Dieselfahrverbote allein reichen nicht gegen Feinstaub

16. Mai 2017 | Jens Hilgenberg, xing.de

Je näher das Stuttgarter Dieselfahrverbot ab 2018 rückt, desto nervöser wird die Debatte. Der Druck auf die Auto-Hersteller nimmt zu. An diesem Samstag diskutieren die Beteiligten wie es weitergeht.

Jens Hilgenberg BUND-Verkehrsexperte Jens Hilgenberg  (Sebastian Hennigs)

Seit Bekanntwerden des Dieselabgasskandals im Herbst 2015 hat die Debatte um überhöhte Stickoxidwerte die um die Belastung mit Feinstaub in unseren Städten abgelöst. Dabei ist das Problem Feinstaub noch lange nicht gelöst, auch wenn die aktuell gültigen Grenzwerte nur noch in wenigen deutschen Städten überschritten werden.

Ich rede nicht von Stickstoffoxiden (NOx), die meist zusammen mit Feinstaub genannt werden. Hier ist die Situation relativ klar: Vor allem die Diesel-Pkw sind für den Großteil der städtischen Belastungen durch NOx verantwortlich. Die aktuell auch im Verkauf befindlichen Modelle halten ihre gesetzlichen NOx-Grenzwerte meist nur im Labor ein, nicht jedoch im Realbetrieb auf der Straße. Beim Feinstaub ist die Lage deutlich differenzierter zu betrachten.

Zunächst ist klarzustellen, dass Feinstaub kein einheitlicher Schadstoff ist. Es gibt Feinstäube unterschiedlichster Größe, die auch in ihren gesundheitlichen und klimatischen Wirkungen ganz unterschiedlich sind. Grob kann gesagt werden: Je feiner der Staub, desto gefährlicher. Besonders gefährlich sind in diesem Zusammenhang die Stäube, die kleiner als 0,1 Mikrometer sind. Diese gelangen aufgrund ihrer geringen Größe bis in die kleinsten Verästelungen der Lunge, lagern sich dort ab und erhöhen das Risiko für Krebserkrankungen deutlich. Durch den Erfolg der Umweltzone sind Dieselfahrzeuge in den meisten Städten als Hauptquelle für Feinstaub abgelöst worden. Je nach geografischer Lage sind die Hauptverursacher von Feinstaub nun private Kamine, Schifffahrt, Industrie, Energiewirtschaft oder vermehrt Benzinfahrzeuge. 

Die Einhaltung derzeitiger Grenzwerte trägt nicht zu gesünderer Luft bei

Es stimmt: Auf dem Papier halten die meisten Städte die aktuellen Feinstaubgrenzwerte ein. Allerdings empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation (WHO), die aktuell einzuhaltenden Grenzwerte zu halbieren. Zudem werden die Werte vor allem für relativ große und schwere Feinstaubpartikel erhoben, obwohl die Gefahr gerade von feinen, leichten Partikeln ausgeht. Es ist also mitnichten so, dass durch die Einhaltung der aktuellen Feinstaubgrenzwerte die Gefahr für uns Bürgerinnen und Bürger gebannt ist. Es ist an der Zeit, europaweit Daten zu den besonders gefährlichen kleinen Fein- und Mikrostäuben zu erheben, und zwar zur Anzahl der Partikel und nicht, wie den aktuellen Anforderungen entsprechend, nur zu deren Gewicht. Für die gesundheitliche Belastung ist die Minderung der Partikelanzahl kleiner Partikel deutlich bedeutender als die Vermeidung weniger, dafür aber relativ schwerer Teilchen.

Das bedeutet konkret: Die Politik muss handeln. Um herauszufinden, wie belastet die Städte sind, muss anders gemessen werden. Es müssen Grenzwerte für Mikrostaubpartikel festgesetzt werden. Und daraus resultieren auch Vorgaben für die Industrie – sprich Unternehmen – und private Haushalte mit Kaminöfen und Benzinern. Temporäre Fahrverbote in feinstaubbelasteten Gebieten werden die Probleme allein nicht lösen.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf www.xing.de

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