Kommentar: Standardabbau statt Beschleunigung – BUND kritisiert neue Raumordnung

03. März 2023 | Energiewende, Naturschutz, Lebensräume

Anlässlich der Novellierung des Raumordnungsgesetzes zur Beschleunigung der Energiewende warnt der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) vor gravierenden Folgen für die Energiewende und den Artenschutz. Hierzu erklärt Olaf Bandt, Vorsitzender des BUND:

Olaf Bandt BUND-Vorsitzender Olaf Bandt  (Foto: Simone Neumann)

„'Augen zu und durch' darf nicht das Motto für den Ausbau der Erneuerbaren sein. Die schnelle Umsetzung der Energiewende ist genauso wichtig wie deren naturverträglicher Ausbau. Beides gelingt nur, wenn hingeschaut wird, was beim Ausbau zu schützen ist und wo unvermeidbare Schäden an Biotopen und Arten konkret geheilt werden. Die jetzt für viele Energiewende-Projekte ausfallenden Artenschutz-Untersuchung und Umweltverträglichkeitsprüfungen sind zwei zentrale Elemente für den Naturschutz, die auch weiterhin angewandt werden müssen. Ohne diese drohen zukünftig unkalkulierbare Risiken für Natur und Energiewende an Land und im Meer. 

Der BUND lehnt zudem die Einführung von Geldzahlungen anstelle realer Naturschutzmaßnahmen ab. Ein solches Einfallstor für einen generellen Ablasshandel ist eine Beruhigungspille für Bauende, hilft Pflanzen und Tieren aber nicht. Reale Schäden an der Natur müssen zeitnah durch reale Naturschutzmaßnahmen repariert werden. 

Die jetzige Novelle verpasst die Chance, notwendige Flächen für einen Biotopverbund dauerhaft zu erhalten und dort Natur zu stärken. In Zeiten eines immensen Artensterbens vor unserer Haustür braucht es eine grüne Infrastruktur, die Lebensräume vor Zerschneidung, Versiegelung und falscher Nutzung schützt und dauerhaft in der Raumordnung sichert. Hier muss die Regierung nacharbeiten und entweder der Bundesrat die nötigen Änderungen durchsetzen oder ein neues Gesetz für Grüne Infrastruktur auf den Weg bringen, das auf Augenhöhe mit Energie und Verkehrsinfrastruktur positive Veränderungen für die Natur bringt.“

Hintergrund

Die Etablierung von „Go-To-Areas“, in denen die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung und artenschutzrechtlicher Prüfungen für nicht erforderlich erklärt wird, ist laut EU-Eilverordnung nur für solche Gebiete gedacht, die bereits zuvor auf Umweltverträglichkeit und Nichtexistenz unbewältigter artenschutzrechtlicher Konflikte untersucht wurden, sowie geeignete Minderungs- und Kompensationsmaßnahmen etabliert sind. Es wird insbesondere vorausgesetzt, dass die betreffenden Prüfungen auf vorgelagerter Ebene stattgefunden haben beziehungsweise, dass aufgrund der Umstände der betreffenden Flächen ausgeschlossen ist, dass es im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren noch Bedarf für Problembewältigung gibt.

Eben dies ist nach bisheriger Rechtslage in „Vorranggebieten“, „Vorbehaltsgebieten“ oder „Eignungsgebieten“ regelmäßig indessen nicht der Fall. Es fehlt an rechtlichen Vorschriften sowie geübter Praxis, bereits auf der Ebene der Raumordnung oder der Flächennutzungsplanung eine abschließende oder auch nur weitreichende Prüfung der sicheren Bewältigung von Problemen und insbesondere der Abarbeitung der artenschutzrechtlichen Anforderungen durchzuführen. 

Auch die notwendige immissionsschutzrechtliche Genehmigungen für Windenergieanlagen bauen auf dieser Grundlage auf und ungenügend vorher geprüfte Genehmigung dürften zukünftig regelmäßig für rechtswidrig befunden und außer Vollzug gesetzt werden. 

Mehr Informationen 

Kontakt

  • Magnus Wessel, BUND-Naturschutzexperte
    Tel.: 030-275-86-543
    E-Mail: magnus.wessel(at)bund.net
  • BUND-Pressestelle: Sigrid Wolff | Daniel Jahn | Clara Billen | Lara Dalbudak
    Tel. 030-27586-497 |-531 | -464 | -425 |
    E-Mail: presse(at)bund.net

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