menschlichem Urin nachzuweisen sein.
Weichmacher kann auch in anderen Produkten sein
Der Weichmacher DnHexP wurde lange Zeit als Zusatzstoff verwendet, um PVC-Plastik weich und biegsam zu machen. Die Weichmacher dünsten nach und nach aus, werden eingeatmet und über die Haut aufgenommen. Dazu gehören Duschvorhänge, Tischdecken, Kunstleder, Bodenbeläge oder Strukturtapeten.
Weichmacher kann über Online-Handel nach Deutschland kommen
Entsprechend kann er noch in alten EU-Produkten enthalten sein oder über importierte Produkte nach Deutschland kommen, die gegen das EU-Chemikalienrecht verstoßen. Das ist gerade mit Blick auf den rasant wachsenden Online-Handel nicht kontrollierbar. Die Gesetze sind noch für die analoge Welt gemacht, wie ein Rechtsgutachten des BUND aus dem Jahr 2023 feststellt. Eine BUND-Marktrecherche hat gezeigt, dass online gekauftes Spielzeug hohe Konzentrationen an Weichmachern, krebserregenden Nitrosaminen oder hormonell schädlichem Bisphenol A enthalten kann. Puppen aus PVC, Spielzeugschleim oder Luftballons sind besonders häufig betroffen.
Schadstoff-Regulierung hinkt hinterher
Am Fund des Weichmachers DnHexP zeigt sich erneut, wie groß die Defizite bei der Regulierung von gefährlichen Chemikalien sind. Im Schnitt dauert es acht bis zwölf Jahre, bis ein potentieller Schadstoff alle Instanzen durchlaufen hat und EU-weit reguliert werden kann. Um gefährliche Stoffe schneller regulieren und den Markt effektiver kontrollieren zu können, muss die EU-Chemikalienverordnung REACH endlich zügig überarbeitet werden. Gefährliche Stoffe in verbrauchernahen Produkten müssen schnell verboten werden.
Schadstofffreie Produkte
Viele Produkte, die Schadstoffe enthalten, sind aus Weich-PVC oder anderen Kunststoffen. Setzen Sie stattdessen auf plastikfreie Alternativen. Puppen gibt es auch aus unbedenklichen Textilien; zertifiziertes Holzspielzeug ist schadstofffrei. Bei Kosmetika und Sonnencreme können Sie sich für zertifizierte Naturkosmetika entscheiden. Die enthält keine hormonellen Schadstoffe, keine synthetischen Zusatzstoffe und ist frei von Silikonen. Mit der kostenlosen BUND-ToxFox-App können Sie Produkte scannen und sich anzeigen lassen, ob es hormonelle Schadstoffe, PFAS, Nanopartikel, Mikroplastik oder flüssige Kunststoffe enthält.
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Viele Alltagsprodukte enthalten gesundheits- und umweltschädliche Substanzen, wie unsere Labortests immer wieder zeigen. Tag für Tag kommen wir mit ihnen in Kontakt. Mit Chemikalien, deren Folgen für unseren Körper und die Umwelt z.T. noch gar nicht genau erforscht sind. Damit muss Schluss sein! Wir setzen uns für einen Alltag ohne Gift und für einen nachhaltigen Umbau der Chemieindustrie ein. Mit Ihrer Spende unterstützen Sie uns dabei. Vielen Dank.