Desaster im Dutzend: Zwölf unwirtschaftliche, natur- und klimaschädliche Autobahnen und autobahnähnliche Bundesstraßenprojekte unter der Lupe

09. Februar 2021 | Mobilität, Klimawandel

Berlin. Trotz der zwingenden Notwendigkeit, die Treibhausgase des Verkehrs massiv zu reduzieren, die Biodiversität zu schützen und endlich die Mobilität der Zukunft zu gestalten, hält die Bundesregierung an ihrem Straßenbau-Maximalprogramm fest. Mit dem "Desaster im Dutzend" zeigt der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) an zwölf Autobahnen und autobahnähnlichen Bundesstraßenprojekten, wie Kosten deutlich zu niedrig angesetzt, europäisches Umweltrecht ausgehebelt sowie faire Öffentlichkeitsbeteiligung und Alternativenprüfung verweigert werden. In allen Fällen sind kostengünstige, umweltschonende und schnell umzusetzende Alternativen zum Bau dieser Fernstraßenprojekte möglich. Zugleich wird in der heute veröffentlichten Broschüre beschrieben, wie der Übergang zu einer verkehrsträgerübergreifenden Mobilitäts- und Infrastrukturplanung der Zukunft aussehen kann.

Über 1.000 Bundesfernstraßen, also Autobahnen und Bundesstraßen, mit allein 850 neuen Kilometern Autobahn, will die Bundesregierung bis zum Jahr 2030 bauen. Damit würden die CO2-Emissionen steigen, 170 Natura-2000-Gebiete – die höchste europäische Schutzkategorie – erheblich beeinträchtigt und die Mobilitätswende verhindert. 80 Prozent der Natura-2000-Gebiete sind bereits in schlechtem oder unzureichendem Zustand. 

Olaf Bandt, BUND-Vorsitzender: "Neue Autobahnen und autobahnähnliche Bundesstraßen sind nicht mehr zeitgemäß. Die breiten Proteste gegen den Bau der A 49 durch den jahrhundertealten Dannenröder Wald haben diesen Konflikt deutlich aufgezeigt. Doch es gibt noch viele weitere klimaschädliche, naturzerstörende, überteuerte und unnötige Fernstraßenprojekte, die jetzt noch verhindert werden können und müssen." Das Klimaschutzgesetz von 2019 verlangt, die Treibhausgasemissionen im Verkehr bis 2030 um 42 Prozent zu reduzieren. Dafür braucht es einen sofortigen Neubaustopp und ein Moratorium für die Planung großer Fernstraßenneubauten. Das eingesparte Geld muss in den Straßenerhalt und Ausbau der Schiene investiert werden, um Personen- und Güterverkehr klimafreundlich zu verlagern. Bandt weiter: "Wir müssen die Mobilitätswende sofort angehen. Diese und weitere überdimensionierte, überteuerte und umweltschädliche Projekte müssen sofort aus allen Plänen gestrichen werden."

Werner Reh, Sprecher des BUND-Arbeitskreises Verkehr und Autor der Broschüre: "Bei der 2022 anstehenden turnusmäßigen Überprüfung des Fernstraßenbedarfsplans muss eine Generalrevision dieser gigantischen Fehlplanung und der Startschuss für eine zukunftsfähige Mobilitätsplanung erfolgen. Aufgrund der Kostenexplosionen ist nur noch ein Drittel der als vordringlich eingestuften Fernstraßenprojekte tatsächlich finanziert. Das eigentliche Ziel der großen und überdimensionierten Straßenprojekte ist es, mehr Verkehr zu erzeugen und dadurch den Straßenbau zu verewigen." Mit Rechentricks in der Nutzen-Kosten-Analyse, für die es keine empirische Basis gibt, wurde die Wirtschaftlichkeit der Projekte schöngerechnet. Die europarechtlich vorgeschriebene Strategische Umweltprüfung wurde beim letzten Bedarfsplan unterlassen. Der BUND fordert, dass die nun nachgeholt wird.

Reh abschließend: "Wer die verkehrspolitischen Probleme langfristig lösen will, wird das nur mit einer integrierten Verkehrs- und Mobilitätsplanung sowie einer verkehrssparsamen Raum- und Stadtentwicklung schaffen. Mit anderen Worten: mit einer nachhaltigen Mobilitätpolitik."

Mehr Informationen

  • zu den zwölf unsinnigen Fernstraßenprojekten
  • Bundesbedarfsplanprüfung 2022: Was muss bei der Bedarfsplanüberprüfung 2022 getan werden? Als erstes müssen die Kosten der Bedarfsplanprojekte überprüft und deren Wirtschaftlichkeit neu berechnet werden. Zum Beispiel haben sich die Kosten der A20 (Küstenautobahn) auf sieben Milliarden Euro verdoppelt. Auf der Grundlage der bis 2030 verfügbaren Investitionsmittel sind dann verkehrsträgerübergreifend Netze zu planen, die die Ziele der Bundesverkehrswegeplanung wie Reduktion von Treibhausgasen, Schadstoffen und Lärm, Schutz der Natur, Begrenzung der Flächeninanspruchnahme tatsächlich erfüllen. Die Verlagerung von Güterverkehr auf die Schiene könnte alleine schon 8-10 Millionen Tonnen CO2 jährlich einsparen. Alle Projekte müssen einer wirksamen Umweltprüfung und einer fairen Öffentlichkeitsbeteiligung unterworfen werden, in denen auch die in der Broschüre vorgeschlagenen bedarfsgerechten, kostengünstigen und umweltverträglicheren Alternativen geprüft werden. Unnötige Projekte müssen ersatzlos gestrichen werden. 
  • An zwölf Bundesfernstraßenneubauprojekten zeigt der BUND auf, welche grundsätzlichen Mängel sich durch einen großen Teil der im Bundesverkehrswegeplan 2030 aufgeführten 1.360 Fernstraßenprojekte ziehen. Zur BUND-Broschüre "Desaster im Dutzend"
  • Kontakte: Werner Reh, Sprecher BUND-AK Verkehr, Mobil: 01 76 / 45 71 92 92, w.reh(at)bund.net, Jens Hilgenberg, Leiter Verkehrspolitik, Tel. (030) 2 75 86-467, jens.hilgenberg(at)bund.net sowie BUND-Pressestelle (Daniel Jahn / Judith Freund / Heye Jensen), Tel. (030) 2 75 86-425 / -531 / -497 / -464, presse(at)bund.net

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