Rückzugsräume für Wildnis schaffen

Ein Gespräch mit Olaf Bandt, Vorsitzender des BUND Bundesverbandes und des Stiftungsrats der BUNDstiftung.

Olaf Bandt Olaf Bandt, Vorsitzender des BUND und des Stiftungsrates der BUNDstiftung  (Simone Neumann)

„Lebendige Auen für die Elbe“ – mit diesem Projekt hat der BUND einen bundesweiten Leuchtturm für Erhalt und Entwicklung naturnaher Auen geschaffen. Die rund 400 Hektar große Hohe Garbe ist nun wieder an die natürliche Überflutung der Elbe angeschlossen und zählt zu den vier größten Projekten dieser Art in Deutschland. Was hat die BUNDstiftung zum Gelingen dieses besonderen Projektes beigetragen?

Olaf Bandt: Ein Teil der Flächen in der Hohen Garbe hatte schon zu Projektbeginn eine sogenannte „Zweckbindung Naturschutz“. Doch erst durch den Ankauf der mittlerweile 87 Hektar mit Mitteln des Projektes, aber eben auch mit Geldern der BUNDstiftung war es möglich, die wertvollen Gebiete flächendeckend aus der Nutzung zu nehmen, sie zusammen zu legen und sie so langfristig für den Naturschutz zu sichern. Zusammen mit weiteren getauschten Flächen ergibt das mehr als 100 Hektar. Das sind übrigens auch wesentlich mehr als die ursprünglich geplanten rund 50 Hektar – ein schöner Erfolg!

Warum ist es so wichtig, dass diese Flächen nun der BUNDstiftung gehören?

Eine Stiftung eignet sich als Eigentümerin besonders gut, um über ihren Kapitalstock bzw. die daraus anfallenden Zinsen auch die Folgekosten, wie zum Beispiel für Nachpflanzungen dauerhaft abzusichern. Zudem sind die Flächen nun dauerhaft geschützt. Wir können sie im Sinne des Naturschutzes entwickeln. Wir können also Bäume pflanzen, um die Auwaldentwicklung zu fördern oder beispielsweise das Gebiet einer natürlichen Entwicklung überlassen. Die BUNDstiftung möchte der Natur also bewusst freien Lauf lassen und dem fortschreitenden Verlust der Artenvielfalt Rückzugsräume für Wildnis entgegenstellen. Damit sind wir bei dem wichtigsten Ziel der Stiftung: Wir übernehmen gesellschaftliche Verantwortung indem wir dazu beitragen, die heimische Artenvielfalt für nachfolgende Generationen zu bewahren.

Damit diese Wildnis entstehen kann, haben einige Land- und Forstwirte für sie wichtiges Land abgegeben.

Zum Glück konnten wir im Rahmen des laufenden Bodenordnungsverfahrens auch Tauschflächen außerhalb der Hohen Garbe erwerben. Für manche ist die Arbeit dadurch vielleicht sogar einfacher geworden, da sie die Flächen besser erreichen können oder dort das Risiko durch Hochwasser geringer ist. Klar ist: Ohne die Bereitschaft der ehemaligen Flächeneigentümerinnen und -eigentümer zu verkaufen bzw. zu tauschen und damit zu diesem für die biologische Vielfalt immens wichtigen Projekt beizutragen, wäre dies so nicht gelungen. Daher möchte ich an dieser Stelle meinen herzlichen Dank dafür aussprechen!

Beschäftigten in der Land- und Forstwirtschaft sowie dem ländlichen Raum generell kommt also eine wichtige Rolle beim Artenschutz zu.

Ja! Wie die Flächen bewirtschaftet werden, wirkt sich auf die Lebensräume vieler Arten aus, aber auch auf unsere Wasserqualität und nicht zuletzt auf das Klima. Die Beschäftigten in der Forst- und Landwirtschaft in der Hohen Garbe haben hier in beispielhafter Weise Verantwortung für die Natur übernommen.  Derzeit wird vor allen eine Landwirtschaft honoriert, die dem Schutz dieser allgemeinen, für die gesamte Gesellschaft wichtigen Ressourcen und Güter, entgegensteht.

Elbufer in der Hohen Garbe (Dieter Damschen)

Die staatliche Förderung der Landwirtschaft hat den Naturschutz leider nur am Rande zum Ziel. Da braucht es eine neue politische Weichenstellung. Wie könnte diese aussehen?

Es muss für Landwirtinnen und Landwirte wirtschaftlich attraktiv werden, zu Artenvielfalt, Klimaschutz und sauberem Wasser beizutragen. Das heißt vor allem, es muss sich für sie finanziell rechnen, statt großflächiger Monokulturen kleinräumigere, vielfältigere Kulturen anzulegen und zum Beispiel Blühstreifen anzupflanzen. Ebenso muss es sich für sie lohnen, weniger Dünger auszubringen und weniger Pestizide einzusetzen. Nur so werden sich einerseits die Qualität unseres Grund- und Trinkwassers und des Meerwassers verbessern und andererseits das massive Insektensterben eindämmen lassen. Und sie sollten nicht mehr auf eine Massentierhaltung angewiesen sein, die, so wie sie derzeit betrieben wird, entscheidend zum Klimawandel beiträgt.

Eine Wirtschaftsform, von der die meisten Landwirte derzeit nicht leben können.

Genau. Es funktioniert nur – und das ist das alles Entscheidende – wenn sie davon gut leben können. Ihre Arbeit muss also entsprechend anerkannt und honoriert werden. Dazu ist ein breiter Prozess in allen Bereichen unseres Lebens und Arbeitens notwendig hin zu einer sozialeren und ökologischeren Gesellschaft. Es muss uns allen bewusstwerden, dass der Großteil der Flächen in Deutschland land- oder forstwirtschaftlich genutzt wird und daher hier eine große Verantwortung bei der gesamten Gesellschaft liegt. Flächen also so zu bewirtschaften, dass die biologische Vielfalt und die Lebensgrundlagen auch für künftige Generationen erhalten bleiben. Dieses gesellschaftliche Umdenken anzuschieben und zu begleiten, auch in anderen wirtschaftlichen Bereichen, ist eine der zentralen Aufgaben für den BUND in den kommenden Jahren und Jahrzehnten.

Im konkreten Naturschutz gibt es aber noch weitere Projekte, in denen sich die BUNDstiftung engagiert.

Ja, die Stiftung arbeitet seit vielen Jahren Hand in Hand mit großen, bundesweit relevanten Naturschutzprojekten oder initiiert selber welche. So haben wir in der Goitzsche, einem ehemaligen Braunkohletagebau in Sachsen-Anhalt, aus einer wüsten Kraterlandschaft ein ganz eigenes Naturschutz- und Umweltbildungs-Projekt geschaffen. Außerdem unterstützen wir auch das BUND-Besucherzentrum Burg Lenzen, wo wir für alle Altersstufen naturnahe Auen erlebbar machen und viele Informationen zum Thema Auen und Naturschutz bereitstellen. Auch zum Schutz der Wildkatze konnten wir viele Flächen kaufen, auf denen durch das Anpflanzen neuer Bäume und mit dem Engagement vieler Ehrenamtlicher wichtige Wanderkorridore für die bedrohte Tierart entstanden sind. Und am Grünen Band entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze konnte die Stiftung mit Flächenkäufen zu Deutschlands größtem und wichtigsten Biotopverbund beitragen.

Wie soll es denn an der Elbe und dieser Region weiter gehen nach dem Abschluss des Projektes? Wird sich die Stiftung weiterhin engagieren?

Wir sind als BUND mit dem Auen- und Besucherzentrum auf Burg Lenzen ja gut in der Region  verankert. Und mit der Deichrückverlegung in der Lenzener Elbtalaue – die übrigens die erste große in Deutschland war – und nun mit dem Wiederanschluss der Hohen Garbe an die Elbe sind zwei der oben genannten vier großen Projekte dieser Art hier vor Ort. Eine ist ebenfalls an der Elbe, weiter flussaufwärts im Lödderitzer Forst. Aufgabe in den kommenden Jahren wird es sein, diese wertvollen Gebiete weiter miteinander zu vernetzen. Dazu wird die BUNDstiftung gerne ihren Beitrag leisten.

Das Gespräch führte Katrin Evers (BUND Bundesverband | Naturschutzgroßprojekte)

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Guido Weidner

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