Oberwasser – Gedanken zur Klimakrise und "Fridays for Future"

29. März 2019 | Klimawandel, Kohle, Energiewende, BUND, Mobilität, Nachhaltigkeit

Haben die für den Klimaschutz streikenden Kinder die Oberhand gewonnen? Führt ihr Streik dazu, dass wir den Klimawandel als Krise ernst nehmen und die Zerstörung unseres Planeten beenden? Gedanken von BUND-Klimaexpertin Ann-Kathrin Schneider.

"Fridays for future"-Demonstration am 15.3.2019 in Berlin "Fridays for future"-Demonstration am 15.3.2019 in Berlin  (BUNDjugend Berlin)

Zu Beginn der Schulstreiks gab es viel Kritik an den "Schulschwänzer*innen". Doch mittlerweile hat sich die öffentliche Meinung gedreht. Die Unterstützung für die Kinder, die freitags demonstrieren anstatt zur Schule zu gehen, ist mittlerweile größer als die Kritik an ihnen.

Mehr als eine Million Kinder sind Mitte März für mehr Klimaschutz auf die Straße gegangen. Seitdem gibt es ein Klimakabinett in Deutschland, der UN-Generalsekretär lädt zu einem Klimagipfel und für die Zukunft ("for future") engagieren sich mittlerweile nicht nur unsere Kinder, sondern auch Künstler*innen, Eltern, Politiker*innen und mehr als 20.000 Wissenschaftler*innen. Luisa Neubauer, das prominenteste Gesicht der streikenden Schüler*innen in Deutschland, sitzt zur besten Sendezeit mit Autobossen und der Umweltministerin in einer Talkshow. Greta Thunberg, die die Bewegung begonnen hat, ist für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen worden.

Die Klimabewegung: mehr als ein Generationenkonflikt

Die scheinbare Macht und der Einfluss unserer Kinder erstaunt uns. Es sei ein Generationenkonflikt heißt es, die 16-Jährigen stellen sich gegen die 53-Jährigen. "Ihr habt eine Verantwortung für unsere Zukunft und nehmt sie nicht wahr", schleudern sie uns auf der Straße entgegen.

Am gleichen Tag, dem 15. März, als auf der ganzen Welt 1,5 Millionen Kinder ihre Eltern ermahnten, Angst zu haben und was gegen die Klimakrise zu tun, passierte es: Ein Tropensturm mit einer Windgeschwindigkeit von mehr als 170 Stundenkilometern fegte über Malawie, Simbabwe und Mozambik. In wenigen Tagen fiel so viel Regen wie sonst im ganzen Jahr. In Beira, einer Hafenstadt mit einer halben Million Einwohner*innen, ist keine Kirche, kein Supermarkt, kein Strommast und keine Satellitenschüssel verschont geblieben.

Tropenstürme gab es in Afrika schon immer. Doch sie sind heute, bei höheren Wasser- und Lufttemperaturen stärker und tödlicher als früher. Auch jetzt, Wochen nach dem Auftreffen des Zyklons an Land, ist die Katastrophe noch lange nicht vorbei: Wasser, wohin man nur schaut! Der Starkregen hat eine Fläche von der Größe Berlins überschwemmt.

Die Vereinten Nationen befürchten den Ausbruch von Cholera und haben um 300 Millionen Dollar für die Unterstützung der Betroffenen für die nächsten drei Monate gebeten. Das Geld ist erstmal nur für das Nötigste, fürs unmittelbare Überleben gedacht: für Trinkwasser, medizinische Versorgung, Notunterkünfte und Essen. An einen Wiederaufbau ist heute noch gar nicht zu denken!

Es ist völlig unklar, wann das Wasser abfließen wird und wo die Menschen dann wohnen sollen. Zurück an die Küste, die mit steigenden Temperaturen sehr wahrscheinlich bald wieder von einem Tropensturm heimgesucht werden wird?

Die Klimakrise nimmt Kindern längst ihre Zukunft

Für die Bewohner*innen von Beira ist die Klimakrise kein Generationenkonflikt. Sie ist ein Todesurteil. Unsere Kinder, die jeden Freitag dem Unterricht fernbleiben, wissen, dass wir keine Zeit mehr haben. Für mehr als 700 Menschen in Mozambik ist es jetzt bereits zu spät.

Doch wir, wir Eltern, Lehrer*innen und Journalist*innen, wir bebildern den Klimawandel noch immer mit Fotos von Eisbären, bezeichnen dreckige, schnelle Autos als "schöne Dinge", die wir gern kaufen möchten und faseln über Zukunftsängste der Jugend.

Und die Politik? Seit dem globalen Klimastreik Mitte März hat die Bundesregierung in mindestens drei Fällen konkreten Klimaschutz boykottiert bzw. dreckige Energiequellen gefördert:  Sie hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, der den Import von Fracking-Gas aus den USA erleichtern würde, sie hat das Tempolimit auf Autobahnen abgelehnt – und sie hat dafür gesorgt, dass die EU sich nicht auf ambitionierten Klimaschutz einigt.

Drei Millionen Menschen haben durch den Tropensturm Idai alles verloren – die Hälfte davon sind Kinder. Genauso viele, wie am Tag der Katastrophe, dem 15. März 2019, gegen die Klimakrise in Sydney, Zürich, Göttingen, Florenz und Brüssel auf die Straße gegangen sind.

Lassen Sie uns nicht den Fehler machen, auch diesen, unseren Kindern, die Zukunft zu stehlen. Setzen Sie sich mit uns für ein Ende der Zerstörung und den Kohleausstieg in Deutschland ein!

Für einen schnellen Kohleausstieg: Hier unterzeichnen!

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