BUND bei Daimler-Aktionärsversammlung

29. März 2017 | Mobilität

Vor kurzem wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Stuttgart gegen den Daimler-Konzern wegen des Verdachts auf Abgas-Manipulationen bei Dieselautos ermittelt. Im Schatten dieser Enthüllung findet am 29. März die Aktionärs-Hauptversammlung von Daimler in Berlin statt. Der BUND ist dabei.

BUND-Verkehrsexperte Jens Hilgenberg vor der Daimler-Hauptversammlung in Berlin.

Rede von Jens Hilgenberg, BUND-Verkehrsexperte

Sehr geehrte Aktionärinnen und Aktionäre, sehr geehrte Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats, meine Damen und Herren,

mein Name ist Jens Hilgenberg und ich spreche hier und heute für den BUND e.V. und den Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre.

"Wir brauchen den Diesel, um unsere Klimaziele zu erreichen". Dieser Satz wird fast schon mantraartig vorgetragen, von der Politik wie von den Konzernen. Gleichzeitig stellt sich vor dem Hintergrund hoher Stickoxidemissionen in den Städten die Frage: Wie geht es weiter mit dieser Technologie? Wie geht es weiter mit dem von Daimler so hoch gelobten "Clean Diesel"?

Klar ist: Theoretisch hätte der Diesel das Potential gehabt, die fahrzeugspezifischen CO2-Ausstöße bei den Pkw zu reduzieren. Praktisch wurde der Diesel aber dazu genutzt, dass immer größere, schwerere und leistungsstärkere Modelle auf unsere Straße kamen und kommen. Dies und gestiegene Fahrleistungen der Diesel-Pkw haben dafür gesorgt, dass die CO2-Emissionen des Pkw-Verkehrs in Deutschland von 107 Millionen Tonnen in 2008 auf 112 Millionen Tonnen in 2015 gestiegen sind.

Dass darüber hinaus große Teile der aktuellen Diesel-Pkw aller Hersteller, also auch die der Daimler AG, ihre gesetzlichen Grenzwerte für Stickoxide bestenfalls auf dem Prüfstand im Labor, nicht jedoch auf der Straße einhalten, sorgt für anhaltende Belastungen in unseren Städten. Diese haben darauf vertraut, dass sich durch die Flottenerneuerung hin zu Euro 6 die Situation entschärfen würde, die NO2-Grenzwerte also eingehalten würden. Dies ist allerdings nicht geschehen – und so leiden die Bewohnerinnen und Bewohner in den Städten nach wie vor unter massiven gesundheitlichen Schädigungen, verursacht durch Dieselabgase.

Hersteller wie Daimler tragen durch ihre Praxis der Abschaltung der Abgasnachbehandlung im Realbetrieb die Verantwortung für diese Belastungen. Selbst wenn die von der Daimler AG gewählte Praxis legal sein sollte, ist sie moralisch nicht akzeptabel.

Und ich will es auch hier noch einmal klar sagen: Hersteller wie Daimler tragen auch die Verantwortung dafür, dass Städte als letztes Mittel Fahrverbote verhängen müssen und Kunden der Daimler AG, die sich noch vor zwei Jahren einen fabrikneuen Euro-5-Diesel gekauft habe, bald nicht mehr in die hochbelasteten Innenstädte von Stuttgart, München oder Düsseldorf fahren dürfen!

"Bei uns wird nicht manipuliert" – wirklich nicht?

"Bei uns wird nicht manipuliert", damit wird Herr Zetsche gerne zitiert. Warum aber gab es dann eine "freiwillige" Rückrufaktion beim V 250 mit Euro 6 der bei Untersuchungen des Bundesverkehrsministeriums mit 312 mg/km bei der RDE-Fahrt aufgefallen war? Was wurde bei diesen Fahrzeugen verändert und wie hoch sind die Werte im Realbetrieb nach der Nachbesserung?

Als Antwort auf unseren Gegenantrag wurde aufgeführt, dass die Daimler AG mit dem OM 654 einen Motor im Angebot hat, der die Emissionsgrenzwerte für NOx von 168 mg/km RDE erfüllt. Gehe ich also recht in der Annahme, dass alle anderen in Pkw der Daimler AG eingesetzten Motoren den Wert 168 mg/km NOx RDE nicht erfüllen, sondern deutlich höhere NOx-Emissionen im Realbetrieb aufweisen?

Die Daimler AG hat drei Milliarden Euro in die Entwicklung eines sauberen Dieselmotors gesteckt und sieht sich damit gut gerüstet für die nächsten Jahre. Doch für den wichtigen Weltmarkt ist diese Investition mehr als entbehrlich. Der Dieselantrieb wird in erster Linie benötigt, um die steigende Zahl der SUV-Modelle und Großkombis überhaupt noch in Europa auf den Markt bringen zu können. Auf den starken Märkten wie China und Nordamerika spielt der Diesel ohnehin keine Rolle und wird dies nach Aufklärung aller Sachverhalte des Abgasskandals auch zukünftig nicht tun.

Deshalb muss sich der Vorstand fragen lassen, ob er mit solch hohen Investitionen in die Weiterentwicklung eines nur lokal verkäuflichen Antriebs wie dem Dieselmotor die Zeichen der Zeit nicht verkennt. Statt in moderne Antriebstechnik zu investieren, wird eine alte Technik mit viel Aufwand fit für ein paar weitere Jahre gemacht. Gleichzeitig muss im Bereich der Elektroautos die Technik noch immer zugekauft werden. Bei der elektrischen B-Klasse kommen die Komponenten von Tesla, beim neuen elektrischen Smart kommt der Antrieb von Renault.

Eine Führungsrolle in Sachen Elektroauto und Mobilität der Zukunft sieht meines Erachtens anders aus.

Vielen Dank!

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