Kommentar: BUND begrüßt hessische Initiative für schnelles Verbot von giftigen Fluorchemikalien

09. Mai 2023 | Chemie, Umweltgifte

Auf Initiative Hessens befasst sich die 100. Umweltminister*innenkonferenz (UMK) vom 10. bis 12. Mai mit einem Verbot von per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS). Ulrike Kallee, Leiterin der Abteilung Stoffe und Technologien beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), kommentiert:

Ulrike Kallee  (Simone Neumann)

„Die anstehende UMK wird sich mit der gesetzlichen Beschränkung von PFAS befassen. Bereits Ende 2020 hatten die Minister*innen kurzfristige Maßnahmen gegen eine Verbreitung der hochproblematischen Stoffe gefordert. Die Politik muss jetzt dringend handeln. Denn die Belastung von Bevölkerung und Umwelt in globalem Ausmaß nimmt dramatisch zu. Allein in Europa wurden über 17.000 belastete Orte ermittelt. Mehr als 1500 von ihnen liegen in Deutschland und das hat Konsequenzen: In Niedersachsen warnen die Behörden vor regelmäßigem Verzehr von Süßwasserfischen, in Hessen vor Wildschweinleber, im bayerischen Gendorf kann das Blut mancher Anwohner*innen nicht für Transfusionen verwendet werden. Das ist eine untragbare Situation. Wir brauchen schnelle Maßnahmen zum Schutz von Menschen und Umwelt.

Das Verbot einzelner PFAS ist keine Lösung. Denn die Industrie kann sie schnell durch neue mit ähnlich problematischen Eigenschaften ersetzen. Die Stoffe sind unbeherrschbar. Sie müssen möglichst ganz vermieden werden. Die UMK soll daher die Bundesregierung auffordern, sich auf EU-Ebene für eine Beschränkung der gesamten Chemikaliengruppe einzusetzen. Zudem müssen in sensiblen Konsumbereichen schnell Verbote folgen.

Als größter Chemiestandort Europas und als Sitz global führender Chemiekonzerne hat Deutschland eine Vorbildfunktion. Bei der Weltchemikalienkonferenz im September in Bonn steht die Bundesregierung als Gastgeberin daher besonders in der Pflicht.“

Hintergrund

Nur wenige PFAS sind ausreichend untersucht und stetig kommen neue hinzu. Noch vor einem Jahr war von rund 4700 Einzelverbindungen die Rede, inzwischen gehen Wissenschaftler*innen von mehr als 10.000 aus. Aktuelle Daten belegen eine Kontamination globalen Ausmaßes. Das Recherchenetzwerk „Forever Pollution Project“ hat in Europa mehr als 17.000 durch PFAS kontaminierte Orte ermittelt. Ein wesentlicher Grund für diesen beispiellosen Vorgang auf europäischem Boden sind fehlende Daten für die Bewertung der Risiken von Chemikalien sowie ineffektive regulatorische Maßnahmen. Um Menschen und Umwelt besser vor gefährlichen Stoffen zu schützen, muss deshalb die EU-Chemikalienverordnung REACH dringend überarbeitet werden.

Das hat auch die EU-Kommission erkannt und in ihrer Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit die Beschränkung von PFAS und eine REACH-Revision angekündigt. Schon jetzt wäre das Verbot einer großen Untergruppe, die PFHxA, in Konsumprodukten wie Textilien und Lebensmittelverpackungen möglich. Dies würde helfen, die PFAS-Belastung insgesamt zu senken und Unternehmen unterstützen, die in nachhaltige Alternativen investieren. Maßnahmen der Kommission folgten bislang aber nicht.

Diese Untätigkeit stößt zunehmend auf Protest. Ein breites Bündnis von mehr als 120 Organisationen und Gruppen betroffenen Bürger*innen hat das vom BUND mit initiierte Manifest für ein dringendes Verbot der „Ewigkeitschemikalien“ PFAS unterzeichnet. EU-Mitgliedsstaaten und Kommission sind aufgefordert, die Verwendung von PFAS in Konsumgütern bis 2025 zu verbieten und bis 2030 den Ausstieg aus Produktion und Verwendung dieser gefährlichen Stoffe in der EU einzuleiten. Der BUND unterstützt grundsätzlich den von fünf EU-Mitgliedstaaten (DK, D, S, NL, DK, N) erarbeiteten Vorschlag für eine  EU-weite generelle PFAS-Beschränkung hat dazu folgende Forderungen:

  • Alle aktuell nicht regulierten PFAS, inkl. Fluorpolymere, werden beschränkt.
  • Ausnahmeregelungen nur bei Anwendungen, die für Gesundheit, Sicherheit und das Funktionieren der Gesellschaft unverzichtbar und alternativlos sind.
  • Ausnahmeregelungen werden zeitlich begrenzt und regelmäßig überprüft. 
  • Die Bundesregierung unterstützt die zeitnahe Umsetzung einer Beschränkung, die als Vorlage für weltweites Handeln dienen kann.
  • Die Bundesregierung setzt sich für die Vorlage eines Vorschlags zur Überarbeitung von REACH bis Juni 2023 ein, damit das EU-Parlament noch in der laufenden Legislaturperiode dazu Stellung beziehen kann.
  • Die Bundesregierung setzt sich im Zuge ihrer Präsidentschaft zur Weltchemikalienkonferenz im September in Bonn für die globale Beschränkung der PFAS-Gruppe durch das Stockholmer Übereinkommen über Persistente Organische Schadstoffe ein. 

Mehr Informationen

Kontakt

 

Zur Übersicht

BUND-Bestellkorb