Neue Rote Liste: Über ein Viertel der Insektenarten gefährdet

16. März 2022 | Schmetterlinge, Naturschutz

Der Insektenschwund ist alarmierend. Ein neuer Band der Roten Liste belegt das wieder mit Zahlen. Mehr als ein Viertel von knapp 6750 neu bewerteten Insektenarten sind gefährdet. Darunter sind Libellen, Eintagsfliegen und viele Käferarten.

"Libelle des Jahres 2018"  (Michael Post / GdO)

In Deutschland sind laut Bundesamt für Naturschutz (BfN) mehr als ein Viertel von knapp 6750 neu bewerteten Insektenarten in ihrem Bestand gefährdet. Insgesamt gehe es um 26,2 Prozent der Spezies, die für den dritten und letzten Band der Roten Liste für wirbellose Tiere untersucht wurden, teilte das BfN am Mittwoch in Bonn mit.

Der BUND warnt bereits seit Jahren vor einem massiven Insektensterben. Denn das Schwirren, Summen und Brummen aus Büschen, Bäumen und Wiesen verschwindet immer mehr. Schuld daran ist der Mensch. Ob Agrargifte, Bodenversiegelung, Verarmung der Landschaft – die Gründe für das Insektensterben sind vielfältig. Gleichzeitig rückt das Thema in der Öffentlichkeit immer mehr in den Hintergrund. Dabei brauchen Natur- und Artenschutz zu jeder Zeit eine starke Stimme und entschlossenes Handeln! Wir als BUND packen an. Dabei können Sie uns unterstützen.

Immer mehr Käfer-Arten betroffen

Unter den nun bewerteten Arten haben Käfer mit mehr als 5600 Arten den größten Anteil. Das BfN erklärte, bei einigen wenigen Insektenarten hätten die Bestände zugenommen. Die Rückgänge vieler Arten überwögen aber deutlich. Vor allem bei gewässergebundenen Arten bleibe der Anteil der gefährdeten hoch.

"Die neue Rote Liste bestätigt den negativen Trend, der sich in den ersten beiden Bänden gezeigt hat", erklärte BfN-Präsidentin Sabine Riewenherm. In den drei Bänden wurden insgesamt mehr als 15 000 wirbellose Arten, darunter 14 000 Insektenarten, untersucht. Davon seien über 4600 Arten in ihrem Bestand gefährdet. "Das heißt: 29,6 Prozent wurden in die Kategorien "Vom Aussterben bedroht", "Stark gefährdet", "Gefährdet" oder "Gefährdung unbekannten Ausmaßes" eingestuft", sagte die Chefin des Bundesamts.

Dringender Handlungsbedarf bei aquatischen Insekten

Laut BfN ist in dem neuen Band der Anteil bestandsgefährdeter Arten besonders hoch bei Steinfliegen (46,4 Prozent) und Eintagsfliegen (40,5 Prozent). Arten dieser Gruppen bevorzugten naturnahe Gewässer und Uferbereiche. Trotz der verbesserten Wasserqualität in den letzten 25 Jahren hätten sich viele Bestände noch nicht vollständig erholen können. "Der hohe Anteil bestandsgefährdeter Arten unter den aquatischen Insekten zeigt dringenden Handlungsbedarf", meinte die BfN-Präsidentin. Libellen, Steinfliegen und Eintagsfliegen müssten in ihren Lebensräumen besser geschützt werden.

Zu den Käfergruppen mit besonders vielen bestandsgefährdeten Arten gehörten Blattkäfer, Rüsselkäfer sowie Blatthornkäfer, zu denen auch Hirschkäfer zählen. Viele Käferarten sind an bestimmte Biotope gebunden. Für den Rückgang werden vor allem Nutzungsänderungen und der Verlust von Lebensräumen verantwortlich gemacht.

Rossmistkäfer auf dem Rückzug

Deutliche Bestandseinbrüche gebe es beispielsweise beim Rossmistkäfer Geotrupes stercorarius. Er gehörte früher zu den häufigsten großen Mistkäfer-Arten in Deutschland. Der Käfer sei mittlerweile in Deutschland stark gefährdet, der sehr starke Rückgang der Art sei bislang nicht erklärbar, so das BfN. Der Rückgang bei der seltenen Weichwanzenart Phytocoris hirsutulus sei vorwiegend auf die Überalterung und den Verlust von Streuobstwiesen zurückzuführen.

Rote Listen beschreiben die Gefährdung der verschiedenen Tier-, Pflanzen- und Pilzarten und sind damit eine Art Inventur der Artenvielfalt. Sie werden etwa alle zehn Jahre vom BfN herausgegeben. Am neuen Band wirkten 130 ehrenamtliche Fachleute mit. Eine Auswertung aller seit 2009 erschienenen Roten Listen soll folgen.

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