Deutsch-tschechisches Elbe-Abkommen: 25 Jahre verfehlter Politik droht Fortsetzung

08. April 2021 | Flüsse & Gewässer, Lebensräume

Berlin/Prag. Angesichts der bevorstehenden Unterzeichnung eines Regierungsabkommens zwischen Deutschland und Tschechien zur Schiffbarkeit der Elbe warnen deutsche und tschechische Umweltschützer vor weiteren ökologischen Schäden und sinnlosen Infrastrukturausgaben. Das Abkommen würde den Druck zum Ausbau des Flusses weiter erhöhen, obwohl Gütertransporte per Schiff rapide abgenommen haben und langanhaltende Dürreperioden der Elbe zunehmend zusetzen, kritisieren der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und die tschechische Umweltorganisation Arnika. Mit dem Abkommen würde die verfehlte Elbe-Politik der vergangenen Jahrzehnte fortgesetzt.

Seit Mitte der 1990er Jahre wurden bereits hunderte Millionen Euro für den Umbau zur Wasserstraße ausgegeben, dabei vertragen sich die Baumaßnahmen zur Vertiefung der Elbe weder mit dem Erhalt unserer Auen und der biologischen Vielfalt noch hat der Gütertransport wegen der häufigen Niedrigwasserereignisse eine Zukunft. Die Umweltverbände appellieren daher an ihre Regierungen, unrealistische Anforderungen an die Elbe als Wasserstraße aufzugeben, die Folgen des Klimawandels endlich anzuerkennen und das Abkommen nicht zu unterzeichnen. Stattdessen müssen sie die Flusslandschaft zum Schutz der biologischen Vielfalt sichern. 

Nikol Krejčová von der tschechischen Umweltorganisation Arnika: "Bislang wurden 25 Millionen Euro nur für die Planungen der Staustufe Děčín ausgegeben – ohne Nutzen für Verkehr oder Ökologie. Jetzt sollen an der tschechischen Elbe Fahrrinnentiefen von bis zu 2,30 Meter hergestellt werden. Es ist unsinnig, in Tschechien Staustufen zu bauen, wenn die Wasserstände auf den anschließenden Strecken in Deutschland nicht ansatzweise erreicht werden."

Die im Abkommen formulierten Ziele zur Schiffbarkeit der Elbe passen nicht zusammen. Selbst bei einer Umsetzung des "Gesamtkonzepts Elbe" ist unklar, ob das für Deutschland angestrebte Fahrrinnenziel von mindestens 1,40 Meter an 345 Tagen im Jahr angesichts der klimabedingten Änderung der Abflussverhältnisse erreicht werden kann. Vor dem Hintergrund der Klimakrise fordern die Umweltverbände, die öffentlichen Mittel beider Länder stattdessen für den Erhalt des einzigartigen Naturpotenzials einzusetzen und in erster Linie die natürlichen Wasserspeicher der Landschaft und der Flussaue zu stärken.

Olaf Bandt, Vorsitzender des BUND: "Beide Regierungen müssen die Folgen der Klimakrise anerkennen und danach handeln. Es kommt jetzt darauf an, die Tiefenerosion der Elbe zu stoppen und umzukehren, um die wichtigen Funktionen der Elbauen als Wasserspeicher zu erhalten und die wertvollen Lebensräume einer großen Vielfalt von Tier- und Pflanzenarten wiederherzustellen. Damit würde die Chance ergriffen, einen zukunftstauglichen Umgang mit der Elbe einzuleiten und deren einzigartiges Naturerbes zu bewahren."

Mehr Informationen

  • Die Inhalte des Regierungsabkommens "Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Tschechischen Republik über die Unterhaltung und Entwicklung der internationalen Binnenwasserstraße Elbe" laut Antwort der deutschen Bundesregierung auf die Anfrage der Bundestagsabgeordneten Steffi Lemke, Bündnis 90 / Die Grünen zusammengefasst. Zusagen von Tschechien: Aufrechterhalt einer Fahrrinnentiefe von 230 Zentimetern zwischen Ústí nad Labem und Týnec nad Labem; Ergreifen von Maßnahmen zur Erreichung einer Fahrrinnentiefe von 230 Zentimetern im Abschnitt von Týnec nad Labem bis Pardubice; Sicherstellung von Fahrrinnenparametern von Ústí nad Labem bis zur Staatsgrenze, die sich aus dem jeweils gültigen Wasserstraßenkonzept ergeben. Zusagen von Deutschland: Derzeitiges Unterhaltungsziel von einer Fahrrinnentiefe von 140 Zentimetern unter dem aktuellen Bezugswasserstand (GlW 2010) bei variabler Fahrrinnenbreite auf der Grundlage des Gesamtkonzepts Elbe.
  • zur Elbe im BUNDmagazin 4/20, Seite 19.
  • BUND-Vision zur Elbe
  • zu Wasserstraßen
  • Kontakt: Iris Brunar, BUND-Elbeprojekt, iris.brunar(at)bund.net sowie BUND-Pressestelle (Daniel Jahn / Judith Freund / Heye Jensen), Tel. (030) 2 75 86-425 / -531 / -497 / -464, presse(at)bund.net

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