Wirtschaftsausschuss berät über Bundesbedarfsplan: BUND fordert dezentrales Energiekonzept statt überdimensionierten Netzausbau

16. November 2020 | Energiewende

Berlin. Anlässlich der Anhörungen zum Bundesbedarfsplan im Wirtschaftsausschuss fordert der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) die Entwicklung, Planung und Umsetzung eines dezentralen Energiekonzepts in Deutschland. Die bisherigen Netzentwicklungspläne erfüllen diese Anforderung nicht. Weder das Bundeswirtschaftsministerium noch die Bundesnetzagentur haben je ausgiebig und konstruktiv ein dezentrales Energiekonzept für Deutschland untersucht. Ein solcher Datensatz fehlt in Deutschland. Der vorliegende Entwurf des Bundesbedarfsplangesetzes darf daher so nicht verabschiedet werden. Stattdessen muss ein Planungs- und Gesetzgebungsprozess für ein dezentrales Energiekonzept in Deutschland gestartet werden.

Herbert Barthel, Referent für Energie und Klimaschutz beim BUND Naturschutz in Bayern, forderte in der Anhörung: "Basierend auf einer öffentlichen strategischen Umweltprüfung muss eine Alternativenprüfung für ein dezentrales Energiesystem in Deutschland vorgenommen werden. Nur ein dezentrales Energiemarkt- und Strommarktdesign wird den Belangen eines dynamischen Ausbaus von Wind und Sonne verteilt über Deutschland gerecht." Das erfordert eine andere Netzentwicklungsplanung für das Übertragungsnetz und entsprechend ein völlig anderes Bundesbedarfsplangesetz. 

Das Bundesbedarfsplangesetz (BBPlG) erfüllt die Anforderungen einer dezentralen Energiewende mit dem Ziel 100 Prozent erneuerbare Energien in der Hand von Bürgerinnen und Bürgern und Kommunen nicht. Doch nur so kann eine naturverträgliche und sozial gerechte Energiewende gelingen. Durch einen überdimensionierten Netzausbau führt das BBPlG zu unnötig hohen Kosten und vermeidbaren erheblichen Belastungen von Umwelt und Natur.

Bei dem vorgelegten Entwurf fehlt eine Alternativen-Prüfung, welche die Kosten für die Verteilung von Strom über lange Strecken und die Leitungskosten berücksichtigt. Zudem werden Kosten der Umweltbelastungen und deren Kompensationsmaßnahmen für den Ausbau großer Leitungen gar nicht erst betrachtet. Der geplante Übertragungsnetzausbau bietet kaum Lösungen für Versorgungssicherheit ("Dunkelflaute"). Er betrachtet nicht den regionalen Ausgleich von Erzeugung und Lieferung mittels Speichern und Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen. Zudem fokussiert er auf die Vermarktung auch der letzten Kilowattstunde Strom. Dieses Denken entspricht der alten Energiewelt mit zentralen Großkraftwerken. 

Die großflächige Weiterleitung aller auftretenden Spitzen elektrischer Leistung wird zukünftig in einem System mit 100 Prozent vorwiegend Wind- und Sonnenstrom aus technischen und physikalischen Gründen nicht machbar sein – oder nur mit horrenden Kostensteigerungen. Wird der vorliegende Entwurf des BBPlG umgesetzt, sind Mehrkosten in Milliardenhöhe für die kommenden Netzumlagen die Folge. Diese Mehrkosten müssen vor allem die kleinen Verbraucher über die Netzgebühren zahlen, nur zu einem geringen Anteil dagegen Industrie und Großverbraucher. Das führt zu einem Anstieg sozialer Ungerechtigkeiten für Strom- und Energiekosten. 

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