Sicherheitsrisiko AKW abschalten

25. Mai 2018 | Atomkraft

In dem vom Kabinett beschlossenen Entwurf für ein neues Atomgesetz will die Bundesregierung die AKW-Betreiber entschädigen ohne den Atomausstieg zu beschleunigen. Bundestag und Bundesrat müssen jetzt dringend nachbessern, erklärt der Atomexperte des BUND, Thorben Becker. Eine neue Studie des Umweltverbandes zeigt zudem: Die sieben noch laufenden AKW sind ein ständiges Sicherheitsrisiko und sie verstopfen zunehmend die Stromleitungen für Erneuerbare Energien.

AKW Brokdorf, Foto: CC BY SA, Alois Staudacher / wikicommons Das AKW Brokdorf ist nicht sicher  (Alois Staudacher / wikicommons)

Bis zum 30. Juni 2018 muss die Bundes­regierung das Atomgesetz (AtG) überarbeiten, so schreibt es das Bundes­verfassungsgericht vor, damit der Atomausstieg gänzlich verfassungsgemäß wird. Das Bundes­ministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) hat am 8. Mai einen Entwurf für die Überarbeitung des Atom­gesetzes vorgelegt, der jetzt vom Bundeskabinett beschlossen wurde.

Der BUND kritisiert, dass die Novelle bisher nicht zum Anlass genommen wurde, den dringend gebotenen Atomausstieg in Deutschland zu beschleunigen. Bundestag und Bundesrat müssen jetzt im weiteren parlamentarischen Verfahren dringend auf Nachbesserungen drängen und die Überarbeitung des Atomgesetzes für den sofortigen Atomausstieg nutzen. Auf jeden Fall braucht es das gesetzliche Verbot weiterer Strommengenübertragungen, um den Ausstieg deutlich zu beschleunigen.

Der BUND hat zu dem vorgelegten Gesetzentwurf ausführlich Stellung genommen. Die vorge­schlagene Entschädigungsre­ge­lung lehnt der Umweltver­band ab. Es besteht die Gefahr, dass deutlich mehr Strommengen als vom Bundesverfassungsgericht gefordert entschädigt werden, ohne dass es dadurch zu einer Beschleunigung des Atomausstiegs und einer früheren Stilllegung von Atom­kraftwerken (AKW) kommt.

Warum der Atomausstieg dringend beschleunigt werden muss: AKW sind ein ständiges Sicherheitsrisiko

Tatsächlich ist in den sieben noch in Deutschland laufenden Atomkraftwerken jederzeit ein größerer Störfall oder Super-Gau möglich. Außerdem fehlt es an ausreichenden Katastrophenschutzplänen. Das zeigt die neue Studie "Atomkraft 2018 – sicher, sauber, alles im Griff?" des BUND, in der sich die Atomsicherheitsexpertin Oda Becker mit den Risiken der AKW auseinandersetzt.

Die Studie weist große Probleme nach: Die Schutzstandards für Hochwasser, Erdbeben und Terror­gefahren sind beispielsweise mehr als mangelhaft. Hinzu kommt eine gefährliche Häufung von Schäden in den Reaktorkernen. Im AKW Brokdorf seien beispielweise die Brennelemente verformt, so die Physikerin in ihrem Bericht, auch unzulässige Oxidationen an den Brennstäben des Reaktorkerns seien zu beobachten.

Trotz ungeklärter Ursache für die Probleme läuft das AKW Brokdorf weiter. Nicht genug, dringend nötige Nachrüstungen und Sicherheits­überprüfungen mit Blick auf die verbleibenden Restlaufzeiten werden von den Betreibern nicht mehr durchgeführt. Tatsächlich wird es in keinem der noch laufenden Atomkraftwerke in den nächsten fünf Jahren noch eine periodische Sicherheits­überprüfung geben.

Auch bei der Nachrüstung der Sicherheitstechnik sparen die AKW-Betreiber, nicht zuletzt wegen fehlenden Vorgaben der Atomaufsicht. Dies betrifft insbesondere Nachrüstungen zum Schutz vor Terrorangriffen und Flugzeugabstürzen. Weder die staatlichen noch die betreiberseitigen Schutz­maßnahmen sind ausreichend, um einen Flugzeugabsturz auf Atomkraftwerke zu verhindern. Schutzbauwerke wurden bisher nicht errichtet. Sollten die Aufsichtsbehörden die zum Schutz der Bevölkerung nötigen Nachrüstungen einfordern, ist davon auszugehen, dass die Betreiber ihre Anlagen aus wirtschaftlichen Gründen endgültig abschalten würden.

AKW produzieren immer noch mehr Atommüll

Die Suche nach einem Lager für den hochradioaktiven Atommüll hat in Deutschland gerade erst begonnen. Ob ein geeignetes Lager gefunden wird ist unsicher, es droht ein langer und mit Schwierigkeiten behafteter Suchprozess.

Vor diesem Hintergrund ist es unverantwortlich, dass nach wie vor hochradioaktiver Atommüll produziert wird: Laufen die AKW wie bisher gesetzlich geregelt weiter, kommen in den nächsten Jahren noch etwa 750 Tonnen hochradioaktiver Atommüll hinzu, der durch einen sofortigen Ausstieg aus der Atomenergie verhindert werden kann. Die Bundesregierung muss jetzt mit der Novellierung des Atomgesetzes die dafür notwendigen Schritte einleiten.

AKW verstopfen heute bereits die Stromleitungen für Erneuerbare Energien

Vor allem Atomkraftwerke in Norddeutschland stehen der Nutzung des schon heute verfügbaren Stroms aus Erneuerbaren Energien im Weg. Sie blockieren dort nicht nur den weiteren Ausbau von Wind- und Solaranlagen, sondern auch die Weiterleitung erneuerbar erzeugter Energie, insbesondere aus Windanlagen.

Während Letztere wegen angeblicher Netzengpässe immer wieder abgeregelt werden, laufen die AKW nahezu ungedrosselt weiter. Ihr Atomstrom verstopft regelmäßig die Leitungen, die für den Windstrom genutzt werden könnten. Selbst am Weihnachtswochenende 2017, als in Deutschland über längere Zeit ein Überangebot an Strom vorhanden war und negative Strompreise folgten, leisteten die Atomkraftwerke mindestens noch 5,5 Gigawatt.

Mehr Informationen

Informationen und Rückfragen bei:

Thorben Becker 
Leiter Atompolitik
Kaiserin-Augusta-Allee 5,
10553 Berlin  
Tel. (030) 2 75 86-421
thorben.becker(at)bund.net

Bitte beachten Sie: Aufgrund eines Wasserschadens in der Bundesgeschäftsstelle des BUND ist zur Zeit die Kontaktaufnahme nur mobil möglich. Sie erreichen Thorben Becker unter: 01 73 / 6 07 16 03.

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