Umweltverbände: Angriff auf den Meeresschutz abgewehrt – Bundestag stoppt gefährliches Vetorecht im Bundesnaturschutzgesetz

23. Juni 2017 | Meere

Berlin: Nord- und Ostsee können auch in Zukunft durch das Bun­desna­turschutz­gesetz (BNatSchG) geschützt werden. Mit einem Änderungsan­trag der Abgeordneten der Großen Koalition aus CDU/CSU und SPD stoppte der Bundestag am 22. Juni mit großer Mehrheit den Plan der Bundesministerien für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Forschung per Vetorecht zukünftig effektive Meeres­schutz­maßnah­men verhindern zu können. Die Umweltverbände Nabu, BUND, DNR, DUH, Greenpeace, Schutz­station Wattenmeer, WWF und Whale & Dolphin Conservation hatten sich intensiv für den An­trag eingesetzt und begrüßten die Entscheidung.

"Das Parlament hat den Ausverkauf der Meere noch einmal verhindert. Die Abgeordneten haben verstanden, dass die Änderung einen gefährlichen Präzedenzfall geschaffen hätte. Der Schutz der Meere und vielleicht sogar der gesamte Naturschutz in Deutschland hätten dauerhaft geschwächt werden können", erklärten die Verbände in einer gemeinsamen Stellungnahme.

Seit ihrer Veröffentlichung Ende 2016 hatten die Verbände die Gesetzesnovelle kritisiert, sprachen mit Bundestagsabge­ordneten und schrieben einen Offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel. Anlass der Kritik: Paragraph 57. Dieser sollte den Bun­des­ministerien – statt wie bisher eine Beteiligung – künftig ein sogenanntes Einvernehmen zusichern. Damit hätte jedes einzelne Ministerium Verordnungen und überfällige Maßnahmen zum Schutz der Meere blockieren können.

Dabei stehen die Meere schon jetzt erheblich unter Druck. "Selbst in den Schutzgebieten in Nord- und Ostsee wird intensiv gefischt, Rohstoffe werden abgebaut und auch die Schifffahrt ist enorm. Ein Vetorecht der Nutzerressorts hätte den Naturschutz hier endgültig ausgehöhlt", so die Verbände. Mit der heutigen Entscheidung habe der Naturschutz einen wichtigen Etappensieg erzielt. Doch nun müsse es weitergehen. Aktuell stehen weitere entscheidende Verhandlungen zu den Schutz­ge­bietsver­ordnungen und zur Regulierung der Fischerei an. "Deutschland muss endlich den Hebel umlegen und konkrete Schutzmaßnahmen erlassen. Sonst bleiben Schutzgebiete Papiertiger und der Meeresschutz vor der eigenen Haustür ein trauriges Lippenbekenntnis", so die Verbände weiter.

Hintergrund

Formal sind rund 45 Prozent der deutschen Meeresflächen durch das Natura-2000-Netzwerk ge­schützt. Darunter sind die Schutzgebiete nach EU-Vogelschutzrichtlinie und FFH-Richtlinie zusam­menge­fasst. Zehn Jahre nach ihrer Anerkennung durch die EU sollen die Natura-2000-Gebiete in der Ausschließlichen Wirtschaftszone endlich den rechtlichen Status von Naturschutzgebieten erhalten. Deutschland hatte bereits 2013 die EU-Frist zur Verankerung von konkreten Maßnahmen zum Schutz der Meere verpasst. Dieses Versäumnis ist Bestandteil eines Vertragsverletzungsverfahrens der EU-Kommission gegen Deutschland.

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