Erste Zahlen zu Datteln 4: Hohe Auslastung gegen den Trend im Strommarkt – Kohlemeiler steht für Fortführung eines ökologie-feindlichen Stromsystems

15. Juni 2020 | Kohle, Energiewende, Klimawandel

Berlin. Im Umweltausschuss des Bundestages werden heute ökologische Aspekte des Kohleausstiegs debattiert – gleichzeitig raucht der Schlot des neuen Steinkohlekraftwerks Datteln 4 in Nordrhein-Westfalen. Ein größerer Gegensatz ist klimapolitisch kaum denkbar. Jüngste Zahlen belegen: Die Inbetriebnahme war überflüssig. Unter normalen Wettbewerbsbedingungen dürfte das Kraftwerk fast nie laufen. Aus klimapolitischer Sicht hätte es gar nicht ans Netz gehen dürfen.

Die Inbetriebnahme von Datteln 4 im Juni ist Sinnbild fehlgeleiteter Politik. Die Stromerzeugung aus Steinkohle sinkt marktgetrieben wegen niedriger Gaspreise und stabiler Preise für CO2-Zertifikate in Deutschland auf ein Rekordtief. Gegen diesen Trend steht nur Datteln 4. Das belegen eindrücklich Zahlen des Fraunhofer-Instituts: Demnach erzeugte Datteln 4 in der ersten Juniwoche 42,31 Gigawattstunden (GWh) Strom und damit 23,7 Prozent der Stromerzeugung aus Steinkohle – und das, obwohl das Kohlekraftwerk drei der sieben Tage gar nicht in Betrieb war.

Den Auswertungen von Bruno Burger, Herausgeber der Energy Charts des Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE, zufolge hatte Datteln 4 bereits im April die höchste Stromerzeugung aller Steinkohlekraftwerke in Deutschland, trotz teils negativer Preise an der Strombörse. Im Mai waren es zeitweise 37 Prozent, ein Anstieg zum Vormonat um 13 Prozent – noch im Probebetrieb.

Mit Datteln 4 ist ein zusätzliches Kohlekraftwerk in Betrieb gegangen, obwohl genügend Strom im Netz ist. Die Folgen sind: weitere Belastungen für Umwelt, Klima und Menschen. Das alles spricht eine deutliche Sprache: für die Energieversorgung überflüssig und für das Klima höchst schädlich. 

Olaf Bandt, Vorsitzender des BUND: "Datteln 4 ist die ungehinderte Fortführung eines überholten, ökologie-feindlichen Stromsystems. Die Bundesregierung hätte, wie von der Kohlekommission gefordert, einen Verhandlungsweg finden müssen. Stattdessen lässt sie zu, dass das Kraftwerk große Mengen Kohle verfeuert – ein klima-, umwelt- und gesundheitspolitischer Irrsinn. Datteln 4 muss umgehend wieder vom Netz. Ein zügiger und vollständiger Ausstieg aus der Kohleverstromung bis spätestens 2030 ist der einzig gangbare Weg, den Bedrohungen durch Klimawandel und Umweltzerstörung zu begegnen."

Hauptabnehmer des Stroms aus dem Kraftwerk sind RWE und die Deutsche Bahn, die sich eigentlich ein grünes Image geben und bis 2038 klimaneutral sein will. Da schadet Kohlestrom der Bilanz und dem Image. Die Abnahmeverträge für Datteln-Strom, die die beiden Konzerne vor 15 Jahren geschlossen haben, sind bis heute unter Verschluss. 

Durch die Inbetriebnahme des Kraftwerks hat nicht nur die Bundesregierung gegen ihre Klimaziele verstoßen, sondern auch die finnische Regierung. Finnland ist über den Staatskonzern Fortum Mehrheitseigner am Kraftwerksbetreiber Uniper. Damit ist Datteln 4 auch ein finnisches Problem, und da der Klimawandel nicht an Staatsgrenzen haltmacht, sind alle gefragt sich einzumischen. 

Mehr Informationen

  • Jüngste Angaben von Bruno Burger zu Datteln 4
  • Eine repräsentative  BUND-Umfrage zur Inbetriebnahme von Datteln 4 hatte ergeben, dass eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung die Inbetriebnahme klar ablehnt.
  • Kontakt: Juliane Dickel, Leitung Atom- und Energiepolitik, BUND-Expertin für Energiepolitik, Mobil: 01 76 / 31 26 79 36, juliane.dickel@bund.net sowie BUND-Pressestelle (Sigrid Wolff / Daniel Jahn / Judith Freund / Heye Jensen), Tel.: (030) 2 75 86-425/-531/-497/-464, presse(at)bund.net

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