BUND bei Volkswagen-Aktionärsversammlung

10. Mai 2017 | Mobilität, Ressourcen & Technik

Am 10. Mai treffen sich die Volkswagen-Aktionär*innen in Hannover zur jährlichen Hauptversammlung. Der Verband der Kritischen Aktionäre hat angekündigt, Vorstand und Aufsichtsrat von VW bei der Hauptversammlung die Entlastung zu verweigern. BUND-Experte Jens Hilgenberg wird auf der Volkswagen-Aktionärsversammlung für den BUND und für den Dachverband der Kritischen Aktionäre sprechen.

Auspuff eines Autos; Foto: © nbnserge - Fotolia.com  (nbnserge / Fotolia.com)

BUND-Protestaktion für saubere Luft:

Der BUND fordert von Verkehrsminister Dobrindt: "Ziehen Sie endlich Konsequenzen aus dem Abgasskandal. Verbieten Sie den Verkauf dreckiger Dieselneuwagen!"

 

 

 

Diese Rede hat Hilgenberg in Hannover gehalten:

Sehr geehrte Aktionärinnen und Aktionäre, sehr geehrte Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats, meine Damen und Herren,

mein Name ist Jens Hilgenberg und ich spreche für den BUND e.V. und den Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre.

Der Abgasskandal ist noch lange nicht ausgestanden. Die Volkswagen AG befindet sich mittendrin. Deshalb verweigert der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre sowohl dem Vorstand als auch dem Aufsichtsrat heute die Entlastung.

Denn noch immer hält der Großteil der neu auf die Straße kommenden Diesel-Pkw ihren gesetzlichen Grenzwert für klima- und gesundheitsschädliche Stickoxide lediglich auf dem Prüfstand im Labor ein. Beim Betrieb auf der Straße stoßen diese Fahrzeuge ein Vielfaches aus. Neue Messmethoden ab Herbst dieses Jahres werden in diesem Zusammenhang nur nach und nach Verbesserungen bewirken, denn die verbesserten Regelungen gelten nur für neu auf den Markt kommende Modelle. Die im Realbetrieb hoch emittierenden Euro-6-Fahrzeuge, für die zu diesem Zeitpunkt bereits eine Typgenehmigung besteht, dürfen nach aktueller Rechtslage noch bis mindestens 2019 verkauft werden.

Vorstand und Aufsichtsrat müssen sich in diesem Zusammenhang fragen lassen, ob sie es vertreten können, weiterhin fabrikneue Fahrzeuge mit überhöhten Realemissionen zu verkaufen. Nicht alles, was legal erscheint, ist auch legitim.

Ich frage in diesem Zusammenhang: Wann werden alle von der Volkswagen AG verkauften neuen Dieselfahrzeuge den zukünftigen Anforderungen von maximal 168 mg NOx pro Kilometer nach "Real Driving Emissions" (RDE) entsprechen?

Wenn die Konzernspitze ihre im Nachhaltigkeitsbericht beschriebenen zentralen Handlungsfelder "gesellschaftliche Verantwortung" und "Gesundheit" ernst nimmt, muss sie gewährleisten, dass alle fabrikneuen Fahrzeuge des Konzerns den Anforderungen für ab diesem Herbst neu auf den Markt kommenden Modelle entsprechen. Anderenfalls machen sich Vorstand und Aufsichtsrat auch weiterhin mitschuldig an den hohen Stickoxid-Belastungen und den damit verbundenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Bürgerinnen und Bürger.  

Gleiches gilt für den gesamten Bereich der Nachrüstung von Altfahrzeugen. Hier kann man von einem Konzern wie der Volkswagen AG erwarten, dass wirksame Lösungen zur Reduzierung der hohen Stickoxid-Emissionen entwickelt werden. Reine Software-Lösungen wie sie bei der offiziellen Rückrufaktion des Kraftfahrtbundeamtes zum Einsatz kamen, reichen in diesem Zusammenhang nicht aus. Kunden, die vor zwei oder drei Jahren fabrikneue Fahrzeuge erworben haben, haben unserer Meinung nach ein Recht auf Nachrüstung durch die Hersteller. Wenn VW eine wirksame Nachrüstung der Euro 5 und Nachbesserung der Euro 6 Diesel-Pkw nicht gewährleisten kann, muss der Konzern die Fahrzeuge wie in den USA zurückkaufen. Alle VW-Kunden haben ein Recht darauf, dass Fahrzeuge ihre Grenzwerte nicht nur im Labor einhalten!

Ich frage: Gibt es Pläne der Volkswagen AG, die Besitzer von Euro 5 und Euro 6-Dieselfahrzeugen des Konzerns bei der Nachrüstung mit wirksamen Abgasnachbehandlungssystemen zu unterstützen? Wenn ja, wie soll diese Unterstützung aussehen? Wenn nein, warum nicht?

Ich habe es vor einiger Zeit bei Daimler gesagt und ich werde es morgen auch bei BMW in München sagen: Die Hersteller sind es, die mit ihrer noch immer andauernden Nichteinhaltung der Stickoxid-Grenzwerte bei Diesel-Pkw die Verantwortung dafür tragen, dass Städte jetzt als letztes Mittel Fahrverbote verhängen müssen. Und sie tragen auch die Verantwortung dafür, dass Kunden, die sich noch vor zwei Jahren einen fabrikneuen Euro-5-Diesel gekauft haben, bald nicht mehr in die hochbelasteten Innenstädte von Stuttgart, München, Düsseldorf oder Hamburg fahren dürfen!

Wenn in der Diskussion um mögliche Fahrverbote für Dieselfahrzeuge oder die Einführung einer Blauen Plakette auch von Herrn Müller immer wieder darauf verwiesen wird, dass wir den Diesel zum Erreichen der Klimaschutzziele brauchen, geht das nicht nur an der Diskussion um die Luftqualität in den Städten vorbei. Meine Damen und Herren, dieser Vorstand erweckt den Anschein, man müsse zur Reduktion der Klimagase die gesundheitliche Belastung durch Stickoxide in Kauf nehmen.

Was wir zum Erreichen der Klimaziele in Deutschland und Europa brauchen sind aber nicht noch mehr große und schwere Diesel-SUV. Wir brauchen vielmehr neue Fahrzeugkonzepte, die kleiner, leichter, sparsamer und vor allem emissionsfrei sind. Also hören Sie im Vorstand bitte auf, die gesellschaftlichen Klimaziele als Legitimation für weitere Investitionen in den Dieselantrieb heranzuziehen. Seien Sie ehrlich und sagen, wir brauchen den Diesel um in Zukunft in Europa noch mehr SUVs verkaufen zu können.     

Richtig ist: Der Diesel hätte das Potential gehabt, die CO2-Ausstöße der Pkw-Flotte zu reduzieren. Praktisch wurde der Diesel aber dazu genutzt, dass immer größere, schwerere und leistungsstärkere Modelle auf unsere Straße kamen und kommen. Dies und gestiegene Fahrleistungen der Diesel-Pkw haben dafür gesorgt, dass die CO2-Emissionen des Pkw-Verkehrs in Deutschland von 107 Millionen Tonnen in 2008 auf 112 Millionen Tonnen in 2015 gestiegen sind.

Deshalb frage ich auch die Anteilseigner wie das Land Niedersachsen, wie sie eine Investitionen von weiteren zehn Milliarden Euro in den nächsten fünf Jahren in die Weiterentwicklung der Dieseltechnologie absegnen können. Vor allem wenn gleichzeitig ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik läuft, weil zu viele schmutzige Diesel in unseren Städten unterwegs sind.

Die von VW geplante Imagekampagne "Pro Diesel" unterstreicht, dass VW nach wie vor Teil des Problems und nicht der Lösung ist. Statt zu versuchen, eine sterbende Technologie mit viel Geld fit für ein paar wenige weitere Jahre zu machen, sollte die Volkswagen AG dieses Geld lieber in zukunftsfähige Geschäftsfelder investieren.

Vielen Dank

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