Mehr Lebensqualität!

28. Februar 2018 | Mobilität, Nachhaltigkeit, Suffizienz, Massentierhaltung, Ressourcen & Technik

An guten Tipps und kreativen Ideen fehlt es nicht. Was liegt also näher, als sich vom Zwang zum "Immer mehr" und "Haben statt Sein" durch eigenes Handeln zu befreien – so gut es eben geht? Doch damit wir besser (= suffizienter) leben können, ist vor allem die Politik gefordert.

Hier ist die Zukunft: dreistöckiges Parkhaus für Fahrräder in Amsterdam. Foto: BiljaST / pixabay.com Hier ist die Zukunft: dreistöckiges Parkhaus für Fahrräder in Amsterdam.  (BiljaST / pixabay.com)

von Jenny Blekker und Christine Wenzl

Wege zur Suffizienz

Weniger ist mehr: Dieses Motto bringt immer häufiger Menschen zusammen. Menschen, die neue Ansätze eines nachhaltigen Wirtschaftens und Lebens praktisch umsetzen wollen. Die – auch im BUND – Angebote wie Reparatur-Cafés und Leihläden schaffen, um Dinge ge­mein­schaft­lich zu nutzen und weniger zu konsu­mieren. Oder die Ernährungsräte gründen, um Städte gesund und regional zu ernähren und zugleich die bäuerliche Landwirtschaft im Umland zu erhalten. Auch im eigenen Alltag pflegen immer mehr Menschen nachhaltige Lebensstile – indem sie auf Ökostrom umsteigen, weniger Fleisch essen oder Carsharing betreiben, statt selbst ein Auto zu besitzen.

Oder indem sie öfter aufs Fahrrad steigen. Ein Beispiel, das anschaulich zeigt, wie essenziell gute Rah­menbedingun­gen sind: Zugeparkte Radwege, zu schnell fahrende Autos, keine Abstellmöglich­kei­ten – dies und anderes trübt vielerorts die Freude am Radfahren. Dabei wünschen sich 79 Prozent der Deutschen bessere Alternativen zum Auto. Laut einer neuen Studie des Umweltbundesamtes ist eine große Mehrheit derer, die hauptsächlich Auto fahren, bereit aufs Rad oder auf Öffentliche umzusteigen.

An diese Bereitschaft sollten Städte und Gemeinden stärker anknüpfen. Sie sollten die Nahversorgung verbessern, für einen preiswerten öffentlichen Verkehr mit guter Anbindung sorgen und mehr und bessere Rad­wege ausweisen. Die neue Bundesregierung muss die Kommunen dabei unterstützen. Man stelle sich vor, sie streiche die (jährlich!) 28,6 Milliarden Euro umweltschädlicher Verkehrssubventionen – und beschließe stattdessen, eine klimaschonende Mobilität zu fördern: mit einer Investitionsoffensive für den Rad- und Fußverkehr und einer Politik, die für deutlich weniger Autos in unseren Städten sorgt. All das würde unsere Lebensqualität spürbar erhöhen.

Klare Regeln – gute Angebote

Auch in anderen Bereichen fordert der BUND Maßnahmen, um unseren Ressourcenverbrauch zu senken – und gleichzeitig die Lebensqualität zu verbessern. Wer wünscht sich nicht länger haltbare Geräte, leicht zu reparieren? Wer hätte nicht gern klare Regeln gegen kalkulierten Produktverschleiß, sprich: dagegen, dass Hersteller ihre Produkte bewusst mit Schwachstellen versehen, um deren Lebensdauer zu verkürzen? Und wer möchte seine Kinder mit Fleisch aus der Massentierhaltung versorgt wissen, wo es doch möglich ist, das Angebot in Kitas, Schulen, Kantinen und Mensen umzustellen – auf regionale, saisonale und fair gehandelte Lebensmittel aus ökologischem Anbau?

Politik ist gefragt

Bislang wird die Verantwortung für einen Lebensstil, der weniger Ressourcen verbraucht, noch allzu oft als rein persönliche Entscheidung angesehen. Tatsächlich aber ist hier die Politik gefragt. Sie muss den Rahmen setzen für zukunftsfähige Lebensstile und Suffizienz. Denn unsere großen Ziele – der Schutz des Klimas und der biologischen Vielfalt – machen es nötig, unseren Energie-, Material- und Flächenverbrauch absolut zu begrenzen.

Mehr Effizienz und technische Lösungen allein reichen nicht, um unseren stetig steigenden Energie- und Materialverbrauch zu stoppen und die Wachstumsspirale zu durchbrechen. Auch wenn in der Gebäudesanierung, in effizienteren Geräten und Autos enormes Potenzial liegt: Unsere Klimaschutzziele bleiben außer Reichweite, wenn parallel die Zahl der Autos, ihre Größe und Leistungsstärke weiter ungebremst wachsen. Oder wenn immer neue Wohn- und Gewerbegebiete entstehen, selbst bei sinkender Einwohnerzahl.

Mutig gegensteuern

Die neue Bundesregierung muss also Mut zeigen und politisch konsequent gegensteuern. Sie muss den gesellschaftlichen Wertewandel befördern und politische Weichen stellen. Denn die natürlichen Ressourcen und die Aufnahmekapazität der Erde für Abfälle und Schadstoffe sind begrenzt. Phänomene wie die Klimakrise – diesen Herbst reihte sich in der Karibik eine nie dagewesene Zahl schwerer Wirbelstürme aneinander –, die Überfischung der Meere oder das Artensterben führen uns vor Augen, dass wir die planetaren Grenzen längst überschritten haben. Ginge es so weiter wie bisher, bräuchten wir schon im Jahr 2030 mindestens zwei Erden, um den weltweiten Bedarf an natürlichen Ressourcen zu decken.

Nachhaltigkeitsziele umsetzen

Nachhaltige Entwicklung bedeutet, verantwortungs­bewusst mit unseren Lebensgrundlagen umzugehen. Nur so werden heutige und zukünftige Generationen weltweit ein Leben in Würde führen können, gemäß ihren Bedürfnissen.

2015 haben die Vereinten Nationen die globalen Nachhaltigkeitsziele beschlossen. Sie sollen unter anderem Hunger und Armut beenden, die weltweite Ungleichheit verringern und allen Menschen Zugang zu nachhaltiger Energie verschaffen. Die Bundes­regierung muss diese Ziele zügig umsetzen und dabei besonders die weltweiten Folgen unserer Politik und Lebensweise in den Blick nehmen. Denn von globaler Gerechtigkeit ist unser westlicher Lebensstil weit entfernt – und wird es ohne Suffizienz auch bleiben.

Welche Schritte kann und muss unsere Politik dafür auf kommunaler und Bundesebene in An­griff nehmen? Wie sind Wirtschaft und Gesellschaft so zu verändern, dass niemand mehr auf Kosten anderer leben muss? Diesen Fragen will sich der BUND noch stärker widmen. Klar ist: Zuallererst müssen wir uns von einer Politik verabschieden, deren Hauptanliegen noch immer das Wirtschaftswachstum ist.

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