Höhere Steuern bringen nicht automatisch mehr Tierwohl

07. August 2019 | Landwirtschaft, Massentierhaltung, Nachhaltigkeit

Die BUND-Agrarexpertin Katrin Wenz kommentiert den Vorschlag, die Mehrwertsteuer auf Fleischprodukte zu erhöhen.

Katrin Wenz BUND-Agrarexpertin Katrin Wenz  (Simone Neumann)

Um die Haltung von Nutztieren in Deutschland zu verbessern, wird gegenwärtig eine Erhöhung der Mehrwertsteuer diskutiert. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer alleine reicht jedoch nicht aus, um den Fleischkonsum deutlich zu senken. Sie würde zunächst erstmal nur dem Staat Geld bringen. Die Tierhaltung verbessert sich so noch nicht.

Ein kleiner Erfolg würde jedoch erzielt werden – der Fleischkonsum würde etwas zurückgehen. Würde der reduzierte Mehrwertsatz von sieben Prozent aufhoben und der Normalsatz von 19 Prozent gelten, so sänke rein rechnerisch der Konsum um nur etwa vier Prozent. Sinnvoller als eine Steuer wäre jedoch eine Abgabe, deren Einnahmen ausschließlich für eine verbesserte Tierhaltung eingesetzt werden darf.

Allerdings greift auch eine Fokussierung auf die Konsument*innen zu kurz. Wenn ein Schnitzel ein Euro kostet, wären das bei einem Aufschlag von zwölf Prozent weiterhin nur 1,12 Euro. Das ist immer noch sehr billig und reicht als Instrument, den Verzehr von Billigfleisch zu drosseln, nicht aus. Zudem würde auch der Preis vom tierischen Produkte aus artgerechter Haltung so noch weiter ansteigen. 

Trotzdem stößt der Vorschlag eine wichtige Diskussion um den Umbau der Tierhaltung an. Der Umbau der industriellen Tierhaltung hin zu tiergerechten und ökologisch verträglichen Haltungsformen muss unverzüglich beginnen. Von der Bundesregierung erwartet der BUND, dass sie endlich politische Verantwortung übernimmt. Der BUND fordert, eine Flächenbindung einzuführen und pro Hektar landwirtschaftlicher Fläche festzulegen, wie viele Tiere gehalten werden dürfen. 

Es ist notwendig, die Nutztierhaltungsstrategie zu einem auch für die Landwirtschaft verlässlichen Umbauplan weiterzuentwickeln. Die Kosten für einen Umbau werden auf drei bis fünf Milliarden Euro pro Jahr taxiert.

Um diesen zu finanzieren, müssen einerseits Agrarfördermittel aus der Europäischen Agrarpolitik (GAP) und von der Bundesregierung gezielt für Investitionen, Beratung und Forschung eingesetzt werden. Aber auch die Beteiligten in der Wertschöpfungskette, also Handel und Verbraucher*innen, müssen ihren Beitrag zur Finanzierung leisten. Durch eine klare Kennzeichnung besserer Haltungsbedingungen kann die Zahlungsbereitschaft der Verbraucher*innen erhöht werden. So schlägt es auch der Wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik des Landwirtschaftsministeriums in seinem Gutachten zur Nutztierhaltung vor.

Ökofleisch am härtesten getroffen

Wenn Billigfleisch noch billiger wird. Foto: Fleischatlas 2018
Wenn Billigfleisch noch billiger wird. Foto: Fleischatlas 2018
Ökofleisch am härtesten getroffen

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