Gentechnik bedroht Natur- und Artenschutz

22. November 2019 | Landwirtschaft, Naturschutz, Wildbienen, Lebensräume

Der kürzlich im Auftrag des Deutschen Naturschutzrings (DNR) vorgestellte Bericht des Instituts für unabhängige Folgenabschätzung in der Biotechnologie (Testbiotech) warnt vor den Folgen der Einbringung von Gentechnikorganismen in die Natur. 

Honigbienen. Foto: PollyDot / CC0 1.0 / pixabay.com Unsere Bienen können sicher nicht mit neuer Gentechnik gerettet werden.  (PollyDot / pixabay.com)

Anders als bei der "alten" Gentechnik geht es nicht mehr nur um Agrarprodukte, welche lediglich für die Dauer einer Pflanzsaison auf Felder ausgebracht werden –  jetzt ist die Rede davon, gentechnisch veränderte Organismen in die Umwelt, also in wilde Populationen, auszusetzen. Sind solche Pflanzen oder Tiere erstmal "im Umlauf", können sich diese unkontrolliert verbreiten und unkalkulierbare Konsequenzen mit sich bringen. Die Rückholbarkeit ist nicht mehr gewährleistet!

Tatsächlich ist es heute möglich, anhand neuer Gentechnikverfahren wie CRISPR/Cas die natürlichen Mechanismen von Genregulation und Vererbung zu umgehen und neue Lebensformen zu "designen". Der Testbiotech-Bericht argumentiert, warum die Ausbreitung solcher Organismen in Wildpopulationen unbedingt verhindert werden muss und eine Freisetzung nur nach gründlicher Risikobewertung und unter der Prämisse der Rückholbarkeit erfolgen darf. 

Risiken für Ökosysteme sind unabsehbar

Die Risiken demonstriert der Bericht anhand von Beispielen aus der Vergangenheit. Eines davon ist der Laborversuch mit den sogenannten "Monarch-Fliegen". Die Taufliegen wurden mit CRISPR/Cas so verändert, dass sie quasi resistent gegenüber Giften bestimmter Pflanzen sind. Gleichzeitig speicherten die Fliegen die Gifte und wurden somit selbst giftig für ihre Fressfeinde. Nicht auszudenken, was dies für Auswirkungen auf das Ökosystem hätte! 

Außerdem bestehen auch Risiken, welche durch genetische Veränderungen im Erbgut der Tiere und Pflanzen selbst entstehen können. So sollte etwa mittels neuer Gentechnik die Widerstandsfähigkeit von Honigbienen gegenüber Umwelteinflüssen erhöht werden. Die Weltnaturschutzunion (IUCN) hat diesen Versuch analysiert und kam in ihrem Bericht zu dem Schluss, dass dieser Eingriff das Immunsystem der Biene in Wirklichkeit schwächen statt stärken könnte.

Um zu zeigen, welche unkalkulierbaren Folgen das Einführen fremder Arten in andere Ökosysteme haben kann, führt Testbiotech zudem das Beispiel des Marmorkrebses an. Die Art hat sich unerwartet so rasant und unkontrolliert ausgebreitet, dass sie jetzt sogar die in Madagaskar heimischen Krebse bedroht. Der Bericht zeigt also: Solche Eingriffe sind nicht mit den Zielen des Natur- und Artenschutzes vereinbar! Die Folgen sind hierbei noch viel weniger abschätzbar, als bei der Einbringung von GVOs in agrarische Systeme.

Es geht bei der neuen Gentechnik nicht um Naturschutz

Basierend auf zahlreichen Beobachtungen zum Artensterben und der Erfahrungen mit invasiven Arten, kommt der Bericht zu einer sehr kritischen Einschätzung: GVO haben – aufgrund neuer Eigenschaften, die sich deutlich unterscheiden können, und die damit auch das Zusammenspiel im Ökosystem massiv beeinflussen können – ein immenses Potential die biologische Vielfalt zu gefährden.

Sie können invasiv wirken, es können Netzwerke ge- oder zerstört werden. Gedankenexperimente, ausgestorbene Arten wie etwa das Mammut wieder auferstehen zu lassen, zeigen zudem, dass es nicht um Naturschutz, sondern um Design von Natur geht. Zwei Schlussfolgerungen sind entscheidend im Umgang mit alter und neuer Gentechnik:

  • Die Regulierung und Zulassungspflicht muss, ausgehend von den jeweiligen Verfahren, alle Organismen erfassen, die mit Gentechnik in ihrem Erbgut verändert sind, auch wenn keine zusätzlichen Gene eingefügt wurden.
  • Die räumliche und zeitliche Kontrollierbarkeit der Gentechnik-Organismen muss gewährleistet sein. Das heißt jegliche Freisetzungen müssen strikt an die Möglichkeit von wirksamen Kontrollen und "Rückholbarkeit" gebunden sein.

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