Die Chancen des Mülls: Europa benötigt eine echte Kreislaufwirtschaft

24. Mai 2016 | Ressourcen & Technik

Mehr als 55 Prozent der Abfälle in Europa werden auf Deponien oder in Verbrennungsanlagen entsorgt. Dabei entstehen toxische und klimaschädliche Emissionen, die Luft, Böden sowie Meere und andere Gewässer belasten. Außerdem werden wertvolle Ressourcen vernichtet und damit auch die Chance, zahlreiche Arbeitsplätze beispielsweise in den Bereichen Reparatur und Wiederverwendung zu schaffen, erläutert der BUND-Abfallexperte Dr. Rolf Buschmann.

Abfall und Rohstoffe. Foto: airborne77 / Fotolia.com Echte Kreislaufwirtschaft braucht mehr als Recycling allein.  (airborne77 / Fotolia.com)

Durch eine funktionierende Kreislaufwirtschaft könnte die Europäische Union bis zum Jahr 2030 870.000 neue Jobs schaffen und klima­schädliche Kohlendioxid-Emissionen von bis zu 415 Mio. Tonnen einsparen.

Voraussetzung hierfür ist, dass Ressourcen im Materialkreislauf gehalten werden und die Abfallmenge über Vermeidung, intelligentes Produktdesign und die Reduktion unseres Ressourcenverbrauchs insgesamt entscheidend verringert wird.

Echte Kreislaufwirtschaft braucht mehr als Recycling allein. Wichtig wäre, das europäische Kreislaufwirtschaftspaket deutlich zu stärken. Verbindliche Ziele und ein Fokus auf Aspekte der Ab­fall­vermeidung würden zu einer effizienteren Nutzung der knappen Ressourcen beitragen, unsere Umwelt unter anderem durch Verringerung der Meeresverschmutzung besser schützen und damit auch die Lebensqualität der Bevölkerung in Europa insgesamt verbessern.

Gemeinsam mit verschiedenen europäischen Umweltschutz-Organisationen und Verbänden hat der BUND zehn elementare Maßnahmen für ein effektives EU-Kreislaufwirtschaftspaket zusammengestellt:

  1. Abfallvermeidung muss verbindlich verankert werden. Hierfür braucht es  konkrete Ziele  für eine deutliche Reduktion der Gesamtabfallerzeugung bis zum Jahr 2030 und die Festlegung einer maximalen Menge an Restabfall in Kilogramm pro EU-Bürger.
  2. Verbindliches Ziel zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen auf maximal 30 Prozent der bisherigen Menge bis zum Jahr 2018. Auch eine einheitliche Methodik ist notwendig, um bis zum Jahr 2017 die Lebensmittel-Abfallmengen entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu ermitteln.
  3. Verbindliches Ziel von mindestens 50 Prozent Reduktion bei Müll im Meer bis zum Jahr 2025 und Vermeidung von unnötigen, nicht wiederverwendbaren Verpackungen und Einweg-Kunststoffprodukten.
  4. Strengere Ziele für Recycling und Wiederverwendung: Die Recyclingquote sollte bis 2030 europaweit insgesamt 70 Prozent erreichen und speziell für Verpackungen mindestens 80 Prozent. Ergänzend müssen eigene Ziele für die Vorbereitung zur Wiederverwendung eingeführt werden, wie sie bereits in Frankreich, Spanien und Flandern existieren. So können die Lebensdauer von Produkten zu verlängert und tausende regional verankerte Arbeitsplätze  geschaffen werden.
  5. Ausnahmen von den gesetzten Recycling-Zielen darf es nur für Mitgliedstaaten geben, die eine vorgegebene stufenweise Reduktion des Pro-Kopf-Restmüllaufkommens bis zu den Jahren 2023 und 2028 erreichen. So würde zumindest die Abfallvermeidung und Getrenntsammlung in ökonomisch schwächeren Mitgliedstaaten gestärkt, auch wenn sich die Ziele im Hinblick auf Recycling und Reduktion der Abfallmenge nur zeitverzögert erreichen ließen.
  6. "Vorbereitung zur Wiederwendung" muss eindeutig definiert werden. Wenn  die  Definition im Hinblick auf die Anforderungen von Wiederverwendern außerhalb des Abfallregimes geöffnet wird, könnten überflüssige Hemmnisse abgebaut werden. Die Definition in der aktuellen Abfallrahmenrichtlinie sollte aber beibehalten werden, um Rechtsklarheit zu wahren.
  7. "Finales Recycling" sollte als der Punkt im Kreislauf definiert werden, an dem Abfälle erfolgreich in sekundäre Rohstoffe überführt wurden. Diese sollen direkt für neue Produkte genutzt werden können. So werden die tatsächlichen Recyclingraten abgebildet und eine europaweite Vergleichbarkeit der statistischen Daten wird gewährleistet.
  8. Die "Erweiterte Herstellerverantwortung" (EPR) muss Mindestanforderungen zur Priorisierung der Abfallvermeidung beinhalten. Mögliche Abgaben sollten sich an den Umweltauswirkungen von Produkten orientieren. Eigenschaften wie Haltbarkeit, Reparaturfähigkeit, Schadstofffreiheit, Wiederverwendbarkeit und Recycelbarkeit müssen zur Stärkung der oberen Stufen der Abfallhierarchie beitragen. EPR-Konzepte sollten daher sämtliche Kosten für die Sammlung und Behandlung von Abfällen beinhalten sowie weitere Aktivitäten zur Vermeidung von Müll und seiner schädlichen Umweltfolgen.
  9. Mitgliedstaaten müssen verpflichtet werden, alle recycelbaren Abfälle zu sammeln und Bioabfälle am Ort der Entstehung zu separieren. Die Formulierung von Ausnahmegründen aufgrund technischer, ökonomischer oder ökologischer Praktikabilität sollte im Kreislaufwirtschaftspaket vermieden werden.
  10. Verbot der Verbrennung von unbehandelten Abfällen, vergleichbar mit existierenden Regelungen zur Deponierung unbehandelter Abfälle.  Zudem müssen Sanktionsmaßnahmen eingeführt werden, um die Durchsetzung der Verbote zu stärken.

Mehr Informationen

Informationen und Rückfragen bei:
Rolf Buschmann
BUND-Referent Technischer Umweltschutz
Kaiserin-Augusta-Allee 5,
10553 Berlin  
Tel. (030) 2 75 86-482

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