EU-Agrarpolitik nach 2020: Eine erste Analyse

05. Juni 2018 | Landwirtschaft, Lebensräume, Massentierhaltung, Naturschutz

Trotz guter neuer Ansätze: Damit die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) in der Europäischen Union wirklich bäuerliche, umweltfreundliche und zukunftsfähige Landwirtschaft fördert, muss noch viel getan werden.

Kühe auf einer Weide auf Hiddensee; Foto: Christian Rehmer So könnte die Landwirtschaft der Zukunft aussehen.  (Christian Rehmer)

Am ersten Juni legte EU-Agrarkommissar Phil Hogan seine lange erwarteten Vorschläge zur Zukunft der EU-Agrarpolitik nach 2020 auf den Tisch. Der Ire präsentierte in Brüssel die Gesetzentwürfe der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union (kurz: GAP).

Der Vorschlag der EU-Kommission wird nun mit dem Europäischen Parlament und den EU-Mitgliedstaaten diskutiert. Dieser Prozess wird erst deutlich nach den im Mai 2019 geplanten Europawahlen beendet sein. In einer ersten Reaktion bewertete der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger den vorgelegten Vorschlag als enttäuschend, da er den Biodiversitäts- und Klimaschutzzielen der EU widerspräche.

Was ist neu am Vorschlag?

Agrarkommissar Hogan hat neun Ziele für die neue GAP vorgeschlagen. Neben drei wirtschaftlichen und drei sozialen Zielen sind das aus dem Umwelt- und Klimabereich folgende drei Anforderungen:

Mit ihrem Legislativvorschlag verschiebt die EU-Kommission die Verantwortung auf die EU-Mitgliedstaaten. Diese müssen GAP-Strategiepläne erarbeiten, um die Ziele zu erreichen, Details werden nicht mehr in Brüssel festgelegt, sondern sind eine nationale Angelegenheit. Die EU-Kommission erwartet zwar, dass die EU-Mitgliedstaaten alle neun Ziele in ihre Pläne einbauen; das müssen sie aber nicht. So besteht die Gefahr, dass es einen europaweiten Unterbietungswettbewerb im Umwelt- und Naturschutz geben wird.

Daher muss die Kommission effektive Sanktionen einführen, wenn die Mitgliedstaaten die EU-Ziele nicht erfüllen. Da die von der EU-Kommission gesetzten Ziele sehr allgemein gehalten sind, bedarf es eines starken und gut funktionierenden Überwachungs- und Kontrollmechanismus'.

Auch, wenn die EU-Kommission weiterhin an pauschalen Flächenprämien festhält, versucht sie die damit verbundenen Ungerechtigkeiten (80 Prozent der Gelder gehen an nur 20 Prozent der Betriebe!) ein wenig zu lindern. Darum schlägt sie vor, diese Gelder ab 60.000 Euro pro Betrieb und Jahr abzuschmelzen (Degression) und ab 100.000 Euro komplett zu streichen (Kappung). Löhne und Arbeitskosten können vor der Berechnung einer Kappungsgrenze abgezogen werden.

Beispiel: Erhält ein Betrieb 160.000 Euro Flächenprämie und hat 50.000 Euro Arbeitskosten, dann werden ihm nur 10.000 Euro abgezogen. Die Kappungs-Optionen gab es bisher bereits, aber nun sollen sie nach Vorstellung von Phil Hogan für alle EU-Mitgliedstaaten verpflichtend werden. Bundesregierung und Bauernverband lehnten in der Vergangenheit solche Pläne stets ab, würden sie doch flächenstarke Betriebe im Osten und Norden des Landes stark treffen. Das Bundeslandwirtschaftsministerium kündigte sofort Widerspruch an.

Angesichts der massiven Probleme im Umwelt- und Klimabereich und der Erkenntnis, dass das so genannte Greening, welches erst 2013 eingeführt worden war, versagt hat, hat sich die EU-Kommission ein neues Instrument zur Bewältigung der ökologischen Herausforderungen ausgedacht: die "eco schemes". Das sind Programme zur Förderung von Maßnahmen im Sinne des Umwelt- und Klimaschutzes, die aus der ersten Säule bezahlt werden (bisher gibt es mit den Agrarumweltmaßnahmen etwas Ähnliches aus der zweiten Säule).

Gut ist, dass alle EU-Mitgliedstaaten diese Programme anbieten müssen. Aber nur, wenn sie attraktiv ausgestaltet sind und den Bäuer*innen nicht nur einen Ausgleich für entgangenen Gewinn, sondern einen richtigen Anreiz zum Mitmachen bieten, werden sie auch zielführend sein. Andernfalls wären sie nur heiße Luft, um der GAP ein grünes Mäntelchen anzulegen.

Mindestens 30 Prozent aus der ersten Säule sollten für die "eco schemes" reserviert sein. Deshalb erwartet der BUND von der Bundesregierung ambitionierte Programme für Umwelt- und Klimaschutz, die den Landwirt*innen Anreize geben, mehr gesellschaftliche Leistungen zu erbringen. Ohne attraktive Programme wird das Artensterben in der Agrarlandschaft unvermindert weitergehen.

Das Greening wird zwar abgeschafft, aber einige Greening-Kriterien werden als Grundanforderung an die Fördermittel gebunden. Grünland oder bestimmte Landschaftselemente sowie nicht für die Produktion genutzten landwirtschaftliche Flächen zu erhalten oder zu fördern, gehört dazu. Auch der Schutz von Dauergrünland in den wichtigen Natura-2000-Schutzgebieten ist nun Teil dieser Anforderungen.

Was ist (leider) nicht neu am Vorschlag?

Die EU-Kommission hält nach wie vor an der pauschalen Flächenprämie fest. 73 Prozent der Agrargelder werden nach Hektaren und nicht leistungsbezogen an die Landwirt*innen verteilt. Dabei steht diese Prämie seit Jahren in der Kritik und wird selbst vom Wissenschaftlichen Beirat des Agrarministeriums abgelehnt.

Der BUND kritisiert, dass die Flächenprämien vor allem die großen Betriebe unterstützen, teilweise zu Land Grabbing und steigenden Pachtpreisen führen und vor allem keinerlei gesellschaftliche und umweltpolitische Lenkungswirkung haben. Daher sollte die nächste Förderperiode dazu genutzt werden, sich Schritt für Schritt von der Flächenprämie zu verabschieden. Der neue Kappungsvorschlag ist zwar zu begrüßen, ändern am grundsätzlichen Problem der pauschalen Flächenprämien aber nur sehr wenig.

Weiterhin soll es auch einen ersten Aufschlag auf die ersten Hektare pro Betrieb geben (in Deutschland waren das bisher die ersten 46 Hektar). Damit sollen gezielt kleinere und mittlere Betriebe unterstützt werden.

Ein erstes Fazit

Der BUND geht davon aus, dass es mit dem Vorschlag nicht möglich sein wird, die Probleme im Agrarsektor zu lösen: Weder trägt er zum Umbau der Tierhaltung bei, noch werden klare Umwelt- und Klimastandards und Förderprogramme benannt. Und leider wird an der pauschalen Flächenprämie festgehalten. Damit die GAP zu einem Förderinstrument für eine bäuerliche, umweltfreundliche und zukunftsfähige Landwirtschaft wird, muss noch viel getan werden.

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