Die Klimakrise ist längst da!

20. September 2017 | Klimawandel, Kohle, Energiewende

Die Ereignisse dieses Jahres haben unser Denken über den Klimawandel grundsätzlich verändert. Der Klimawandel ist nicht länger das ferne Phänomen, vor dem wir warnen. Eine nie zuvor erlebte Aneinanderreihung von Stürmen, Hitzerekorden, Starkregen und Überschwemmungen hat Schäden in Milliardenhöhe verursacht und uns gezeigt: Die Klimakrise ist hier und jetzt. Sie ist zerstörerisch, und sie ist die neue Normalität. Ein Beitrag von BUND-Klimaexpertin Ann-Kathrin Schneider.

Ann-Kathrin Schneider Ann-Kathrin Schneider

Hans Joachim Schellnhuber, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, urteilt: "Das Jahr 2017 zeigt uns auf bitterste Weise, warum die Wissenschaft seit Jahrzehnten vor dem Klimachaos warnt: Die Elemente Feuer, Wasser und Luft wenden sich nun gegen uns, weil wir den Planeten aus dem Gleichgewicht bringen."

Das zutiefst Verstörende an der Aussage des Klimawissenschaftler ist, dass auch er von der Gegenwart und nicht von der Zukunft spricht.

Ich kann mich daran erinnern, wie der BUND vor einigen Jahren eine Kampagne zum Klimaschutz plante. Die Idee war, einen Kurzfilm zu produzieren, der eine Nachrichtensendung darstellen sollte, in der über ein Extremwetterereignis nach dem anderen berichtet wird. Der Spot hätte in der Botschaft gemündet: Kohleausstieg jetzt, sonst zerstören Naturkatastrophen unser Leben.

Katastrophen sind Ausdruck der Klimakrise

Diesen Sommer war es nun an einigen Abenden fast so wie in dem angedachten Film: Berichte von Hitzeperioden in den Feriengebieten am Mittelmeer wurden abgelöst von Bildern von Straßen unter Wasser in Nepal, Indien und Texas, die wiederum abgelöst wurden von Satellitenbildern von dem Entstehen des nächsten großen Wirbelsturms in der Karibik.

Doch viel zu wenige Berichte haben die Kette der Ereignisse nebeneinander gestellt und sie, so wie Hans Joachim Schellnhuber, beim Namen genannt: Klimakrise. Betont wurde im Gegensatz, man könne kaum ein Wetterereignis isoliert als Folge des Klimawandels bezeichnen. In den USA ging die Verweigerungshaltung sogar noch weiter: Im Kontext der Wirbelstürme Irma und Harvey über Klimawandel zu sprechen wurde als "Politisierung" einer Naturkatastrophe bezeichnet.

Doch halt: Wenn Wasser und Luft sich erwärmen, gibt es stärkere Stürme, die mehr Wasser führen, mehr extrem heiße Tage und daher mehr Dürren und Überschwemmungen. Und da sich die Ozeane bereits um knapp ein Grad im Durchschnitt erwärmt haben (und die Temperaturen an Land ebenso) ist es keineswegs naiv, die Katastrophen dieses Jahres als menschengemachte Katastrophen zu bezeichnen. Und es ist von höchster Bedeutung, dass wir diese Kette von Katastrophen nicht getrennt voneinander betrachten, sondern im Zusammenspiel.

Da die Temperaturen weiter ansteigen werden, gibt es keinerlei Grund, darauf zu hoffen, dass die Ereignisse, deren Zeug*innen wir dieses Jahr geworden sind, in den kommenden Jahren nicht mehr passieren würden. Im Gegenteil: Es wird immer mehr und immer extremere Überschwemmungen und Dürren geben. In immer kürzeren Abständen.

Auch in Deutschland sind die Folgen zu spüren

Mit dieser Realität umzugehen ist für uns alle kaum erträglich. Während die Straßen noch unter Wasser stehen, die Häuser voller Schlamm sind, die Wasserhähne noch immer kein sauberes Trinkwasser führen und die Menschen mit Versicherungen und staatlichen Behörden über Entschädigungssummen verhandeln, ist es unmöglich sich vorzustellen, dass eine solche Tragödie schon bald wieder über einen Ort hereinbrechen könnte. Hoffnung und Mut zum Wiederaufbau gibt es nur, wenn man fest daran glaubt, sich nicht bald wieder ein Bett in einer Notunterkunft sichern zu müssen.

Wir in Deutschland sind nicht so existentiell von den Folgen des Klimawandels betroffen wie kleine Inselstaaten oder Küstenstädte in wärmeren Teilen der Erde. Doch auch bei uns sind die Folgen des Klimawandels kein Zukunftsszenario mehr, sondern Symptome der Gegenwart.

Lange, starke Dauerregen haben in diesem Sommer so manchem Wirt in Berlin die Umsätze verhagelt. Die Temperaturen der uns umgebenden Meere steigen an. Die Nordsee ist heute 1,5 Grad wärmer als noch vor einigen Jahrzehnten. Dies führt zu stärkeren Stürmen und verändert das Ökosystem der Nordsee. Bestimmte Fischarten können bei wärmerem Wasser nicht überleben. Die klassischen Herbststürme an Deutschlands Küsten werden öfter auftreten und insgesamt stärker werden.

Klima schützen – Kohle stoppen!

Wir können uns anpassen – wenn auch zu hohen Kosten. Viele andere werden das nicht können. Sie werden nichts mehr anbauen können, ihre Häuser nicht jedes Jahr wieder aufbauen, den Schlamm niemals aus ihren Kellern entfernen können und keinen einzigen Liter bezahlbares, sauberes Wasser finden.

Die Klimakonferenz, auf der Fragen der Anpassung an den Klimawandel und des Umgangs mit klimabedingten Schäden und Verlusten verhandelt werden, findet dieses Jahr bei uns in Deutschland statt. Eingeladen hat Fidschi – ein Inselstaat, der zu klein dafür ist, die erwarteten 20.000 Teilnehmer*innen zu beherbergen.

Die Konstellation ist besonders: Findet die Konferenz doch im Rheinland statt, einem der größten Kohlebergbaugebiete der Welt und somit einem der stärksten Verursacher des Klimawandels. Es ist zu erwarten, dass die Regierung von Fidschi die Interessen der Länder und Städte, die am meisten Zerstörung durch den Klimawandel erfahren werden, vertreten wird. Unklar ist jedoch, wie sich die Bundesregierung zu ihrer Abhängigkeit von der dreckigen Braunkohle verhalten wird.

Der BUND wird zwei Tage vor der Konferenz im Rheinland, in unmittelbarer Nähe der Kohlegruben, auf die Straße gehen und den Ausstieg aus der klimaschädlichen Kohleverstromung fordern. Es liegt in der Verantwortung der Bundesregierung, aus der Kohle auszusteigen und so das rasante Fortschreiten des Klimawandels einzudämmen.

Kommen Sie am 4. November mit uns auf die Straße!

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