BUND-Bewertung: Lidl-Kennzeichnung für Fleisch

04. April 2018 | Massentierhaltung, Landwirtschaft

Lidl hat mit seinem "Haltungskompass" eine Kennzeichnung von Fleisch eingeführt. Hier erfahren Sie, was die einzelnen Stufen der Kennzeichnung wirklich bedeuten – und warum so eine Initiative allein nicht reicht.

"Haltungskompass" von Lidl Die vier Stufen des "Haltungskompass'" von Lidl  (obs / Lidl)

Verbraucher*innen lehnen Billigfleisch aus Massentierhaltung zunehmend ab. Die Mehrzahl ist laut einer Untersuchung des Bundeslandwirtschaftsministeriums sogar bereit, mehr zu bezahlen, wenn die Tiere artgerecht statt qualvoll gehalten werden. Nur ist es ihnen bislang unmöglich, dies zu erkennen.

Die Politik weiß das – und tut trotzdem zu wenig. Es ist ein Armutszeugnis für die Bundesregierung, dass ein Discounter wie Lidl mit seinem nun vorgestellten "Haltungskompass" weiter ist als die Politik.

Zumindest hat Lidl erkannt, dass es allein aus wirtschaftlichen Gründen nötig ist, endlich mit der Haltungskennzeichnung bei Fleischprodukten ernst zu machen. Mehr Tierwohl ist eben (auch) ein Verkaufsargument! Erstmal also gut, dass der Handel auf den Druck der Konsument*innen reagiert. Doch leider sind die Kriterien zu lasch und schwer vergleichbar. Insbesondere, wenn weitere Unternehmen mit eigenen Kennzeichnungen nachziehen sollten. Doch immerhin Lidl hat einen ersten kleinen Schritt getan. Der Druck auf die Bundesregierung darf dennoch nicht nachlassen.

Nur eine einheitliche Kennzeichnung schafft Klarheit

Statt eines undurchdringlichen Dschungels vieler unterschiedlicher Label braucht es eine verbindliche, einheitliche staatliche Haltungskennzeichnung aller tierischen Produkte. Diese muss über das angekündigte "Tierwohllabel" der Bundesregierung weit hinausgehen und sollte sich an der erfolgreichen Eierkennzeichnung orientieren. Diese hat das Kaufverhalten der Verbraucher*innen verändert und den Umbau der Legehennen-Haltung beschleunigt.

Die Einstufung bei Eiern – von 0 (für Bio-Qualität) bis 3 (für Qualhaltung) – ist etabliert und den meisten Menschen bekannt. Die von Lidl gewählten Stufen des Haltungskompass' sind jedoch leider genau gegenläufig angelegt: Die Stufe 4 bildet den höchsten Standard ab, die niedrigste Stufe 1 steht für die schlechtesten Haltungsbedingungen. Das verwirrt die Verbraucher*innen und verhindert die nötige Klarheit beim Einkauf.

So lesen Sie die Lidl-Kennzeichnung

  • Stufe 1 ("Stallhaltung"): Diese Stufe entspricht dem gesetzlichen Standard, wo z.B. das Beschneiden ("Kupieren") von Ferkelschwänzen erlaubt ist und ein Mastschweine von 110 Kilogramm nur 0,75 Quadratmeter Platz im Stall hat. Fleisch aus Massentierhaltung.
  • Stufe 2 ("Stallhaltung Plus"): Diese Stufe bietet kaum Verbesserungen zu den gesetzlichen Bestimmungen. So haben die Tiere nur zehn Prozent mehr Platz und ein Stück Holz oder eine Kordel zum kauen – echtes Tierwohl sieht anders aus! Auch hier: Fleisch aus Massentierhaltung.
  • Stufe 3 ("Außenklima"): Diese Stufe erlaubt den Tieren zumindest einen Bereich außerhalb des Stalls, wo z.B. Hühner scharren können. Für Puten und Masthähnchen bedeutet "Außenklima" jedoch noch immer keinen Auslauf im Grünen mit Strukturelementen wie Sitzstangen, Sandbädern oder Strohballen, die für Abwechslung und Beschäftigung der Tiere sorgen. Dennoch – hier gibt es deutliche Verbesserungen.
  • Stufe 4 ("Bio"): In dieser Stufe gibt es zwei parallele, verwirrende Kennzeichnungen – "Bio" und "Premium". Lidl setzt damit ökologisch erzeugte mit konventionellen Produkten gleich – obwohl zwischen beiden erhebliche Unterschiede bestehen! Bei der Erzeugung echter Bio-Produkte muss z.B. auch das Futter Bio-Qualität aufweisen und anteilig vom eigenen Betrieb oder aus der Region stammen. Trotzdem, ganz deutlich: Hier steckt mehr Tierwohl drinnen!

Wenn Fleisch, dann Bio- oder Neuland-Fleisch

Der BUND rät, generell weniger Fleisch zu essen. Und wenn Sie doch Fleisch essen, sollten Sie beim Einkauf möglichst auf Bio- oder Neuland-Fleisch zurückgreifen. Neuland bietet Fleisch von bäuerlichen Betrieben. Hier ist festgelegt, wie viele Tiere auf dem Betrieb gehalten werden dürfen. Und die Bio-Anbauverbände wie z.B. Demeter, Naturland oder Bioland setzen die höchsten Ökostandards für Fleisch

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