Berlin: Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sieht in dem heute von der EU-Kommission veröffentlichten Energiepaket eine Behinderung der Energiewende in Europa und eine "Schutzgarantie für die alte Energiewirtschaft". Auch beim Energiesparen bringe das sogenannte "Winterpaket" kaum Fortschritte.
"Sowohl das Ziel für den Ausbau erneuerbarer Energien als auch jenes für die Steigerung der Energieeffizienz bleiben weit hinter dem klimapolitisch Notwendigen zurück. Die konkreten Umsetzungsvorschläge der Kommission behindern die Energiewende zusätzlich. Beim Ausbau der erneuerbaren Energien sind die einzelnen Mitgliedstaaten künftig zu nichts mehr verpflichtet und die Kommission lässt die Frage unbeantwortet, wie das europäische Ausbau-Ziel dann erreicht werden soll. Für die Energiewende in Europa droht ein verlorenes Jahrzehnt", sagte die BUND-Energieexpertin Tina Löffelsend.
Löffelsend kritisierte außerdem, dass die Bundesregierung bereits im Vorfeld "kampflos Eckpfeiler der deutschen Energiewende preisgegeben" habe. "Der generelle Einspeisevorrang für erneuerbare Energien soll abgeschafft werden. Er würde in Deutschland künftig nur noch für sehr kleine Anlagen gelten. Das bringt Kohle- und Atomstrom weitere Vorteile und führt zu mehr klimaschädlichen Emissionen." Das dürfe die Bundesregierung nicht zulassen. „Hinzu kommt, dass die Kohle- und Atomindustrie künftig neue Subventionen zum Betrieb ihrer Meiler erhält. Mit der geplanten CO2-Vorgabe werden konventionelle Kohlekraftwerke erst ab 2025 von dieser Förderung ausgeschlossen. Der riskanten CCS-Technologie wird damit Vorschub geleistet. Eine Energiewende sieht anders aus", sagte Löffelsend. Zwar sollen die Belange von Bürgerenergie-Projekten künftig bei der Förderung besser berücksichtigt werden. Der praktische Nutzen bleibe aber abzuwarten, da es auf die Umsetzung durch die Mitgliedsstaaten ankomme. „Deutschland hat mit der EEG-Reform gerade vorgemacht wie ein falsches Fördersystem Energieprojekte von Bürgern kaltstellt. Der künftige Wegfall des Einspeisevorrangs bedroht gerade kleine Bürgerenergie-Anlagen", sagte Löffelsend.
Für die BUND-Expertin ist es "hanebüchen", dass die nationale Erneuerbare-Energien-Förderung unter einen Beihilfe-Vorbehalt gestellt wird. Die EU-Kommission würde so über Verwaltungsakte, die keiner demokratischen Kontrolle unterlägen, die Förderpraxis der Mitgliedsstaaten kontrollieren. "Gegen dieses undemokratische Verfahren müssen sich die nationalen Regierungen wehren. Es muss zudem gewährleistet werden, dass die Förderung Erneuerbarer-Energien-Anlagen künftig nicht nur über Ausschreibungen stattfindet", forderte Löffelsend.
Den Vorschlag der EU-Kommission zur Energieeffizienz-Richtlinie bewertete die BUND-Energieeffizienz-Expertin Caroline Gebauer: "Mit einem Energieeinsparziel von lediglich 30 Prozent verspielt die EU-Kommission die Chance, die Vorteile von mehr Klimaschutz für Wirtschaft, Haushalte und Umwelt zu erschließen. Die Bundesregierung muss sich in Brüssel für ein verbindliches Einsparziel von 40 Prozent einsetzen. Dies entspricht Kosteneinsparungen für Haushalte von über 50 Milliarden Euro, von denen vor allem Menschen mit niedrigem Einkommen profitieren würden."
Gebauer kritisierte auch, dass bei den Richtlinien zum Ökodesign und zur Energieverbrauchskennzeichnung zusätzliche Möglichkeiten zum Energiesparen verschenkt wurden: "Der neue Ökodesign-Arbeitsplan wurde mit anderthalb Jahren Verzögerung veröffentlicht. Dies wird Unternehmen und Haushalte um Energiekostenersparnisse in Milliardenhöhe bringen. Zudem ist die Liste neuer Produkte, denen sich die EU-Kommission demnächst widmen will, unzureichend. Populistische Argumente wogen bei der Produktauswahl wohl stärker als die Potenziale für Umwelt, Haushalte und Wirtschaft. Die EU-Kommission ist auf dem besten Weg, ihrem stärksten Energiesparinstrument das Wasser abzugraben."
Mehr Informationen
- EU-Energiepaket: Verlorenes Jahrzehnt für die Energiewende in Europa (PDF)
- Pressekontakt: Tina Löffelsend, BUND-Energieexpertin, Tel. (030) 2 75 86-433 bzw. Rüdiger Rosenthal, BUND-Pressesprecher, Tel. (030) 2 75 86-425/464, presse(at)bund.net