Seltene Arten am Grünen Band: Da beißt der Molch keinen Faden ab

01. Juli 2022 | Lebensräume, Naturschutz, Grünes Band

Der Fadenmolch braucht Kleinstgewässer zum Überleben. Ob Teich, Tümpel oder sogar wassergefüllte Wagenspuren – er akzeptiert fast alles als Laichgewässer. Doch wo diese komplett trockenfallen oder verfüllt werden, schaut er ins Leere.

Der kleine Faden am Schwanzende verrät das Geschlecht dieses Fadenmolchs: Es ist ein Männchen. Das namensgebende Merkmal tritt allerdings nur während der Paarungszeit im Frühling auf – wenn die Fadenmolche ihren Lebensraum vorübergehend ins Wasser verlagern.  (stock.adobe.com / bennytrapp)

Der zierliche Fadenmolch (Lissotriton helveticus) wechselt je nach Saison seinen Lebensraum und sein Erscheinungsbild. Den größten Teil des Jahres lebt der bis zu neun Zentimeter große Schwanzlurch versteckt unter Steinen und Totholz auf dem Waldboden.

Von März bis Mai aber nimmt er seine sogenannte Wassertracht an: Er bekommt Schwimmhäute zwischen den Zehen der Hinterfüße und zieht ins Wasser um.

Als Teil des Frühlingsoutfits entwickelt das Männchen am Ende des Schwanzes einen kleinen Faden von einigen Millimetern Länge – daher rührt der Name der Art.

Wie sich der Fadenmolch fortpflanzt

Mit dem vorübergehenden Umzug ins nasse Element verfolgt er nur ein Ziel: Fortpflanzung. Weibchen und Männchen paaren sich unter Wasser, und das Weibchen legt an den Wasserpflanzen bis zu 450 einzelne Eier ab. Daraus schlüpfen die Larven; sie haben an ihrem Kopf noch Kiemenbüschel, um Sauerstoff aus dem Wasser aufzunehmen. Erst nach vollendeter Metamorphose verlassen sie gegen August als fertige Molche das kühle Nass. Ihre Eltern sind dann schon längst wieder an Land umgezogen und haben ihre Landtracht angenommen – Schwimmhäute sind überflüssig.

Der Wanderlust frönen die Fadenmolche nicht: Im Laufe ihres gesamten Lebens verbleiben sie in einem Umkreis von wenigen hundert Metern um ihre Laichgewässer. Den Winter verbringen sie im Winterschlaf und im nächsten Frühling gehen sie erneut auf Suche nach einem geeigneten Frühlingsdomizil.

Ohne Wasser geht es nicht

Was die Größe der Laichgewässer angeht, ist der Fadenmolch nicht wählerisch: Teiche, Tümpel, Gräben, Torfstiche oder sogar die wassergefüllten Rinnen von Wagenspuren auf Waldwegen – alles gut genug für den Nachwuchs. Allerdings muss das Wasser klar und sauber sein. Weiher mit viel Faulschlamm lässt der Fadenmolch links liegen. Auch meidet der kleine Kerl Gewässer mit Fischen. Verständlicherweise: Die haben Molcheier und ‑larven zum Fressen gern.

Problematisch wird es, wenn er in seiner näheren Umgebung keine geeigneten Kleingewässer mehr finden kann. Waldwege werden zunehmend befestigt oder gar asphaltiert, Wagenspuren und Wegegräben verfüllt – damit verschwinden seine Laichdomizile. Dasselbe passiert, wenn Tümpel und Teiche trockengelegt werden oder aufgrund des Klimawandels trockenfallen. Der Fadenmolch sitzt dann buchstäblich auf dem Trockenen. Düngemittel und Pestizide auf waldnahen landwirtschaftlichen Flächen können zudem die Gewässer beeinträchtigen und fürs Ablaichen untauglich machen. Ein Problem ist auch, wenn in Teichen und kleinen Seen vermehrt Fische ausgesetzt werden.

Seit Jahrzehnten nimmt der Bestand des Fadenmolchs in Deutschland ab. Wie es genau um die Art steht, ist allerdings oft gar nicht bekannt. Obwohl bereits im Jahr 1789 erstmals beschrieben, ist der Fadenmolch eine der am schlechtesten erforschten heimischen Amphibienarten. Es fehlen grundlegende ökologische Daten, etwa zu Populationsgrößen.

Überraschender Fund am Grünen Band

Der Fadenmolch kommt vor allem im Westen Deutschlands vor, in Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und dem Saarland. Aber auch weiter östlich gibt es Bestände, etwa in Sachsen, im Frankenwald oder in der Rhön.

Erfreut waren Naturschützer*innen, als sie die Art vor einiger Zeit auch im Thüringer Schiefergebirge am Grünen Band entdeckten. Im Rodachgrund, einem kleinen Tal im Einzugsgebiet der Saale, arbeitet ein Team des BUND an der Instandsetzung von Bergwiesen und Borstgrasrasen. Unter anderem war im Rahmen des Projekts "Quervernetzung Grünes Band" die Renaturierung eines Teiches geplant. In eben diesem Teich stießen die Beteiligten auf den Fadenmolch.

Wie der BUND sich für seltene Arten einsetzt

Nicht weit weg, auf bayerischer Seite der ehemaligen innerdeutschen Landesgrenze, läuft ein Projekt der Ökologischen Bildungsstätte Oberfranken und des BUND Bayern: Es will das Vorkommen des Fadenmolchs im Frankenwald genauer unter die Lupe nehmen. Ziel ist es, herauszufinden, welche Gewässer der Fadenmolch als Laichorte bevorzugt und wie sich solche besser schützen lassen. Die enge Zusammenarbeit zwischen Naturschützer*innen beidseits der ehemaligen innerdeutschen Grenze im Rahmen des Projektes "Quervernetzung Grünes Band" wird nun auch auf gemeinsame Maßnahmen zum Schutz des Fadenmolchs ausgedehnt.

Um mehr geeignete Kleingewässer zu schaffen, hilft beispielsweise sogar ganz einfaches Graben von Mulden neben befestigten Waldwegen, um fehlende Wagenspuren wieder wettzumachen. In Oberfranken und in Thüringen arbeiten Naturschützer*innen im Auftrag des BUND zudem daran, Teiche zu entschlammen und zu entkrauten, um sie für die Art attraktiver zu gestalten. Weniger Nährstoffe bedeutet klareres Wasser – das gefällt dem Fadenmolch. Denn auch wenn er nur relativ kurze Zeit des Jahres im Wasser verbringt, kann die Art ohne diese Abstecher nicht überleben. Ohne Wasser geht es einfach nicht.

Das Projekt "Quervernetzung Grünes Band" wird im Rahmen des Bundesprogramms Biologische Vielfalt durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz gefördert.

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