Gentechnik-Lobby biegt sich EU-Gesetze zurecht

04. März 2021 | Landwirtschaft

Ein neuer Gentechnik-Lobby-Report entlarvt zu hohen Einfluss von Lobbyisten der Biotech-Industrie beim Gentechnikrecht. Die EU-Kommission verstößt damit gegen ihre eigenen Regeln.

DNA-Manipulation durch Gene Drives  (LuckyStep48 / iStock.com)

Brüssel/Wien. Die Europäische Kommission missachtet ihre eigenen Grundsätze beim Lobbying. Die Biotech-Industrie hat weit mehr Einfluss auf Gesetze rund um das Thema Gentechnik als bislang angenommen. Das geht aus einem heute veröffentlichten Report von Friends of the Earth Europe (FoEE) hervor. 

Den Untersuchungen von FoEE zufolge bestand die Gruppe der Lobbyisten, die zur Änderung des Gentechnikgesetzes von der EU-Kommission hinzogezogen war zu 74 Prozent aus Industriegruppen. Besonders brisant: Darunter waren auch Vertreter*innen von Industriezweigen wie Kosmetik und Pharma. Diese wären von einer Änderung des auf Lebens- und Futtermittel gerichteten Gesetzes gar nicht oder nur indirekt betroffen. Nur 14 Prozent der Interessensvertreter*innen waren aus NGOs und nur zwei Prozent aus Forschungseinrichtungen. Damit räumt die Kommission der Industrie einen extrem hohen Einfluss ein. Das widerspricht sogar ihren eigenen Grundregeln. Denn eigentlich sehen die Regeln für Lobbyismus eine ausgewogene Auswahl an Berater*innen, eine sachgemäße Ausrichtung der Konsultationsfragen und die Einhaltung von Transparenz vor. Keinen dieser Punkte hat die EU-Kommission befolgt. Das ist fatal, denn so wächst der Einfluss der Lobbyist*innen aus der Industrie. Die wollen eine Öffnung des EuGH-Urteils für Pflanzen aus neuer Gentechnik.

Das würde die Farm-to-Fork Strategie der EU-Kommission untergraben, welche sich ein faires, gesundes und umweltfreundliches Ernährungssystem zum Ziel gemacht hat. Dafür soll zum Beispiel der Ökolandbau auf 25% der Flächen bis 2030 ausgebaut werden. 

FoEE fordert deshalb von der EU-Kommission 

  • Eine lückenlose Umsetzung des EuGH Urteils, nach dem alte sowie neue Gentechnik unter das Gentechnikrecht fallen. 
  • Alle mit Gentechnik hergestellten Organismen müssen durch eine grundlegende Sicherheitsprüfung und den Zulassungsanforderungen entsprechen. 

Der BUND unterstützt diese Forderungen und fordert die EU-Kommission auf, ihre eigenen Transparenzrichtlinien zu befolgen.

Weiterhin fordert der BUND:

  • Die EU-Kommission muss unverzüglich alle Fragebögen der Konsultation veröffentlichen. 
  • Die EU-Kommission muss die Verantwortung für die mangelhafte Durchführung der Konsultation übernehmen.
  • Mit den Ergebnissen dürfen keine politischen Schlussfolgerungen – auch nicht beim EU-Gentechnikrecht – begründet werden. 

Hintergrund: 2018 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) geurteilt, dass auch neue gentechnische Verfahren wie CRISPR/Cas & Co. unter die europäische Gentechnik-Regulierung fallen. Seitdem versucht die Biotech-Industrie immer wieder, die lückenlose Umsetzung des EuGH-Urteils zu verhindern. Die Gentechnik-Lobby will Ausnahmen für Pflanzen aus neuer Gentechnik erreichen, damit diese ohne Sicherheitskontrollen und Kennzeichnungspflicht in der EU angebaut und verkauft werden können.

2019 verlangte der Europäische Rat von der Europäischen Kommission, die Interessensgruppen zu Verfahren der neuen Gentechnik zu konsultieren. Die Ergebnisse dieser Konsultation fließen in eine Studie der Generaldirektion Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (DG Sante) ein, die im April veröffentlich wird. Damit hat die Konsultation wesentlichen Einfluss darauf, ob das EuGH-Urteil vollständig umgesetzt wird oder durch Ausnahmen verwässert wird. 

Mehr Informationen

Wer wurde von der EU-Kommission zu Änderungen der Gentechnikgesetze konsultiert?

Wer wurde von der EU-Kommission zu Änderungen der Gentechnikgesetze konsultiert?
Wer wurde von der EU-Kommission zu Änderungen der Gentechnikgesetze konsultiert?
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