Lenzen/Berlin. Zwischen Magdeburg und Hamburg kann die Elbe jetzt wieder weite Teile eines alten Auwaldes überfluten. So bleibt dort dieser seltene und besonders artenreiche Lebensraum langfristig erhalten. Im Auftrag des BUND-Auenzentrums und gefördert im Bundesprogramm Biologische Vielfalt, hoben Bagger in den vergangenen Monaten alte Flutrinnen aus und öffneten an mehreren Stellen einen nicht mehr funktionstüchtigen Deich. Nun sind die praktischen Arbeiten im Rahmen des Projektes "Lebendige Auen für die Elbe" weitestgehend abgeschlossen, sodass schon bei leichtem Hochwasser der Fluss wieder in das rund 400 Hektar große Gebiet der Hohen Garbe, gelegen im Biosphärenreservat Mittelelbe, einströmt.
"Nach vielen Jahren der Vorbereitung ist es endlich soweit: Die Elbe kann wieder in ihre Aue fließen und sie gestalten", sagt Olaf Bandt, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). "Wir leisten damit einen wichtigen Beitrag zum Arten-, Klima- und Hochwasserschutz sowie zur Gewässerqualität."
Denn nur wenn der Fluss die Aue regelmäßig überflutet, entsteht das typische Mosaik aus Sandbänken, offenen Wiesen mit Tümpeln und Auwald. Dann finden dort zahlreiche seltene und geschützte Insekten-, Vögel-, Amphibien- und Fischarten sowie Säugetiere einen Lebensraum. Die üppige Vegetation und die Böden speichern viel des klimaschädlichen Kohlendioxids (CO2). Insgesamt, so hat die TU Berlin im Rahmen des Projektes berechnet, entzieht die Hohe Garbe der Atmosphäre nun jährlich 365,3 Tonnen CO2 zusätzlich, dies entspricht dem durchschnittlichen CO2-Jahresverbrauch von gut 31 Bundesbürgern.
Weiterhin halten naturnahe Auen bei Hochwasser die Fluten lange zurück, da der Fluss sich hier ausbreiten kann. Böden und Pflanzen reinigen außerdem sein Wasser, indem sie Schad- und überschüssige Nährstoffe binden.
"Ein schöner Erfolg unseres Bundesprogramms Biologische Vielfalt", freut sich Beate Jessel, Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz (BfN). Das BfN fördert das Projekt "Lebendige Auen für die Elbe" im Rahmen des größten Förderprogramms für den Naturschutz in Deutschland. "Hier zeigt sich wunderbar, welche vielfältigen Funktionen naturnahe Auen für die Gesellschaft übernehmen und wie wichtig es ist, diese Lebensräume zu bewahren und auszuweiten. Denn in den vergangenen Jahrhunderten wurden sie durch Begradigungen der Flüsse und Deichbau stark zurückgedrängt." Naturnahe Auen nehmen an den großen deutschen Flüssen nur noch rund 15 Prozent ihrer ursprünglichen Fläche ein, alte Hartholzauwälder wie in der Hohen Garbe sogar nur noch drei Prozent. "Es ist also immens wichtig, dass weitere Flüsse und Flussabschnitte wieder mehr Raum bekommen und naturnahe Auen sich entwickeln können", ergänzt Olaf Bandt. "Daran werden wir auch in kommenden Vorhaben arbeiten."
Im Projekt "Lebendige Auen für die Elbe" hat das auf Burg Lenzen ansässige BUND-Auenzentrum in den vergangenen sechs Jahren in stetigem Dialog mit Anwohnerinnen und Anwohnern sowie Nutzerinnen und Nutzern Flächen erworben, über 10.000 Bäume und Sträucher gepflanzt, verlandete Flutrinnen ausgehoben und den Deich geöffnet. Außerdem hat es Tümpel für Amphibien, Steilufer für die seltene Uferschwalbe und Brutinseln für Kiebitze angelegt. Von den Maßnahmen profitieren viele Fisch- und Libellenarten, aber auch Schwarz- und Weißstörche finden reichlich Nahrung und der Kranich im feuchten Wald geeignete Nistplätze. Im kommenden Herbst stellt das BUND-Auenzentrum zum Abschluss des Projektes noch eine Insel in der Elbe wieder her, wie es sie dort zuletzt vor 120 Jahren gab.
"Lebendige Auen für die Elbe" wird im Bundesprogramm Biologische Vielfalt vom Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit gefördert. Weitere Fördermittelgeber sind die Umweltstiftung Michael Otto, die Allianz Umweltstiftung, die Stiftung Umwelt, Natur- und Klimaschutz des Landes Sachsen-Anhalt und Lotto-Toto Sachsen-Anhalt.
Die Umsetzung der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt (NBS) wird seit 2011 durch das Bundesprogramm Biologische Vielfalt unterstützt. Gefördert werden Vorhaben, denen im Rahmen der NBS eine gesamtstaatlich repräsentative Bedeutung zukommt oder die diese Strategie in besonders beispielhafter Weise umsetzen. Die geförderten Maßnahmen tragen dazu bei, den Rückgang der biologischen Vielfalt in Deutschland zu stoppen und mittel- bis langfristig in einen positiven Trend umzukehren. Sie dienen dem Schutz und der nachhaltigen Nutzung sowie der Entwicklung der biologischen Vielfalt und gehen über die rechtlich geforderten Standards hinaus. Akzeptanzbildende Maßnahmen der Information und Kommunikation tragen dazu bei, das gesellschaftliche Bewusstsein für die biologische Vielfalt zu stärken.
Mehr Informationen
- zum Projekt "Lebendige Auen für die Elbe"
- Fotomaterial zum Projekt
- Video zur Rettung der Hohen Garbe
- zum Bundesprogramm Biologische Vielfalt
- Pressekontakt: Katrin Evers, Öffentlichkeitsarbeit BUND-Auenprojekt, Tel.: (030) 2 75 86-535, katrin.evers@bund.net sowie BUND-Pressestelle (Sigrid Wolff / Daniel Jahn / Judith Freund / Heye Jensen), Tel.: (030) 2 75 86-425/-531/-497/-464, presse(at)bund.net