Aktueller Bericht: Elf Gründe, warum Europa Patente auf Pflanzen und Tiere verbieten muss

23. April 2020 | Landwirtschaft, Lebensräume, Naturschutz, Umweltgifte

Berlin. Ein heute veröffentlichter Bericht von "Keine Patente auf Saatgut!", an dessen Finanzierung der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) beteiligt war, zeigt: Auch 2018 und 2019 wurden mehr als hundert Patentanträge auf konventionell gezüchtete Pflanzen und Tiere eingereicht, obwohl Pflanzen und Tiere nach europäischem Recht nicht patentiert werden dürfen. Anhand von elf Beispielen zeigt der Bericht, wie weitreichend die gestellten Patentanträge sind, die Unternehmen weitreichenden Zugriff auf unsere Ernährungsgrundlagen geben würden. 

Martha Mertens, Sprecherin des BUND-Arbeitskreises Gentechnik und stellvertretende Sprecherin des Wissenschaftlichen Beirats des BUND: "Der Bericht unterstreicht die Forderungen des BUND: Es dürfen keine Patente auf Saatgut, keine Patente auf herkömmlich gezüchtete Pflanzen und Tiere erteilt werden." 

Doch genau dies droht für die vorgestellten Beispiele und weitere konventionelle Züchtungen. Denn noch immer orientiert sich das Europäische Patentamt (EPA) nicht am Wortlaut des europäischen Patentrechts, sondern beruft sich auf eine Entscheidung des EPA-Verwaltungsrates aus dem Jahr 2017: Diese besagt, dass Patente nur für einige Verfahren der konventionellen Züchtung verboten seien. 2018 erlaubte das EPA derartige Patente sogar ganz generell.  

Aufgrund der so entstandenen Widersprüche und wegen heftiger Proteste setzte das EPA 2019 alle weiteren Patentanträge im Bereich der konventionellen Züchtung zunächst aus, es ist aber wahrscheinlich, dass im Jahr 2020 wieder Patente erteilt werden. 

Mertens kritisiert: "Der Bericht zeigt, dass die Unternehmen Patentanträge für eine Vielzahl von natürlich vorhandenen Eigenschaften genauso wie durch konventionelle Kreuzung und Selektion gewonnene Pflanzen und Sorten einreichen. In Mexiko gesammelte Paprika oder natürliche Resistenzen sind aber keine Erfindungen, genau so wenig wie durch Kreuzung und Selektion gewonnene Sorten. Darauf dürfen keine Patente erteilt werden."

Trotzdem wurden 2018 und 2019 über 100 Anträge eingereicht, die Ansprüche auf viele Gemüsearten, auf Gerste und Bier, aber auch landwirtschaftliche Nutztiere anmelden. Werden konventionell gezüchtete Pflanzen und Tiere als Erfindungen patentiert, stehen diese ohne Zustimmung der Patentinhaber nicht für die weitere Züchtung zur Verfügung. 

"Die genannten Beispiele stammen nicht aus gentechnischen Verfahren, sondern sind das Ergebnis von zufälligen Prozessen, kombiniert mit Kreuzung und Selektion. Werden hier Patentmonopole erteilt, erschwert das die Züchtung, denn diese ist auf den Zugang zu biologischer Vielfalt angewiesen", ergänzt Mertens. 

"Der Bericht von 'Keine Patente auf Saatgut!' zeigt, wie die Konzerne versuchen, noch mehr Kontrolle über die Produktion von Lebensmitteln in Europa zu erhalten, wenn die aktuellen rechtlichen Fragen nicht gelöst und keine klare Unterscheidung zwischen technischen Erfindungen und zufälligen Verfahren gemacht werden", sagt Christoph Then für "Keine Patente auf Saatgut!"

Gemeinsam mit "Keine Patente auf Saatgut!" fordert der BUND, dass das EPA sich künftig an das europäische Patentrecht hält, und keine Patente auf unsere biologische Vielfalt erteilt. Die Freiheit der Züchterinnen und Züchter, Gärtnerinnen und Gärtner sowie Landwirtinnen und Landwirte, die konventionelle Züchtung, Aufzucht und Erhaltung von Nahrungspflanzen und Nutztieren betreiben, darf auch in Zukunft nicht durch Patente eingeschränkt werden. 

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