Umweltgifte für die Ewigkeit

08. Februar 2021 | Chemie, Umweltgifte

Wissenschaftler*innen haben untersucht, wie weit verbreitet schädliche per- und polyfluorierte Chemikalien sind. Die Ergebnisse sind erschreckend. Der BUND fordert die Gesetzgeber in Berlin, Brüssel und weltweit auf, endlich durchzugreifen.

Symbolbild: PFAS finden sich zum Beispiel an Tennisschlägern. Die giftigen PFAS finden sich in etlichen Sportartikeln, zum Beispiel in Tennisschlägern. (Hans Markutt / pixabay)

Selbst in den entlegensten Gebieten der Erde wie der Arktis oder in Hochgebirgsseen lassen sie sich mittlerweile nachweisen: giftige Chemikalien.

Wissenschaftler*innen der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH) haben nun untersucht, wie weit verbreitet sogenannte PFAS sind, um ein umfangreiches Inventar zu erstellen. Diese „per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen“ bilden eine Gruppe von mehr als 4.700 Verbindungen.

PFAS schaden Mensch und Tier und werden nur sehr langsam abgebaut. Sie belasten die Umwelt über Generationen hinweg, deshalb nennt man sie auch "ewige Chemikalien".

Einige Anwendungen sind gut bekannt und Verbraucher*innen kommen häufig mit ihnen in Kontakt. Teflon etwa wurde aus Perfluoroctansäure (PFOA) hergestellt. Diese und andere PFAS sind auch in wasserdichten Kleidungsstücken, Zelten, Teppichen, Lebensmittelverpackungen oder Kosmetika enthalten.

Bedrohliche Vielfalt an Anwendungen

Doch die giftigen Stoffe sind noch weiter verbreitet als bisher bekannt. Die Forscher*innen der ETH Zürich kommen zu dem Schluss, dass PFAS-Chemikalien praktisch allgegenwärtig sind. So finden sich PFAS-Verbindungen zum Beispiel in Rotorblättern von Windrädern, Saiten von Gitarren und dem Inneren von Ölpipelines.

Sie werden in Solarkollektoren und Photovoltaikzellen, Bremsflüssigkeit, pharmazeutischen Verpackungen und in Fenstern von Gewächshäusern eingesetzt.

Auch in Munition werden PFAS-Verbindungen verwendet, um die Wahrscheinlichkeit unbeabsichtigter Explosionen zu verringern. Ebenso in Filtern zum Durchsieben von Wein.

Verbraucher*innen sind unnötigem Risiko ausgesetzt

Doch damit nicht genug. Besonders beunruhigend ist, dass PFAS-Substanzen in Dutzenden gängigen Alltags- und Sportprodukten enthalten sind: darunter Schmiermittel für Fahrräder, Beschichtungen für Tennisschläger, Skiwachs, Angelschnüre, einige Holzboote und Segelabdeckungen sowie Kletterseile.

Die Forscher*innen betonen allerdings, dass ihr derzeitiges Inventar der PFAS-Produkte eines "in Arbeit" ist. Sie erwarten, dass noch viele weitere Anwendungen der schädlichen Chemikalien hinzukommen.

Mantel des Schweigens

Das herauszufinden, ist jedoch ein schwieriges Unterfangen. Denn wo Unternehmen PFAS einsetzen, ist häufig ein streng gehütetes Geheimnis. So wollten die ETH-Wissenschaftler*innen beispielsweise von der US-Umweltschutzbehörde EPA wissen, in welchen Mengen einige PFAS in den USA hergestellt oder eingeführt werden.

Doch die Behörde verweigerte die Auskunft. Der Grund: Die Unternehmen hätten diese Information als "vertraulich" eingestuft.

Wo bleibt die Politik?

Die ETH-Arbeitsgruppe hofft, dass die menschen- und umweltschädlichen Verbindungen möglichst schnell durch andere Substanzen ersetzt werden. Denn wenn es längst PFAS-freie Fahrradschmierstoffe gibt, warum braucht es dann noch welche mit PFAS?

Die EU stellt bereits ähnliche Fragen. Die neue EU-Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit sieht vor, die Gruppe aller PFAS-Chemikalien zu regulieren und alle bisher wesentlichen Verwendungen der Chemikalien zu verbieten.

Auch in den USA hat der neue Präsident Joe Biden schnelles Handeln versprochen – die scheidende Trump-Regierung hatte zuvor vorgesehene Maßnahmen zur Begrenzung und Regulierung der PFAS ausgesetzt.

Auch bei den Vereinten Nationen gelten PFAS-Chemikalien bereits als besorgniserregendes Thema, als ein so genanntes "Issue of Concern". Eine Arbeitsgruppe sucht bereits nach Lösungen, um das PFAS-Problem weltweit in den Griff zu bekommen. Allerdings noch ohne Ergebnis.

Der BUND engagiert sich zusammen mit weiteren deutschen, europäischen und internationalen Umweltverbänden für ein wirksames neues Abkommen – dem "Strategischen Ansatz für ein Internationales Chemikalienmanagement" (SAICM). Im Juli dieses Jahres soll das neue SAICM-Abkommen in Bonn verabschiedet werden. Das Bundesumweltministerium leitet dazu die Verhandlungen.

Dazu fordert der BUND konkret:

  • Die EU muss die Vorschläge aus ihrer Chemikalienstrategie umsetzen, die Gruppe aller PFAS-Chemikalien schnellstmöglich regeln und deren wichtigsten Anwendungen verbieten.
  • Die Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen zu PFAS-Chemikalien muss so schnell wie möglich weltweite Herstellungs- und Anwendungsverbote für diese Gruppe empfehlen. Die Verbote müssen die Grundlage für ein weltweit abgestimmtes Vorgehen gegen diese schädlichen Chemikalien sein. Verbote bilden die Basis für einzelne Staaten, selber zu handeln.

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