Gebäude-Sofortprogramm: Klimaschutz auf die lange Bank geschoben und soziale Schieflagen nicht berücksichtigt

13. Juli 2022 | Energiewende, Nachhaltigkeit, Klimawandel

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und der Paritätische Gesamtverband fordern Nachbesserungen am heute veröffentlichten Klimaschutz-Sofortprogramm für den Gebäudesektor. Das Programm von Klimaminister Robert Habeck (Grüne) und Bauministerin Klara Geywitz (SPD) weist große Lücken auf. Es reicht bei weitem nicht aus, um gegen die Energieverschwendung in Gebäuden vorzugehen und Armut wirksam zu bekämpfen. Nur mit zügigen Nachbesserungen können die Klimaziele zukünftig eingehalten, die fossile Abhängigkeit reduziert und die weitere soziale Spaltung der Gesellschaft verhindert werden.

BUND-Vorsitzender Olaf Bandt: "Das Programm enthält wichtige Ansätze. Die vorgelegten Maßnahmen reichen aber nicht, um ausreichend Tempo in die dringend notwendige energetische Gebäudemodernisierung zu bringen. Es ist nicht akzeptabel, dass Klimaminister Habeck und Bauministerin Geywitz zentrale Instrumente auf die lange Bank schieben. Wir brauchen noch in diesem Jahr wirksame Maßnahmen gegen Energieverschwendung im Gebäudebestand. So wäre es einfach umsetzbar, bestehende Ausnahmen im Gebäudeenergiegesetz zu streichen, mit denen viele Vorschriften zur energetischen Modernisierung bisher quasi ins Leere laufen. Vorgaben für die Optimierung von Heizungsanlagen zu diskutieren und zu prüfen reicht nicht.

Sie sind längst überfällig, die Ministerien müssen sie noch in diesem Jahr umsetzen. Fatal ist, dass mit Mindesteffizienzstandards für den Gebäudebestand auf die Beschlüsse in Brüssel gewartet werden soll. Gerade in den klimaschädlichsten Gebäuden, die durch die Vorgaben als erstes energetisch ertüchtigt würden, belastet die massive Energieverschwendung insbesondere arme Menschen jeden Monat stark."

Mit Blick auf die soziale Flankierung notwendiger klimapolitischer Maßnahmen im Gebäudebereich erklärt Werner Hesse, Geschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands: „Wer es ernst meint mit einer sozial-ökologischen Wende, die alle mitnimmt, muss nicht nur klima- sondern auch sozialpolitisch konsequent sein - die vorliegenden Pläne der Bundesregierung sind weder das ein noch das andere. Es braucht nicht nur Mut für echten Klimaschutz, sondern auch die Entschlossenheit, diesen Wandel sozial gerecht zu gestalten. Es braucht gezielte, substantielle und bedarfsgerechte Unterstützung insbesondere für arme Menschen, um die sich stetig verschärfende Heizkostenkrise zu meistern.“ So seien unter anderem eine deutliche Anhebung der Leistungen der sozialen Mindestsicherung auf ein bedarfsgerechtes Niveau durch eine Erhöhung des Regelsatzes in der Grundsicherung auf derzeit 678 Euro nötig sowie Reformen beispielsweise bei BAföG oder Wohngeld.

Darüber hinaus müsse zur generellen Entlastung eine konsequente Mietpreisdämpfungspolitik umgesetzt und vorhandene Instrumente wie die Mietpreisbremse nachgeschärft werden. Sichergestellt sein müsse zudem, dass Kosten für energetische Modernisierungen höchstens warmmietenneutral an Mieter*innen weitergegeben werden. Dringend notwendige Maßnahmen an Fenstern, Dach, Wänden und im Heizungskeller dürften nicht dazu führen, dass am Ende die Warmmiete sogar noch weiter steigt. 

Insgesamt zeigen sich der Paritätische Gesamtverband und der BUND enttäuscht, dass die Bundesregierung mit dem Gebäude-Sofortprogramm ihren rechtlichen Pflichten nicht entschlossen nachkommt. Auch sei bedauerlich, dass sie immer noch kein Klimaschutz-Sofortprogramm für alle Ressorts vorgelegt hat, um den Aufbruch in eine sozial-ökologische Zukunft in allen Bereichen zu schaffen. "Und das, was bislang vorliegt, wird weder ökologischen noch sozialen Belangen gerecht", so Bandt und Hesse übereinstimmend. 

Hintergrund: Der Gebäudesektor verfehlte im vergangenen Jahr bereits zum zweiten Mal die laut Klimaschutzgesetz höchstens zulässigen CO2-Emissionen. Bis heute hatten die zuständigen Ministerien Zeit, ein Sofortprogramm vorzulegen, das gemäß Paragraph 8, Klimaschutzgesetz "die Einhaltung der Jahresemissionsmengen des Sektors für die folgenden Jahre sicherstellt." Der Expertenrat Klimaschutz muss nun bewerten, ob die vorgelegten Maßnahmen ausreichen, um diese Vorgabe zu erfüllen. 

Mehr Informationen:

Zur Übersicht

BUND-Newsletter abonnieren!

BUND-Bestellkorb