Pestizidverzicht: Kommunen arbeiten auf, was die Bundesregierung verschläft

09. September 2019 | Umweltgifte, Landwirtschaft, Naturschutz, Lebensräume, Wildbienen, Nachhaltigkeit, BUND

Berlin. Das Insektensterben ist eine große Herausforderung für Politik, Wirtschaft, Kommunen und die Bevölkerung. Und immer mehr Kommunen nehmen ihre Verantwortung wahr und wollen Biodiversität in ihrer Gemeinde oder Stadt fördern. Für sie stehen die Gesundheit ihrer Bürgerinnen und Bürger und der Schutz von Wasser, Böden, Tieren und Pflanzen an erster Stelle. "Wir begrüßen den Einsatz und die Vorreiterrolle vieler Kommunen", erklärt Hubert Weiger, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) anlässlich der zweiten Fachtagung "Pestizidfrei Kommune" vom Umweltbundesamt (UBA) und dem BUND. "Vor Ort haben die Menschen und verantwortlichen Politiker erkannt, dass das Artensterben dramatische Ausmaße angenommen hat und handeln. Mit der Selbstverpflichtung gehen die Kommunen voran und sind der Bundesregierung um einige Schritte voraus."

Im Rahmen des BUND-Projektes "Pestizidfreie Kommunen" schließen sich immer mehr Kommunen dem Verzicht auf Pestizide an. Bereits über 500 Kommunen in Deutschland verzichten auf ihren Grün-, Frei- oder Pachtflächen ganz oder teilweise auf den Einsatz von chemisch-synthetischen Giftstoffen und versuchen, den Biozideinsatz zu reduzieren. Gleichzeitig setzen sie Projekte zum Schutz von Insekten und anderen Tier- und Pflanzenarten um. Im kürzlich verabschiedeten Aktionsprogramm Insektenschutz verpasst die Bundesregierung nach Auffassung des BUND die Chance auf wirksamen und umfassenden Insektenschutz, die Grundlage unserer Nahrung und des gesamten Ökosystems sind. "Dem Insektensterben darf man nicht weiterhin tatenlos zuzusehen. Was die Regierung versäumt, versuchen die Kommunen zumindest auf ihren Flächen umzusetzen. Den Kommunen gebührt dafür große Anerkennung und Unterstützung", so Weiger.  

Bis auf Einzelpunkte wie das Verbot von Pestiziden in Schutzgebieten oder ein Pestizidverzicht auf den Liegenschaften des Bundes hat die Regierung nicht gewagt, dringend nötige Änderungen in der Agrarpolitik und bei der Zulassung von Pestiziden vorzunehmen. "Jeder Schritt, der gegangen wird, ist ein richtiger Schritt, aber mit ihrem Aktionsprogramm ist die Bunderegierung von einer Trendwende beim Artensterben weit entfernt", kritisiert der BUND-Vorsitzende. "Ich hoffe von daher, dass sich noch viele Kommunen bekennen und pestizidfrei werden. Dass das geht, zeigen viele gelungene Projekte."

Mehr Informationen

  • Hintergrund zur Fachtagung: Erfahrungen und Informationen möchten der BUND und das Umweltbundesamt (UBA) in der heute startenden gemeinsamen Fachtagung bündeln und zur Verfügung stellen. Der Austausch der Kommunen soll gefördert werden. Der Deutsche Städtetag übernimmt die Schirmherrschaft zur Veranstaltung, zu der sich 120 Teilnehmerinnen und Teilnehmer angemeldet haben. Elf Referentinnen und Referenten werden Vorträge halten, die nicht nur aus Deutschland, sondern auch aus Italien und Österreich an der Fachtagung teilnehmen. Die Bandbreite der für Kommunen interessanten Themen ist groß. So geht es um den Umgang mit Problemfällen wie dem Eichenprozessionsspinner, invasiven Arten und Schadinsekten wie dem Buchsbaumzünsler. Aber auch Konzepte für eine erfolgreiche Kommunikation mit der Bevölkerung spielen eine Rolle. Im Vordergrund steht die Frage, wie Klauseln für einen Pestizidverzicht in landwirtschaftlichen Pachtverträgen verankert werden können und welche Erfahrungen dazu bereits vorliegen. Während der zweitägigen Konferenz werden sich Hersteller für Geräte zur alternativen Beikrautbekämpfung und Hersteller von alternativen Biozid-Produkten auf dem Gelände des UBA präsentieren. Am zweiten Tag haben kommunale Vertreterinnen und Vertreter, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Planungsbüros sowie Umweltverbände die Gelegenheit, in vier Workshops zu verschiedenen Themen gemeinsame Erfahrungen auszutauschen und sich zu vernetzen.
  • Tagungsprogramm und -dokumentation
  • BUND-Projekt "Pestizidfreie Kommune"
  • Pressekontakt:  Corinna Hölzel, BUND-Pestizidexpertin, Tel.: (030) 2 75 86-547, corinna.hoelzel(at)bund.net und BUND-Pressestelle (Sigrid Wolff / Judith Freund / Heye Jensen), Tel.: (030) 2 75 86-425/-497/-464, presse(at)bund.net

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