Vermeintlich gute Nachrichten für die felsigen Riffe vor Borkum. Ab sofort ist die Grundschleppnetzfischerei hier komplett verboten. Endlich! Doch tatsächlich wird in diesem Gebiet kaum mit Grundschleppnetzen gefischt. In den letzten sechs Jahren nur 98 Stunden pro Jahr. Das entspricht gerade mal 0,1 Prozent des Fischereiaufwandes mit Grundschleppnetzen in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone. Stellnetze können weiter ohne Einschränkungen genutzt werden. Dabei verheddern sich in diesen Netzen häufig Schweinswale, die dann ertrinken. Der Borkum Riffgrund ist gerade im Frühling ein wichtiger Rückzugsraum für die Schweinswal-Mütter und ihre Kälber.
Außenriff vor Sylt ist Flicken-Teppich aus Schutzmaßnahmen
Auch im Sylter Außenriff ist die Grundschleppnetzfischerei ab 8. März 2023 verboten. Das gilt jedoch nicht für das gesamte Schutzgebiet, sondern nur für 79 Prozent. Eine Ausnahme gilt für die Krabbenfischerei. Sie darf auf circa 800 km2 der geschlossenen Fläche, das sind 15 Prozent der Gesamtfläche, weiter fischen. Das bedeutet, dass das Verbot für die am meisten befischten Flächen nicht gilt. So wird sich durch die neuen Maßnahmen die Fischerei mit Grundschleppnetzen im Schutzgebiet Sylter Außenriff nur um etwa 30 Prozent reduzieren (im Vergleich zum Mittelwert von 2017-2022).
Schweinswale und Seevögel werden besser geschützt
Im Sylter Außenriff gilt im Vogelschutzgebiet künftig ein ganzjähriges Verbot für Stellnetze. Das schützt die Seevögel vor dem Tod in den Netzen. Auch Schweinswale werden zur Zeit ihrer Fortpflanzung und Geburten geschützt. Auf der verbleibenden Fläche des Sylter Außenriffs dürfen von März bis Oktober keine Netze mehr gestellt werden. Auch die erste Fischerei-freie Zone Deutschlands liegt künftig im Sylter Außenriff. Mit knapp 50 km2 macht das Gebiet allerdings nur ein Prozent des Sylter Außenriffs aus.
Doggerbank weiter ungeschützt
Über 25.000 km2 erstreckt sich die riesige Sandbank Doggerbank über dänische, deutsche, niederländische und britische Gewässer. Das Gebiet ist ein einzigartiger Lebensraum für viele Tiere. Für dieses Gebiet gelten keine neuen Regeln für Grundschleppnetze, da der Prozess durch den Brexit weiter verzögert wurde.
Trotz der vorhandenen Kompromisse und Schwachstellen sind die neuen Maßnahmen ein erster wichtiger Schritt für eine Meereswende, um die besonderen Lebensräume und die Artenvielfalt in unseren Meeren effektiv zu schützen.