Managementpläne für Nordsee-Schutzgebiete mit Licht und Schatten – Umweltverbände: Nicht genug, um den Verlust der Artenvielfalt zu stoppen/Teile der Schutzgebiete müssen frei von industrieller Nutzung bleiben

30. Januar 2018 | Flüsse & Gewässer, Lebensräume, Meere, Naturschutz

Berlin/Hamburg: Knapp ein halbes Jahr nach ihrer amtlichen Unterschutzstellung sollen die drei Meeresschutzgebiete in der Ausschließlichen Wirtschaftszone der Nordsee (AWZ) Managementpläne bekommen. Damit sollen Schweinswale, Seevögel sowie seltene Riffe und Sandbänke besser geschützt werden. Nach Meinung der Umweltverbände BUND, NABU, WWF und Whale and Dolphin Conservation (WDC) weisen die Managementpläne zwar in die richtige Richtung, bleiben jedoch hinter den naturschutzfachlichen Notwendigkeiten und umweltrechtlichen Möglichkeiten Deutschlands zurück. Gestern, am 29. Januar endete die Frist für die Öffentlichkeitsbeteiligung.

"Mit den jetzt veröffentlichten Managementplänen hat das Bundesamt für Naturschutz (BfN) einerseits einen wichtigen Schritt zum Schutz der Artenvielfalt an unseren Küsten gemacht. Die geplanten Maßnahmen zur Schifffahrt und die Leitplanken für Rohstoffabbau schließen offensichtliche Regulierungslücken der Schutzgebietsverordnungen. Andererseits wird jedoch die EU-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie nicht konsequent umgesetzt. Vor allem fehlt ein räumliches Regulierungskonzept, das es ermöglicht einzelne Zonen von wirtschaftlicher Nutzung auszunehmen. Grundschleppnetze, Erdölförderung und militärische Nutzung vertragen sich nicht mit den Zielen von Meeresschutzgebieten. Angesichts des dramatischen schlechten Zustands der Nord- und Ostsee ist Regulierung aber dringend notwendig. Mehr als ein Drittel der Arten und Lebensräume gilt nach aktueller Roter Liste als bedroht", so die Umweltverbände.

Mit Besorgnis reagieren die Umweltverbände auf die wenig konkreten Maßnahmenvorschläge des BfN. Viele Kapitel lesen sich noch wie Ideensammlungen und Forschungsaufträge. Erst im nächsten Schritt sollen die Einzelmaßnahmen ausgearbeitet werden, dann im Einvernehmen mit den direkt betroffenen Ministerien. So entscheidet letztendlich das Verkehrsministerium darüber, ob und wie die Seeschifffahrt in den Schutzgebieten reguliert wird, oder das Landwirtschaftsministerium über die Beschränkungen der Fischerei. "Es bleibt an vielen Stellen der Managementpläne offen, was genau Deutschland tun will, um den Verlust der Artenvielfalt an den eigenen Küsten zu stoppen, und ob mit den jetzt veröffentlichten Managementplänen tatsächlich die  europäischen Meeresschutzverpflichtungen umgesetzt werden können. Vieles hängt auch an den Kapazitäten. Der Meeresschutz muss institutionell gestärkt werden. Mehr Personal und mehr Geld für anspruchsvolle neue und alte Aufgaben sind nötig", so die Verbände.

Hintergrund

Formal sind 45 Prozent der deutschen Meeresflächen durch das Natura-2000-Netzwerk geschützt. Darunter sind die Schutzgebiete nach EU-Vogelschutzrichtlinie und FFH-Richtlinie zusammengefasst. Zehn Jahre nach ihrer Anerkennung durch die EU haben die Gebiete in der AWZ 2017 den rechtlichen Status von Naturschutzgebieten erhalten. Deutschland hatte bereits 2013 die EU-Frist zur Verankerung von Maßnahmen zum Schutz der Meere verpasst. Dieses Versäumnis ist Bestandteil eines Vertragsverletzungsverfahrens der EU-Kommission gegen Deutschland.

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