2017 ist Wahljahr – der BUND fragt Thomas Oppermann nach den umweltpolitischen Positionen seiner Partei

12. August 2017 | BUND, Bundestagswahl

Anlässlich des Wahljahrs 2017 befragt Severin Zillich, Redakteur des BUNDmagazins, Fraktionsvorsitzende der im Bundestag vertretenen Parteien zu Umwelt- und Energiethemen. Es folgt das Interview mit Thomas Oppermann, Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion.

Thomas Oppermann, SPD. Foto: thomasoppermann.de Thomas Oppermann, SPD  (thomasoppermann.de)

Herr Oppermann, "Der Himmel über dem Ruhrgebiet muss wieder blau werden" – das war eine Forderung von Willy Brandt von 1961. 50 Jahre später lobte ihn das Um­weltbun­des­amt dafür, denn er habe damit auf die Schat­tenseiten des deutschen Wirtschaftswunders aufmerksam gemacht. Sieht sich die SPD noch immer in dieser Tradition?

Oppermann: Selbstverständlich. Die SPD hat es sich sehr früh zum Ziel gemacht, soziale Ge­rech­­tig­­keit, wirtschaftlichen Erfolg und Um­welt­­schutz in Einklang zu brin­gen. Das ist bisher auch in allen sozialdemokratischen Regie­run­gen ge­lun­gen.

Aus dem SPD-geführten Bundeswirt­schafts­ministeri­um kam vor kurzem der Vorstoß zur Einrichtung einer "Kohlereserve", wo im Stand-By-Modus gehaltene Kohlemeiler Geld dafür bekommen, dass sie keinen Strom liefern. Wohin will die SPD künftig bei diesem Thema steuern? Will sie den sozialverträglichen klimafreundlichen Strukturwandel in den Kohlerevieren fördern oder will sie sich auf die Seite der Kohleindustrie und deren Interesse an einer Verzögerung des Kohleausstiegs stellen?

Oppermann: Wir haben von Beginn an den sozialverträglichen klimafreundlichen Struk­turwan­del unterstützt. Gleichzeitig war uns bewusst, dass wir beim von allen beschlossenen Atomausstieg auf drei Aspekte setzen müssen: Bezahlbarkeit, Versorgungssicher­heit und Umweltverträg­lichkeit.

Aus seiner Zeit als Bundeswirtschaftsminister stammt Sigmar Gabriels Ansage, man müsse "auch international dem entgrenzten Kapitalismus Regeln setzen". Dem möchte man gern zustimmen, wäre da nicht die Auseinandersetzung um CETA, das Freihandelsabkommen der EU mit Kanada. Damit werden aus unserer Sicht einem ungezügelten Kapitalismus eher die Grenzen erweitert. Und während internationale Konzerne Rechte vor Sondergerichten künftig einklagen können, werden ihnen soziale und ökologische Pflichten in lediglich unverbindlichen und freiwilligen Verein­ba­run­gen abverlangt. Wie sollten Ihrer Ansicht nach die "Regeln für den entgrenzten Kapitalismus" oder Leitplanken für die Gestaltung der Weltwirtschaft aussehen?

Oppermann: CETA ist ein zielführendes wegweisendes Handelsabkommen, das die Beziehungen mit Kanada intensivieren wird und unsere Standards und Normen in Europa nicht absenken wird. Gerade kleine und mittelständische Betriebe werden von dem Abkommen profitieren. Das ist gut für den Erhalt der Arbeitsplätze in Deutschland und Europa. Die in EU-Zuständigkeit liegenden Regelungen in CETA werden erst nach dem Ratsbeschluss auf EU-Ebene und nach einem zustimmenden Votum des Europäischen Parlamentes vorläufig in Kraft treten. Die Bereiche, die nicht vergemeinschaftet sind, werden erst nach dem erfolgreichen Abschluss der nationalen Ratifizierungsverfahren in Kraft treten.

Die Diskussionen um die von Ihnen erwähnten Schiedsgerichte gehören längst der Vergangenheit an. Das hat Sigmar Gabriel durchgesetzt. Die Europäische Union, die EU-Mitgliedstaaten und Kanada streben nun an, das Investitionsge­richt durch einen ständigen multilateralen Investitionsgerichtshof zu ersetzen (Art. 8.29, S. 135). Da CETA als gemischtes Abkommen eingestuft ist, werden wir einer vorläufigen Anwendung der Regelungen zum Investitionsschutz und zu Investitionsstreitver­fahren nicht zustimmen.

Herr Oppermann, wie wäre es, wenn Deutschland dafür wirbt, dass die aktuell in Verhandlung befindlichen Freihandelsabkommen inklusive der Sondergerichtsbarkeit auf Eis gelegt werden? Anschließend könnte man sich im Rahmen der deutschen G20-Präsidentschaft in 2017 für Initiativen zur Zusam­menfüh­rung von Investitionsschutz-Aspekten, Menschenrechten und sozial-ökologischen Standards einsetzen. Was halten Sie von einem solchen Schritt zur sozialen und ökologischen Gestaltung der Weltwirtschaft?

Oppermann: Mit der SPD wird es keine Freihandelsabkommen geben, die sich in irgendeiner Form negativ auf unsere sozialen und ökologischen Standards auswirken werden. Zudem setzen wir uns seit vielen Jahren dafür ein, dass sich Großkonzerne zu ökologischen und sozialen Zielen verpflichten.

Herr Oppermann, auf Ihrer Webseite heißt es über Sie: "In der Region ist der Abgeordnete nicht nur mit Kultur und Wissenschaft vertraut. Er hält auch engen Kontakt mit den Unternehmen und unterstützt ihre Anliegen auf politischer Ebene." Angesichts des immer noch laufenden "Diesel-Skandals" - wie sehen Sie die sozial-ökologische Verantwortung von Unternehmen, reichen deren freiwillige Selbstverpflichtungen zur Unternehmensverantwortung aus bzw. an welchen Stellen müssten diese nachgebessert werden?

Oppermann: Zweifelsfrei trägt jedes Unternehmen auch eine gesellschaftliche Verantwortung. Gerade die SPD setzt sich fortlaufend dafür ein, dass sie dieser auch gerecht werden. Ein aktuelles Beispiel dafür ist unser Gesetzentwurf zur Angemessenheit von Vorstandsvergütungen und zur Beschränkung der steuerlichen Absetzbarkeit.

Sigmar Gabriel und Barbara Hendricks erwarben sich in ihrer Zeit als Bundesumweltminister/in beim Schutz der Verbraucher vor riskanten Chemikalien oder beim Klimaschutz bleibende Verdienste. Sollte in einer künftigen Bundesregierung dieses Ressort erneut an die SPD gehen, welche Themen sollten Ihrer Meinung nach stärkere Beachtung finden?

Oppermann: Für uns haben alle bundespolitischen Themen eine hohe Bedeutung, das gilt gleichermaßen für die Ministerien, die sich mit diesen Themen beschäftigen. Unsere Ziele für die kommenden Jahre werden wir in den kommenden Monaten klar definieren und sie anschließend der Öffentlichkeit vorstellen.

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