Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen in Deutschland verhindern. Bundesregierung muss Gesetzentwurf zurückweisen

17. Oktober 2016 | Landwirtschaft

Berlin: Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat die Bundes­regierung aufge­fordert, den zwischen verschiedenen Ressorts abgestimmten Gesetz­entwurf von Bundesagrarminister Christian Schmidt zu Gentechnik-Anbauverboten in Deutschland bei der Kabinettssitzung Anfang November zurückzuweisen. Bleibe das Gesetz so wie es ist, seien nationale Anbauverbote künftig nahezu ausgeschlossen. Die dem Gesetzentwurf zugrunde liegende EU-Richtlinie gebe den Mitgliedstaaten mehr Möglichkeiten, den Anbau von Gentech-Pflanzen auf ihrem Territorium zu verbieten. Die derzeitige Ausgestaltung des deutschen Gesetzentwurfs schöpfe diesen Spielraum jedoch bei Weitem nicht aus.

"Bei der Umsetzung in deutsches Recht ist das Ziel der EU-Richtlinie, nationale Gentech-Anbauverbote zu erlauben, verloren gegangen", sagte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger. "Der Gesetzentwurf von Agrarminister Schmidt täuscht lediglich vor, bundesweite Gentech-Anbauverbote zu ermöglichen. Offensichtlich hintertreibt der Agrarminister bundesweite Anbauverbote und macht für Gentechnik auf unseren Äckern die Tore weit auf", sagte Weiger.

In einer Stellungnahme zum Gesetzentwurf kritisiert der BUND die hohen Hürden für nationale Anbauverbote. Nach EU-Recht werde jede Gentech-Pflanze separat zugelassen. Die einfachste Möglichkeit für ein nationales Anbauverbot sei während des laufenden EU-Zulassungsverfahrens gegeben. Um jedoch ein solches Verbot verhängen zu können, müssten laut Gesetzentwurf nicht nur die Mehrheit der Bundesländer, sondern innerhalb von 45 Tagen auch sechs Bundesministerien einvernehmlich zustimmen.

"Mit einer extrem knappen Frist und dem absehbaren Veto des traditionell gentechnikfreundlichen Forschungsministeriums wird jedes nationale Anbauverbot unmöglich gemacht. Es ist grotesk, dass ein einziges Ministerium die Macht bekommt, Anbauverbote scheitern zu lassen. Die Beteiligung der Ministerien muss aus dem Gesetzentwurf gestrichen werden, eine Mehrheit der Länder muss für ein Gentech-Anbauverbot ausreichen", forderte der BUND-Vorsitzende.

Nach dem vorliegenden Gesetzentwurf müsse jedes einzelne Bundesland für sein Territorium den Anbau von Gentech-Pflanzen verbieten, wenn es zu keinem bundesweiten Anbauverbot komme. Dies sei eine inakzeptable Verlagerung der Verantwortung für Gentechnik-freie Äcker auf die Länder. Heike Moldenhauer, Gentechnikexpertin des BUND: "Da jedes Bundesland Gentech-Anbauverbote ausführlich begründen muss, sind Klagen der Gentechnik-Konzerne dagegen sehr wahrscheinlich. Hinzu kommt: Verbieten nicht alle Bundesländer jede Gentech-Pflanze, dann wird Deutschland zum Gentechnik-Flickenteppich. Die Länder sind einem permanenten Klagerisiko ausgesetzt und haben einen hohen Aufwand, gentechnische Verunreinigungen auf ihrem Territorium zu vermeiden. Pollen machen nicht an Ländergrenzen halt, deshalb ist die schleichende gentechnische Kontamination von Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion vorprogrammiert."

Der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger forderte die SPD auf, umgehend zu intervenieren. "Die SPD darf diesen Gesetzentwurf auf keinen Fall mittragen und muss auf eine grundsätzliche Neufassung dringen. Es ist inakzeptabel, die Verantwortung für Gentechnik-Anbauverbote und die Klagerisiken allein den Bundesländern aufzubürden. Die SPD-Fraktion im Bundestag ist jetzt gefordert, bundesweite Gentech-Anbauverbote durchzusetzen. Im Gesetz muss eine zentrale Koordinierungsstelle für nationale Anbauverbote verankert werden. Es geht um die Gentechnikfreiheit von Landwirtschaft und Lebensmitteln und den Schutz von Umwelt und Verbrauchern", sagte Weiger.

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