UBA-Emissionsdaten: Bundesregierung begeht Rechtsbruch – Verkehr und Gebäude weiter im roten Bereich

15. März 2023 | Klimawandel, Mobilität

Der Bericht des Umweltbundesamts (UBA) zu den CO2-Emissionen 2022 dokumentiert die Untätigkeit der Bundesregierung in entscheidenden Bereichen des Klimaschutzes: Der Rückgang der Emissionen im Industriebereich rettet der Bundesregierung die Klimaziele. Sondereffekte, wie ein milder Winter und die Auswirkungen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine, schönen die Klimabilanz.

. „Es ist kein Verdienst der Regierung”, sagte Antje von Broock, Geschäftsführerin beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Die erneute Überschreitung der rechtlich verbindlichen Klimavorgaben im Verkehr und bei den Gebäuden ist ein Beleg für den verfehlten Klimakurs der Ampel.

„SPD, FDP und Grüne brechen geltendes Recht“, erklärt von Broock. „Das bestätigen die Zahlen des UBA. Die Klimaklage des BUND zielt darauf ab, diesen Rechtsbruch zu beenden. Die Bundesregierung ist an das Klimaschutzgesetz gebunden und muss seine Ziele in allen Sektoren erreichen. Olaf Scholz muss endlich handeln.“

Mit Blick auf das Klimaschutzgesetz, das unter der Federführung der damaligen SPD-Umweltministerin Svenja Schulze verabschiedet wurde, fügt von Broock an: „Bundeskanzler Scholz muss sich fragen lassen, wie ernst er die Beschlüsse der vorherigen Regierung und die Bedrohung durch die Klimakrise nimmt. Es liegt in seiner Verantwortung und Kompetenz endlich dafür zu sorgen, dass wirksame Sofortprogramme verabschiedet und umgesetzt werden.“

Angesichts der Zahlen aus dem Verkehrssektor und der Politik der FDP zeigt sich die BUND-Vertreterin hoch besorgt: „Die erneute, massive Überschreitung im Verkehrsbereich ist Ergebnis der anhaltenden Ablehnung von kurz- und mittelfristig wirksamen Minderungsmaßnahmen durch das Bundesverkehrsministerium.“ Volker Wissing nutzt weder Tempolimit noch fiskalische Maßnahmen, wie die Abschaffung des Dienstwagenprivilegs oder eine Reform der Kfz-Steuer. Von Broock weiter: „Der Bundesminister betreibt kurzfristige Symbolpolitik für die Auto-Lobby, statt seiner Verantwortung für die Zukunft unseres Planeten und künftiger Generationen gerecht zu werden.“

Der Gebäudesektor verfehlt bereits zum dritten Mal in Folge das gesetzlich vorgegebene Klimaziel. „Es ist erst ein Jahr her, da sprach Finanzminister Lindner von den Freiheitsenergien. Jetzt blockiert er die Vorgaben für neue Heizungen, die diese stärken würden“, so die BUND-Geschäftsführerin. „Das Kabinett von Olaf Scholz ist nicht fähig, eine konsistente Klimapolitik zu machen. Meint es der selbst ernannte Klimakanzler ernst, muss er auch hier sagen, wo es langgeht.“

Aus Sicht des BUND ist eine ambitionierte und schnelle Umsetzung der Vorgaben alternativlos, auch um hohe Kosten für Klimafolgen zu vermeiden. Außerdem muss dafür gesorgt werden, dass der Energieverbrauch von Gebäuden verlässlich sinkt, indem unter anderem endlich Mindeststandards für die Effizienz von Bestandsgebäuden auf den Weg gebracht werden. Durch zielgerichtete Förderprogramme und eine Anpassung der Modernisierungsumlage in Mietwohnungen muss eine soziale Abfederung gesichert werden. 

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Hintergrund

Die eingereichte Klage nennt bewusst keine Maßnahmen für die beiden Sektoren Verkehr und Gebäude. Denn ein Gericht wird nach Einschätzung des BUND der Politik keine Maßnahmen vorschreiben wollen. Maßnahmen, mit denen die Politik wirksame Sofortprogramme aufstellen könnte, gibt es aber und sind bekannt. 

Der BUND schlägt beispielsweise folgende zentrale Maßnahmen für die beiden Sektoren vor.

BUND-Forderungen für ein wirksames Sofortprogramm im Verkehrssektor sind u.a.: 

  • Abschaffung vom Dienstwagenprivileg und von Steuervorteilen für Dieselkraftstoff & Kerosin,
  • eine Reform der Kfz-Steuer mit zusätzlichem Bonus-Malus-System beim Kauf, 
  • den Stopp des Baus von Autobahnen und Bundesstraßen,
  • die Einführung einer fahrleistungsabhängigen Pkw-Maut auf allen Straßen,
  • die Einführung eines generellen Tempolimits, 
  • Mittelerhöhung für den Ausbau von öffentlichem Verkehr und Radverkehr.

BUND-Forderungen für ein wirksames Sofortprogramm im Gebäudesektor, in dem die energetische Modernisierung im Mittelpunkt eines Maßnahmenpaketes steht, u.a.:

  • flächendeckend Sanierungsfahrpläne, 
  • streichen aller Ausnahmen für bestehende Nachrüstpflichten und Anheben der Anforderungen,
  • verstetigen der Vorgaben zur Optimierung von Heizungsanlagen für alle Gebäude und Verbesserung der Vollzugskontrolle, 
  • Vorgaben für die energetische Modernisierung, angefangen bei den Gebäuden mit der schlechtesten Effizienz, 
  • 25 Milliarden Euro Fördermittel pro Jahr für klimazielkompatible energetische Modernisierungen.  

Das Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG), beschlossen in 2019, ist das Gesetz, das für Deutschland die Ziele – nicht die genauen Maßnahmen – auf dem Weg zur Einhaltung der rechtsverbindlichen Pariser Temperaturgrenze von weit unter 2 Grad und möglichst 1,5 Grad festlegt. Die KSG-Ziele reichen für das Paris-Ziel allerdings noch nicht aus, eben so wenig wie die Klimaziele der EU – sie sind deshalb völkerrechtswidrig und nach Einschätzung des BUND auch weiterhin verfassungswidrig. 

Die Nichteinhaltung des Klimaschutzgesetzes hängt aktuell juristisch vor allem am Verkehrs- und Gebäudesektor, welche in 2021 zu hohe Emissionen hatten und ihre Ziele für das Jahr nicht eingehalten haben. Beide Sektoren sind in der BUND Klage enthalten. Insgesamt wurden in 2022 die Jahreshöchstmengen der Emissionen in Deutschland eingehalten, vor allem wegen  niedrigeren Emissionen der Industrie, bedingt durch niedrigeren Gasverbrauch und schwacher Konjunktur. Im Energiesektor stiegen die Emissionen zwar gegenüber 2021, er blieb aber innerhalb der Jahreshöchstmengen für 2022. Der Verkehrssektor ist der einzige Sektor, dessen Emissionen derzeit steigen und der seine Jahreshöchstmengen überschreitet. Gefolgt vom Gebäudesektor, der zwar niedrigere Emissionen hat, aber seine Ziele überschreitet.   

Kontakt

  • Irmela Colaço, BUND-Energieexpertin/ BUND-Expertin für Wohnen und Gebäude
    Mobil: 0177-4254487
    E-Mail: irmela.colaco(at)bund.net
  • Arne Fellermann, Abteilungsleiter Klimaschutz beim BUND 
    Tel.: 030-27586- 484
    E-Mail: arne.fellermann(at)bund.net
  • BUND-Pressestelle: 
    Sigrid Wolff | Daniel Jahn | Clara Billen | Lara Dalbudak
    Tel. 030-27586-497 |-531 |-464 |-425 
    E-Mail: presse(at)bund.net

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