Das EU-Assoziationsabkommen mit dem Mercosur: Frontalangriff auf bäuerliche Landwirtschaft, Menschenrechte, Umwelt- und Klimaschutz

27. Juni 2018 | TTIP / CETA

Die Europäische Union verhandelt schon seit fast 20 Jahren mit dem Mercosur (Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay) über die Beseitigung von Handelsschranken im Rahmen eines umfassenden Assoziationsabkommens. Jetzt steht es wahrscheinlich kurz vor dem Abschluss – noch in diesem Jahr wollen die Vertragsparteien sich einigen.

Sojaernte in Brasilien Sojaernte in Brasilien: Der Anbau von Soja führt zu Abholzung und Land Grabbing – und er verschärft die Klimakrise. Zudem sind fast alle Pflanzen genmanipuliert.  (charlesricardo / pixabay.com)

Die sozialen und ökologischen Folgen der Steigerung des Agrarhandels, der durch das Abkommen erzielt werden soll, wären allerdings enorm. Schon heute führt der Soja-Anbau sowie das Wachstum der Rinderherden beispielsweise in Brasilien zu massiver Abholzung, Landkonflikten und einer Verschärfung der Klimakrise.  

Soja aus dem Mercosur landet massenhaft in den Futtertrögen der europäischen Megaställe und Mastanlagen. 94 Prozent des Sojaschrots und 52 Prozent der Sojabohnen, die die EU auf dem Weltmarkt einkauft, stammen aus dem Mercosur. Die europäische Überschussproduktion von Fleisch und Milch wäre ohne die riesige Einfuhr von Soja und anderen Futtermitteln überhaupt nicht aufrecht zu erhalten.

Der transatlantische Sojahandel stellt zudem einen der wichtigsten Absatzkanäle für gentechnisch veränderte Organismen (GVOs) dar. In Brasilien entfallen 96 Prozent der Sojaanbaufläche auf genmanipulierte Pflanzen, in Argentinien sogar 99 Prozent. Einen Großteil machen Sorten des US-Konzerns Monsanto aus, der gerade durch die deutsche Bayer AG übernommen wurde.

Doch damit nicht genug: Der Mercosur entwickelt sich zugleich zu einem der größten Fleischexporteure der Welt, was sich auch auf dem europäischen Markt widerspiegelt. 73 Prozent der Rindfleischimporte und 56 Prozent der Hühnerfleischimporte in die EU stammen aus dem südamerikanischen Verbund. Das geplante Abkommen soll die gehandelten Fleischmengen nochmals massiv steigern. Damit steigt auch der Verbrauch der umweltschädlichen Gentech-Soja im Mercosur.

Mangelnde Verankerung des Vorsorgeprinzips

Darüber hinaus würde durch das Assoziationsabkommen auch das Vorsorgeprinzip geschwächt. Obgleich die EU-Kommission an dieses wichtige Prinzip gebunden ist, hat sie es nicht in dem Kapitel zu Lebensmittelsicherheit verankert. Tatsächlich findet sich im gesamten Entwurf des Vertragstextes nur eine einzige Erwähnung des Vorsorgeprinzips – bezeichnenderweise in dem nicht-sanktionsbewehrten Nachhaltigkeitskapitel.

Dieses ist weitgehend zahnlos, denn Verstöße gegen dessen Bestimmungen können nicht unter dem Staat-Staat-Streitschlichtungsmechanismus des Abkommens behandelt werden. Zudem handelt es sich bei der Erwähnung des Vorsorgeprinzips bisher nur um einen EU-Vorschlag, dem der Mercosur noch nicht zugestimmt hat.

Undemokratische Gremien als Einfallstor für Lobbyist*innen

Das Assoziationsabkommen sieht außerdem die Einrichtung eines Unterausschusses für Lebensmittelsicherheit vor, unter dem wiederum mehrere Dialoggruppen eingerichtet werden sollen. Diese befassen sich unter anderem mit Biotechnologie, Pestizidrückständen, Tierwohl und Antibiotika-Resistenzen. Teilnehmen sollen "Repräsentant*innen der Vertragsparteien mit technischer Expertise", was mithin auch Industrievertreter*innen oder Expert*innen mit Verbindungen zur Lebensmittelindustrie umfassen kann.

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