Weltantibiotikatag: Neue Bundesregierung muss Umbau der Tierhaltung endlich angehen

18. November 2021 | Landwirtschaft, Massentierhaltung

In der Landwirtschaft steigt der Einsatz von Antibiotika wieder. Das ist auch für den Menschen zunehmend gefährlich. Die Politik muss handeln.

Ein Ende der Massentierhaltung ist längst überfällig.  (Matthias Zomer / pexels)

Antibiotika sind für die Medizin unabdingbar. Doch was, wenn sie wirkungslos werden, weil sich zu viele Resistenzen gebildet haben? Diese Gefahr ist real. Anlässlich des Weltantiobiotikatags lohnt es sich deshalb, genauer hinzusehen. Denn auch in der Landwirtschaft ist der Einsatz der Mittel zuletzt wieder gestiegen.

Wie das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) mitteilt, gingen insgesamt 701 Tonnen Antibiotika an Tierärzte – 31 Tonnen mehr als noch 2019 (plus 4,6 Prozent).  In den Jahren zuvor war der Einsatz noch rückläufig. Nun steigt der Einsatz wieder, obwohl es immer weniger Nutztiere in Deutschland gibt. Denn der Strukturwandel in der Landwirtschaft, zwingt viele kleinere Betriebe aufzugeben.

Hoher Preisdruck verschärft die Situation

Die Zahl der Schweine sank von 2010 bis 2020 um rund 5 Prozent. Die Zahl der Betriebe auf denen Schweine gehalten werden, nahm in der gleichen Zeit um 47 Prozent ab. Das heißt, ein größerer Teil der Tiere wird auf immer größeren Betrieben gehalten. Noch gravierender ist die Intensivierung bei Geflügel: Fast 80 Prozent aller Masthühner in Deutschland werden in großen Betrieben mit mehr als 50.000 Plätzen gemästet. In kleineren Betrieben, mit weniger als 10.000 Mastplätzen, leben nicht mal ein Prozent aller Masthühner.

Die Intensivtierhaltung ist Folge und Ursache von enorm hohem Preisdruck. Wer nicht mithalten kann, muss aufgeben. Das Problem: Die Haltungsbedingungen sind in der Folge häufig so schlecht, dass die Tiere Antibiotika benötigen, um in diesem System zu überleben. Das hat auch verheerende Folgen für den Menschen. Schon jetzt sterben jährlich europaweit rund 33.000 Menschen an Infektionen, gegen die keine Antibiotika mehr helfen. Ein Grund für zunehmende Resistenzen ist der Einsatz von Antibiotika in der Mast- und Geflügelhaltung. 

Krankheitserreger entwickeln Resistenzen

Insbesondere die Abgabe von sogenannten Fluorchinolonen hat 2020 zugenommen. Diese Antibiotikagruppe ist in der Humanmedizin sehr wichtig. Sie gehört zu den sogenannten Reserveantibiotika. Durch den hohen Einsatz in der Massentierhaltung werden Antibiotikaresistenzen zunehmend zu einem Problem. Das heißt, Krankheitserreger können im schlimmsten Fall nicht mehr mit Medikamenten bekämpft werden.

Antibiotika in der Tierhaltung müssen deshalb dringend eingeschränkt werden. Insbesondere die für den Menschen lebensrettenden Reserveantibiotika müssen in der Intensivtierhaltung verboten werden. Missstände in der Antibiotikagabe müssen beseitigt werden. Tiermediziner*innen sind Ärzt*innen und Apotheker*innen in einer Person. Folglich verdienen sie nicht nur an der Leistung, Tiere zu untersuchen und wirksame Medikamente zu vorordnen. Für sie bedeutet die zunehmende Medikamentation auch einen steigenden Umsatz. 

Was die neue Bundesreigerung tun muss

Die neue Bundesregierung muss daher den Umbau der Nutztierhaltung endlich beginnen: Die Tiere brauchen deutlich mehr Platz. 

Mega-Ställe müssen verboten werden: Wir fordern eine Begrenzung der Tiere pro Hektar und Obergrenzen pro Standort. Es braucht weniger Nutztiere, die dafür aber artgerecht gehalten werden. Je weniger Tiere in einem Stall sind, desto weniger Tiere müssen auch behandelt werden, wenn ein Tier Symptome zeigt. 

Tiere, die regelmäßig Weidegang haben, haben ein besseres Immunsystem und werden weniger krank. Deutlich mehr finanzielle Unterstützung muss die neue Bundesregierung für Betriebe mit tiergerechter Haltung zur Verfügung stellen. 
Der Einsatz von Antibiotika muss stärker eingeschränkt und der Einsatz von Reserveantibiotika in der Intensivtierhaltung umgehend verboten werden – auch die Gesundheit der Menschen steht auf dem Spiel. 

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