Seltene Arten am Grünen Band: Waghalsiges Manöver im Ameisenbau

11. August 2021 | Grünes Band, Naturschutz, Lebensräume, Schmetterlinge

Der dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling verpuppt sich mitten im Ameisenbau und steigt letztlich daraus hervor. Wie gelingt ihm das?

Der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling Auf waghalsiger Mission im Ameisenbau: der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling  (Sebastian König)

Im Tierreich gibt es trickreiche Undercover-Agenten. Der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling ist einer davon. Noch als Raupe lässt er sich von roten Knotenameisen in deren Bau tragen. Dabei strömt er eine Art "Ameisenparfüm" aus, so dass die Knotenameisen ihn aufziehen und beherbergen wie die eigene Brut.

Doch statt als neue Ameise entpuppt sich diese "Brut" als Räuber. Im Ameisenbau vertilgt die Raupe bis zu 600 Ameisenlarven. Für die Ameisen bleibt lediglich ein zuckerhaltiges Sekret, das die Raupe für die überlebende Brut überlässt.

Im Bau verpuppt sich die Raupe schließlich auch. Entpuppt sich der Falter dann, ist er nicht mehr geschützt und muss schleunigst das Weite suchen. Denn sonst wird er von den Ameisen enttarnt und als Beute erkannt. Gelingt ihm die Flucht aus dem Bau, war die Undercovermission erfolgreich. 

Ein bedrohter Spezialist

Seinen Namen verdankt dieser Schmetterling seiner Färbung, seiner Spezialisierung auf die Pflanze Großer Wiesenknopf und seiner Wirtsameise. Der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling ist dort anzutreffen, wo der Große Wiesenknopf wächst. Also an den Rändern von Flachmooren und Gewässern, aber auch auf feuchten Wiesen. Denn die dunkelroten Blütenköpfchen des Großen Wiesenknopfes sind Nahrungsquelle, Schlafquartier, Balzplatz und Paarungsort für die Falter.

Der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling ist trotz – oder gerade wegen – seiner speziellen Fähigkeiten stark bedroht: Treffen die Wirtspflanze und die Wirtsameise nicht auf derselben Fläche aufeinander, hat er keine Chance.

Weil er sowohl von seiner Futterpflanze als auch einer bestimmten Ameise stark abhängig ist, ist er sehr anfällig für Lebensraumveränderungen. Verschwindet die Pflanze oder die Knotenameise, verschwindet auch der Falter. Deshalb unterstützt der BUND das Überleben des Falters. Wir erhalten und vernetzen die Lebensräume dieser repräsentativen Art.

Strukturvielfalt schafft Artenvielfalt 

Der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling stellt zwei Anforderungen an seinen Lebensraum: Zum einen benötigt der Schmetterling die Blüte des Großen Wiesenknopfes während seiner Flugzeit. Zum anderen müssen die roten Knotenameisen, ihre Nester in der Nähe der Futterpflanze anlegen können.

Hierfür ist eine kleinräumige Strukturvielfalt auf den Flächen wichtig, wie sie früher durch versetzte, wenig maschinisierte Mahd auch "reliefierter" Flächen üblich war. Die sind schwer zu finden.

Heute kommt der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling deshalb leider nur noch selten vor. Die Zerstörung der Lebensräume durch Entwässerung und intensivierte Nutzung, Mahd während der frühen Larvenstadien, aber auch die Aufgabe wechselfeuchter Wiesen stellen eine große Gefahr für ihn dar. Die Art ist auch in der FFH-Richtlinie gelistet und wird daher auf europäischer Ebene streng geschützt.

Was der BUND konkret unternimmt

Im Thüringer Schiefergebirge, direkt am Grünen Band, kommt der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling jedoch noch vor. Um seine Lebensräume zu erhalten, ist eine besondere Pflege der Standorte notwendig, welche vom BUND Thüringen im Rahmen des Projektes "Quervernetzung Grünes Band" umgesetzt wird.

Dabei erfolgt der erste Schnitt der extensiv genutzten Feucht- und Nasswiesen bereits früh im Mai/Juni und maximal ein zweites Mal ab Mitte September. Damit stellen wir sicher, dass der Große Wiesenknopf genau dann blüht, wenn der Falter fliegt.

Somit können die weiblichen Schmetterlinge ihre Eier an den Knospen des Blütenstandes ablegen. Sobald die Raupen geschlüpft sind, fressen sie die Blütenköpfe und lassen sich nach einiger Zeit auf den Boden fallen. Dort warten sie so lange, bis sie von Knotenameisen aufgesammelt werden. Und die Undercovermission beginnt von Neuem. 

Das Projekt "Quervernetzung Grünes Band" wird im Rahmen des Bundesprogramms für Biologische Vielfalt durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit gefördert.

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