Ausstieg 2030: Kohle in der Erde lassen – Unsicherheiten abbauen

07. Februar 2023 | Kohle, Energiewende

Der Druck auf Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt steigt. Selbst für die Bundesnetzagentur ist laut neuestem Bericht die Stromversorgung ungefährdet, wenn ab 2030 die Braunkohlebagger ruhen. Was steht uns also noch im Weg? Ein Gespräch mit Stephanie Maier, Landesgeschäftsführerin vom BUND Sachsen.

Die meisten Menschen in Deutschland haben noch nie einen Tagebau gesehen. Wir würdest du deine erste Begegnung beschreiben?

Ich war komplett überwältigt von den enormen Ausmaßen, die der Bergbau mit sich bringt und welche Auswirkungen das auf die Natur, Umwelt und Landschaft hat. Die riesigen Krater und Maschinen wirken dystopisch. Der Eingriff des Menschen wird zum bestimmenden Faktor: Hallo Anthropozän! – dachte ich.

Lützerath hat das Thema Braunkohle wieder in den Fokus der Öffentlichkeit gestellt. Bewegt das die Menschen in Sachsen wieder, die eigene Förderung zu hinterfragen?

Die Offenheit und die Zustimmung für eine naturverträgliche Energiewende in Sachsen nehmen nicht nur seit diesem Jahr zu. Das zeigt eine Studie des sächsischen Umweltministeriums. Die große Mehrheit der sächsischen Bevölkerung akzeptiert Windkraft – in der Stadt wie auf dem Land. Zugleich existieren auch Beharrungskräfte an Altbekanntem, weil tiefgreifende Veränderungen immer erstmal zu Unsicherheiten führen. Darum ist es entscheidend, die anstehende sozial-ökologische Transformation des kohlegeprägten Bundeslandes transparent, partizipativ zu gestalten und nachhaltig und gerecht umzusetzen. Nur so lassen sich positive Impulse in den Regionen vor Ort erzeugen und Unsicherheiten abbauen. 

Der Bund möchte früher die Braunkohle loswerden. Wie schätzt du die Lage ein? Ist ein Ausstieg 2030 in Sachsen realistisch?

Aus ökologischer Perspektive ist es indiskutabel, die klimaschädliche Kohleverstromung spätestens 2030 zu beenden. Ökonomisch spricht ebenfalls viel dafür, dass die Kohleabbaggerung kein gewinnbringendes Zukunftsmodell mehr ist. Die sächsische Kenia-Koalition ist in der Frage gespalten. Vor allem die CDU pocht darauf, am beschlossenen Kohleausstiegsdatum 2038 festzuhalten, wohingegen die Grünen einen früheren Ausstieg anvisieren.

Letztlich hängt das Ende der Kohle in Sachsen auch am fortschreitenden Strukturwandel in den alten Bergbauregionen sowie dem konsequenten Ausbau der erneuerbaren Energien in Sachsen ab. Das sind Projekte, bei denen noch viele Herausforderungen anzugehen sind.

Geht Sachsen in die Geschichte als letztes Bundesland, das ein Dorf abbaggert, ein? Wie stehen jetzt die Chancen für Mühlrose?

Laut dem grünen Umweltminister Wolfram Günther wird Mühlrose nicht das neue Lützerath. Grund sei, dass es derzeit noch keine Genehmigung für das Abbaufeld gebe und somit keine rechtskräftige Entscheidung vorliege – wie das in NRW der Fall ist. Es ist politisch also noch viel beim Thema Mühlrose möglich.

Darum fordern wir auch ein klares Bekenntnis des sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer und seiner gesamten Regierungskoalition, dass es zu keiner Abbaggerung des Ortes kommen wird. Wir müssen uns als BUND gemeinsam mit der Klimagerechtigkeitsbewegung 2023 für eine zukunftsgewandte Energiepolitik in Sachsen stark machen – so erhöhen wir auch die Chance, dass Mühlrose bleibt.

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