Seltene Arten am Grünen Band: Bergwiesenbewohnerin mit Geschmack

06. Mai 2022 | Lebensräume, Naturschutz, Grünes Band

Die Bärwurz speichert viele Aromastoffe – gut für die Spirituosenbrennerei und die Kräuterküche. Doch die Pflanze wächst nur auf nährstoffarmen Magerwiesen, und die werden immer seltener.

Die Bärwurz blüht weiß und ist eine typische Pflanze nährstoffarmer Bergwiesen. Im Gegensatz zum Rest Deutschlands gibt es am Grünen Band noch relativ viele dieser Biotope.  (ChrWeiss/stock.adobe.com)

Wer über eine Bärwurzwiese streift, kann das Aroma bereits riechen: Die Bärwurz (Meum athamanticum) enthält viele ätherische Öle und wurde früher als Heilpflanze genutzt, um die Verdauung zu fördern. Aufgrund ihres kräftigen Geschmacks ist sie zudem als Küchenkraut beliebt und bereichert zum Beispiel das Kräuterquarkbrot.

Auch die unterirdischen Pflanzenteile haben es in sich. Aus ihnen wird im Bayerischen Wald und im Vogtland ein klarer hochprozentiger Schnaps gebrannt: der Bärwurz – im Gegensatz zur Pflanze mit männlichem Artikel. Dafür wird die Wurzel zerkleinert und in Alkohol eingelegt. Der Extrakt wird erhitzt und dann destilliert.

Für die Herstellung dieser Spirituosen kommt anstelle der Bärwurz auch die Alpen-Mutterwurz (Mutellina adonidifolia) in Frage, eine sehr ähnliche Art mit ebenfalls intensivem Aroma.

Unrentabel? Die Bärwurz braucht Magerrasen

Von Mai bis August bildet die Bärwurz weiße Blüten aus. Überleben kann sie allerdings nur auf Magerrasen, also extensiv genutztem Grünland an nährstoffarmen Standorten. Solche Biotope sind Rückzugsgebiete vieler gefährdeter Arten und inzwischen in ihrem Bestand gedroht.

Nur eine sanfte Nutzung, extensives Mähen oder eine Beweidung mit Schafen und Ziegen können diese Gebiete erhalten. Lässt man sie zuwachsen oder düngt man sie, um dort intensiv Landwirtschaft zu betreiben, stirbt das einzigartige Biotop und mit ihr die Pflanzen, die dort wachsen − so auch die Bärwurz. Unter den heutigen Bedingungen der Landwirtschaft ist die Bewirtschaftung von Magerrasen aber wenig rentabel. Hier steuern zum Beispiel Agrarumweltprogramme, Initiativen und Projekte gegen.

Aufgrund von Lebensraumverlust ist die Bärwurz dennoch extrem selten geworden. Sie steht unter Naturschutz und darf nur mit spezieller Erlaubnis in freier Natur gesammelt werden; für die Schnapsbrennerei wird sie gewerblich angebaut.

Mit der Sense für die Bärwurz

Im Thüringer Schiefergebirge und im nahegelegenen Frankenwald gibt es noch Bergwiesen, auf denen die Bärwurz und andere bedrohte Magerrasenpflanzen prima gedeihen können. Auf manchen Flächen wird sogar die Sense geschwungen.

Dort sind im Rahmen von Workcamps regelmäßig Freiwillige aus ganz Deutschland eingeladen, bei dem Mähen von Bergwiesen mit anzupacken. Sie lernen, wie man mit der Handsense umgeht und so Magerwiesen pflegt. Denn genauso gut wie eine Beweidung mit Schafen und Ziegen ist regelmäßiges Mähen, um Nährstoffe auszutragen sowie konkurrenzstärkere Gräser zurückzudrängen. So schafft man die Bedingungen, die bedrohte Pflanzen wie die Bärwurz dringend brauchen.

Die Workcamps finden im Rahmen des im Bundesprogramm Biologische Vielfalt geförderten Projekts "Quervernetzung Grünes Band" statt. In diesem schafft der BUND ausgehend vom Grünen Band ökologische Korridore in die umgebende Landschaft.

Attraktiv auch für Schmetterlinge

Im Inneren Bayerischen Wald – einer anderen Quervernetzungsregion –  gedeiht stattdessen erneut die Alpen-Mutterwurz, auch eine Magerrasenart. Dort war eine Fläche mit Jungfichten so zugewachsen, dass kaum noch offene Flächen bestanden, welche genug Licht und Sonne für das Gedeihen dieser Art boten.

Naturschützer*innen vom BUND Bayern stießen dort auf letzte Reste der Alpen-Mutterwurz, die das Blühen komplett eingestellt hatte – zu viel Schatten. Nachdem die Fichten größtenteils entfernt und der Magerrasen wiederhergestellt waren, machte sich die Mutterwurz gleich im darauffolgenden Frühjahr wieder fleißig ans Blühen und Vermehren.

Auch viele andere Magerrasenarten wie Arnika und Breitblättriges Knabenkraut wissen die Bärwurzwiesen am Grünen Band zu schätzen. Und natürlich auch die Insekten: In der Alpen-Mutterwurzwiese im Inneren Bayerischen Wald etwa kommt auch der dunkle Wiesenknopf-Ameisen-Bläuling vor, eine gefährdete Schmetterlingsart.

Das Projekt "Quervernetzung Grünes Band" wird im Rahmen des Bundesprogramms Biologische Vielfalt durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz gefördert.

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