Start der neuen Koalition – das erwartet uns

06. Mai 2025 | Atomkraft, Bundestagswahl, Energiewende, Chemie, Flüsse & Gewässer, Grünes Band, Klimawandel, Kohle, Landwirtschaft, Lebensräume, Massentierhaltung, Meere, Mobilität, Nachhaltigkeit, Naturschutz, Ressourcen & Technik, Suffizienz, Wälder, Umweltgifte

Deutschland hat mit Ach und Krach eine neue Regierung. Wie sieht es mit dem Schutz von Klima und Natur aus? Was hat die Koalition vor? Wir haben uns den Koalitionsvertrag genauer angeschaut und liefern einen Überblick.

Wir grün wird die kommende Regierung?  (diegograndi / via canva.com)

Klimaschutz wird geschwächt – Weichen falsch gestellt

Wir stellen leider fest, dass Klimaschutz im Koalitionsvertrag eine untergeordnete Rolle spielt. Es finden sich zudem zentrale Neuausrichtungen, die klar ein Rückschritt wären wie die Aufweichung der Klimaziele: das Ersetzen des bisherigen „Heizungsgesetzes“ und die mögliche Abschwächung der Gebäudeeffizienzstandards sowie die geplante breite Anwendung von CO2-Abscheidung und Endlagerung (CCS).

Die bisherigen Beschlüsse zum Sondervermögen und auch der Koalitionsvertrag selbst gewährleisten keine ausreichende Finanzierung für den Klimaschutz. Es hängt vieles von der Ausgestaltung des Klimatransformationsfonds ab. Konkret drohen Kürzungen von wichtigen Programmen bei Gebäuden und das Geld aus CO2-Preis-Einnahmen sollen den Haushalt statt das Klima retten.

Es gibt auch Lichtblicke, etwa in der Fortführung des Aktionsprogramms natürlicher Klimaschutz (ANK), das wir als zentrales Instrument gegen Artensterben und Klimawandel ausdrücklich unterstützen. Ebenso begrüßen wir die angekündigte Förderung des Grünen Bands – einem einzigartigen Projekt für den Biotopverbund und ein Symbol gelebter Wiedervereinigung.

Weniger Rechte für die Umwelt

Zwei wichtige Werkzeuge gegen Umweltzerstörung sollen beschnitten werden: das Verbandsklagerecht und das Recht auf Umweltinformationen. Besonders bemerkenswert ist, dass die Bundesregierung sich damit bewusst gegen das Europarecht und sogar das Völkerrecht stellt. Dass es die Formulierungen in den Koalitionsvertrag geschafft haben, obwohl sie gar nicht umsetzbar sind, ist sehr bedenklich.

Zumal es beim Artenschutz und der Ausgleichsregelung für Naturzerstörung tatsächlich Spielraum gibt, um das Umweltschutzniveau zu senken, den die Regierung offenbar nutzen möchte.

Verkehr: in alle Richtungen gleichzeitig abbiegen

Erwartungsgemäß rückt das Auto wieder mehr in den Fokus. Am autobahnfreundlichen Bundesverkehrswegeplan wird festgehalten, die Autobahn GmbH bekommt mehr finanziellen Spielraum und auch die Pendlerpauschale, die eher den Autoverkehr fördert, wird erhöht. Die Aufhebung der Luftverkehrssteuer fällt angesichts der Klimakrise völlig aus dem Rahmen.

Am Thema Schiene kommt die Koalition aber nicht vorbei. So soll die Finanzierung langfristig mit einem Infrastrukturfonds und einer Trassenpreis-Reform gesichert werden. Schön ist es, dass mit der Sicherung des Deutschlandtickets und des Deutschlandtaktes auch weiterhin der öffentliche Nahverkehr vom Bund aus gefördert wird.

Ein Bekenntnis, den Verkehr von der Straße und aus der Luft auf die Schiene zu verlegen, lässt der Koalitionsvertrag jedoch vermissen.

Wärmewende: Das will die Bundesregierung anders machen

Fast planlos scheint die Koalition beim Thema Wärme zusammenzukommen. Es wird ohne einen Alternativvorschlag angekündigt, dass Heizungsgesetz abzuschaffen. Das sorgt nur für weitere Unsicherheiten. Immerhin sollen Sanierungs- und Heizungsförderung weiterlaufen – und auch die Fernwärme wird weiter forciert.

Unverständlich ist, dass die künftige Bundesregierung Biomasse und „kleine“ Wasserkraft vorantreiben will. Diese Formen der Energiegewinnung sind potenziell schädlich für die Umwelt. Mit Wind und Sonne haben wir schon alternative Energiequellen, die den Praxistest bestanden haben.

Auch beim Gas droht eine Blase durch Überkapazitäten sowohl bei Kraftwerken, beim Netz als auch bei den Terminals. Das Gas- und Kohlekraftwerke auch zur Regulierung des Strompreises genutzt werden sollen, halten sogar einige Betreiber für nicht machbar. Die Förderung von Erdgas in Deutschland lehnt der BUND ab. Die Rechnung würden kommende Generationen zahlen, die mit mehr Klimaanpassungen zu kämpfen haben.

Leider fehlt beim Thema Wasserstoff ein tragbares Konzept, die Transformation grün und sozial auszugestalten. Es gibt einfach zu viele Hintertüren, die eine Schädigung von Natur und Klima ermöglichen. Zum Beispiel soll aus Gas erzeugter Wasserstoff, sogenannter „blauer“ Wasserstoff, zum Einsatz kommen.

Strahlende Zukunft? So geht’s mit der Atomkraft weiter

Gute Nachrichten: der Ausstieg vom Ausstieg aus der Atomkraft ist vom Tisch. Eine mögliche Wiederinbetriebnahme der verbleibenden Meiler und auch eine Förderung alternativer Technologien z.B. von kleinen, modularen Reaktoren ist nicht vorgesehen. Stattdessen setzt die Koalition auf die Kernfusion, obwohl die Technologie ähnliche Risiken birgt.

Landwirtschaft: Licht und Schatten

Positiv ist, dass die Förderung von Stallumbauten für mehr Tierwohl zugesagt wird. Auch eine „Eiweißpflanzenstrategie“, die Förderung von Ökolandbau und auch die Stärkung fairer Handelspraktiken hören sich gut an. Allerdings wird Landwirt*innen Diesel bald wieder vollständig rückerstattet, die Zulassung von Pestiziden eingekürzt und auch bei der Tierhaltung wird oft das Wort „praxistauglich“ verwendet. Eine wirklich transparente Tierhaltungskennzeichung ist wohl nicht in Sicht. 

Das fehlt im Koalitionsvertag

Wald

Konkrete Maßnahmen, wie eine Novellierung des Bundeswaldschutzgesetz oder ökologische Mindeststandards, die dem Waldsterben entgegentreten, fehlen. Es fallen nur Lippenbekenntnisse zur „nachhaltigen Waldbewirtschaftung“ und zur „Multifunktionalität des Waldes“.

Bodenschutz 

Schön ist, dass die kommende Bundesregierung weiterhin die Moorschutzstrategie verfolgt. Aber ansonsten herrscht hier gähnende Leere, um die Ernährungsgrundlage durch den Schutz von Böden langfristig zu sichern. Dass die Koalition sich gegen ein europaweites Bodenschutzgesetz ausspricht, ist fatal.

Ressourcenschutz

Es werden keine konkreten Maßnahmen zur Senkung des Ressourcenverbrauchs definiert. Die Bundesregierung will sich weiterhin aus der Rohstoffkrise rausrecyceln. Abfallvermeidung durch Produkte, die sowohl länger leben, miteinander geteilt als auch besser recycelt werden können, spielt weiterhin keine Rolle. So steuern wir in absehbarer Zeit auf die nächste Krise zu, die uns um die Rohstoffe der Erde kämpfen lässt.

Wasserschutz

Die Wasserrahmenrichtlinie“ (WRRL) und die Kommunalen Abwasserrichtlinie (KARL) der EU tauchen nicht auf, obwohl beide für Deutschland zum Pflichtprogramm gehören. Bei der WRRL droht sogar die Peinlichkeit von EU-Sanktionen, da die Richtlinie bis Ende 2027 umgesetzt werden muss und Deutschland sich auf keinem guten Pfad befinden. Der Schutz der Ressource Wasser ist trotz der Klimakrise überhaupt nicht im Fokus der kommenden Bundesregierung.

Atommüll

Schweigsam ist die neue Regierung beim Thema Atommüll, obwohl eigentlich die Zeit drängt, da die Zwischenlagerung erneut geprüft werden muss und die Endlagerfrage nicht geklärt ist.

Fazit

Der Koalitionsvertrag der zukünftigen Bundesregierung aus Union und SPD enthält einige positive Ansätze im Umweltbereich, bleibt aber in zentralen Fragen hinter den notwendigen Ambitionen zurück. Klimaschutz, Biodiversität und Ressourcenschutz werden nicht mit der gebotenen Priorität behandelt. In mehreren Bereichen besteht die Gefahr von Rückschritten oder es fehlen Umsetzungsambitionen.

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