Partyartikel voller verbotener Schadstoffe: BUND-Test findet Schadstoffe in Produkten von Shein, Temu und AliExpress

11. Dezember 2024 | Chemie, Ressourcen & Technik, Nachhaltigkeit, Suffizienz

Getestet wurden unter anderem Luftballons, Lichterketten, Tischdecken und Pappbecher. Über die Hälfte der Produkte überschreiten gesetzliche Grenzwerte für krebserregende und hormonell wirksame Chemikalien.

Luftballons und Lichterkette Der BUND-Partyartikel-Test hat Schadstoffe in Luftballons, Lichterketten und anderen Partyartikeln gefunden.  (Bild: 3dmania/seramo via canva.com)

Dabei wurden Phthalat-Weichmacher, Chlorparaffine, die Ewigkeitschemikalien PFAS und Nitrosamine entdeckt. 

Inhaltsstoffe sind krebserregend und fortpflanzungsschädigend

Die Phthalat-Weichmacher, die in den Partyartikeln gefunden wurden, sind in der EU als fortpflanzungsschädigend eingestuft. Die entdeckten Chlorparaffine sind krebserregend, schädlich für die Fortpflanzung und giftig für Wasserorganismen. Die gefunden kurzkettigen Chlorparrafine sind schwer abbaubar und toxisch für Wasserorganismen. Die nachgewiesenen Nitrosamine sind krebserregend. Die Ewigkeitschemikalien PFAS (per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen) können Leberschäden, Schilddrüsenerkrankungen und Diabetes auslösen und sind kaum mehr aus der Umwelt zu entfernen.

Diese Produkte überschreiten Grenzwerte

  • Lichterketten: Eine der beiden getesteten Lichterketten überschreitet die Grenzwerte für Phthalat-Weichmacher um das 70-fache; den Grenzwert für die schwer abbaubaren kurzkettigen Chlorparaffine sogar um das 150-fache (Lichterkette „Fairy Lights“ von Temu)
     
  • Luftballons: Wir haben drei Luftballons von Temu und Shein auf krebserregende Nitrosamine und krebserregende nitrosierbare Stoffe getestet. In allen Proben wurden Konzentrationen über den gesetzlich erlaubten Mengen gemessen. Eine Luftballon-Probe überschreitet den gesetzlichen Grenzwert für Nitrosamine sogar um das 22-fache (Luftballons Gold von Temu).
     
  • Pappbecher: Wir haben vier Pappbecher auf die Ewigkeitschemikalien PFAS getestet. In allen vier Proben wurden PFAS nachgewiesen.
     
  • Papier-Tischdecken: Nur eine von vier getesteten Papier-Tischdecken überschreitet den Grenzwert, das jedoch massiv: Der Grenzwert für den hormonell schädlichen Phthalat-Weichmacher DEHP wird um das 69-fache überschritten (Tischdecke silber von Temu).
     
  • Partylicht-Projektor: Wir haben einen Partylicht-Projektor auf Phthalate und Chlorparrafine getestet. Dabei wurden die Phthalat-Grenzwerte und die Grenzwerte für kurzkettige Chlorparaffine überschritten (Shein).

Alle Testergebnisse im Detail können Sie hier in unserem ToxFox-Partyartikel-Test nachlesen.

So haben die Onlinehandel-Plattformen reagiert

Wir haben die Online-Plattformen AliExpress, Shein und Temu mit den Test-Ergebnissen konfrontiert. Shein hat die beiden betroffenen Produkte (Partylichtprojektor und Luftballons silber) aus dem Verkauf genommen. Eine Unternehmenssprecherin hat uns zudem zugesagt, weitere Produkte dieser Hersteller vorerst aus dem Verkauf zu nehmen und sie auf Schadstoffe zu testen. Die Online-Plattform Temu hat angekündigt, den Fall zu prüfen. Von AliExpress haben wir bisher keine Rückmeldung erhalten. 

Masse an Online-Produkten macht Kontrollen unmöglich

Insgesamt haben wir stichprobenartig 15 Party-Artikel getestet. Auch bei anderen Tests, beispielsweise der Europäischen Chemikalienagentur oder des Europäischen Verbraucherverbandes werden immer wieder illegale Schadstoffe in Produkten aus dem Online-Handel nachgewiesen. Das Problem: Die schiere Anzahl der Online-Produkte macht lückenlose Kontrollen unmöglich. Alleine in Deutschland hat der Online-Handel im Jahr 2023 einen Umsatz von rund 85 Milliarden Euro gemacht. Die Sanktionen, die Händlern bei Verstößen drohen, sind gering.

Strengere Regulierung

Weil sich der Online-Handel so kaum kontrollieren lässt, brauchen wir dringend ein schnelles Verbot von Schadstoffen in Produkten und höhere Sanktionen, die dann tatsächlich auch verhängt werden.   

Gesetz über digitale Dienste soll für mehr Schutz sorgen

Das neue Gesetz über digitale Dienste (Digital Services Act) soll für mehr Verbraucher*innenschutz und fairen Wettbewerb sorgen. So sind große Online-Marktplätze wie Shein, Temu oder AliExpress seit August 2023 verpflichtet, Angaben zur Identität von Unternehmen zu machen und Verbraucher*innen aktiv zu informieren, wenn über ihre Plattform rechtswidrige Produkte vertrieben werden. Bei Verstößen drohen hohe Geldbußen von bis zu sechs Prozent des weltweiten Jahresumsatzes. In welchem Maße solche Plattformen zur Verantwortung gezogen werden können, muss jedoch noch juristisch geklärt werden. Seit Oktober 2024 läuft ein Verfahren der EU-Kommission gegen den chinesischen Billighändler Temu. Ein Vorwurf: Gefälschte und gefährliche Produkte sowie unseriöse Händler sind auf den Plattformen zu finden, obwohl sie gesperrt wurden.

So können Sie belastete Produkte vermeiden

  • Vermeiden Sie Plastik, insbesondere PVC-Produkte. Die können Sie meist gut an dem Recylingsymbol erkennen (ein Dreieck mit der Zahl drei in der Mitte). Auch ein Hinweis auf Vinyl heißt, dass PVC enthalten ist.
     
  • Vermeiden Sie vor allem Produkte aus Weich-PVC, erkennbar am starken „chemischen“ Geruch.
     
  • Meiden Sie beim Online-Kauf Artikel unbekannter Herkunft und ohne Angaben zu Materialien und Inhaltsstoffen.
     
  • Kaufen Sie, wenn möglich, plastikfreie Produkte.
     
  • In der EU haben Sie ein Auskunftsrecht zu Chemikalien in Produkten, die als besonders besorgniserregend eingestuft wurden. Durch einen Produkt-Scan mit der ToxFox-App des BUND können Sie es ganz leicht einfordern. Die ToxFox-App versendet in Ihrem Namen eine Anfrage an den Hersteller oder Händler. Firmen sind gesetzlich zur Auskunft verpflichtet, wenn ein Produkt Schadstoffe enthält. Und mit jeder Anfrage merken Firmen: Wir wollen Produkte ohne Gift!

Auch beliebte Snacks sind mit gefährlichen Pestiziden belastet

Kurz vor Silvester hat der BUND nicht nur Partyartikel, sondern auch Party-Snacks getestet. Dafür wurden Kartoffelchips, Linsenchips, Erdnussflips, Salzstangen, Pistazien und Studentenfutter auf Pestizidrückstände getestet. Die Produkte wurden in Supermärkten gekauft. In der Hälfte der Produkte haben wir Spuren von Pestiziden gefunden. Betroffen sind Linsenchips (Funny frisch), Kartoffelchips (Kartoffelchips gesalzen von Lay’s) und Studentenfutter (Studentenfutter mit Rosinen von Ültje).

Pestizidrückstände unterhalb der Grenzwerte

Alle Pestizidrückstände waren unterhalb der gesetzlichen Grenzwerte.  Doch es waren hoch gefährliche Wirkstoffe dabei, die als Hormongifte wirken, sich in der Umwelt schlecht abbauen oder hoch giftig für Vögel sind. Akute Gesundheitsgefahren für Verbraucher*innen sind nicht zu befürchten. Dennoch ist der Einsatz von Pestiziden problematisch: Die Gifte gelangen in die Umwelt, schädigen Tiere und Pflanzen und verunreinigen Böden, Luft und Wasser. Im Ökolandbau werden keine chemisch-synthetischen Pestizide eingesetzt. Bio-Produkte sind am staatlichen und EU-Siegel und an den Siegeln der Anbauverbände wie Bioland, Naturland und demeter gut zu erkennen.

Giftfreies Silvester

Wenn Sie ein giftfreies Silvester feiern möchten, sollten Sie auf Partyartikel ohne Plastik setzen und bei den Zutaten für Ihren Festschmaus am besten auf Bio-Produkte setzen. Böller und Feuerwerk belasten die Luft mit Feinstaub, verursachen jede Menge Müll und sind purer Stress für Tiere. Selbstgebastelte Knallbonbons oder Laternen sind umweltfreundliche Alternativen.

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Für einen Alltag ohne Gift

Viele Alltagsprodukte enthalten gesundheits- und umweltschädliche Substanzen, wie unsere Labortests immer wieder zeigen. Tag für Tag kommen wir mit ihnen in Kontakt. Mit Chemikalien, deren Folgen für unseren Körper und die Umwelt z.T. noch gar nicht genau erforscht sind. Damit muss Schluss sein! Wir setzen uns für einen Alltag ohne Gift und für einen nachhaltigen Umbau der Chemieindustrie ein. Mit Ihrer Spende unterstützen Sie uns dabei. Vielen Dank.

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