Was sind Anzeichen für die Überdüngung (Eutrophierung) der Meere?
Das übermäßige Einleiten von Dünger führt zu einem Überangebot an Nährstoffen in den Meeren. Die direkte Folge: Ein massives Wachstum von Phytoplankton und anderen schnell wachsenden Algenarten, die das Wasser stark trüben. Durch den Lichtmangel sterben die am Boden angesiedelten mehrjährigen Pflanzenarten wie Seegras, Tangwälder oder langsam wachsende Makroalgen ab – das Ökosystem gerät aus der Balance. Die Ostsee ist aufgrund des geringeren Wasseraustauschs besonders stark betroffen.
Mit den Seegraswiesen und Tangwäldern verschwindet auch die Kinderstube und Heimat zahlreicher Tierarten, darunter der Hering, die Seenadel und das Seepferdchen. Früher erstreckten sich die Seegraswiesen in der Ostsee noch bis in 30 Metern Tiefe. Heute sind sie wegen der Wassertrübung nur noch bis zu einer Tiefe von sechs Metern zu finden.
Einige Algenarten, die durch die Überdüngung stark wachsen, sondern Giftstoffe ab, die zu Fischsterben führen und auch beim Menschen Vergiftungserscheinungen auslösen können. Bei solch giftigen Algenblüten müssen im Sommer vor allem an der Ostsee regelmäßig Strände für Badegäste gesperrt werden. Auch die Quallenplagen im Spätsommer an der Ostsee sind Ausdruck der Überdüngung. Quallen haben aufgrund der gestörten Ökosysteme inzwischen weniger Fressfeinde und mehr Nahrung in Form von Algen.
Auf dem Meeresboden sind die Spuren der Eutrophierung deutlich: Wenn die großen Mengen an Algen absterben, sinken sie zum Meeresboden, wo sie von Bakterien zersetzt werden. Dabei wird der Sauerstoff im Bodenwasser verbraucht. Es entstehen sauerstoffarme oder -freie Bereiche: die "toten Zonen". Heute bedecken die toten Zonen schon 15 Prozent des gesamten Meeresbodens der Ostsee; ihre Fläche hat sich im Laufe des 20. Jahrhunderts verzehnfacht!
Wie kommt es zur Überdüngung der Meere?
Die industrielle Landwirtschaft ist Hauptverursacher der Überdüngung der Meere, vor allem durch Stickstoffeinträge. Die Massentierhaltung produziert jährlich über 200 Millionen Kubikmeter Gülle! Die Flächen der landwirtschaftlichen Betriebe reichen nicht aus, um diese Mengen an organischem Dünger aufzunehmen. Mehr als 11,1 Millionen Gülletransporter mit jeweils 18.000 Liter Gülle sind deshalb pro Jahr auf unseren Straßen unterwegs. Der Stickstoff landet zum großen Teil ungenutzt in der Atmosphäre, gelangt ins Grundwasser, in angrenzende Oberflächengewässer und letztendlich in die Meere.
Auch die Aquakulturen stellen ein Risiko für die Ökosysteme im Meer dar. Die stark wachsende Produktion von Fisch, Muscheln, Krebsen und Algen findet überwiegend in offenen Aquakultur-Anlagen direkt im Meer statt. Doch hier gelangen die Futtermittelreste und die Ausscheidungen der Tiere ungefiltert in das umliegende Wasser. Nur geschlossene Anlagen, bei denen die Abwässer gereinigt in den Kreislauf der Becken geleitet werden, sind keine Belastung der Meere.
Neben der Landwirtschaft ist die Verbrennung fossiler Energieträger eines der Hauptursachen für Stickstoffemissionen, die sich auf die Meere niederschlagen. Allein durch den Verkehr entstehen in Deutschland rund 500.000 Tonnen Stickoxide, die über Staub und Regen in die Gewässer gelangen. In der Industrie ist es vor allem die Verbrennung von Stein- und Braunkohle für die Energiegewinnung, die die Stickstoffemissionen – und damit auch die Belastung der Meere – in die Höhe treibt.
Lösungen und Forderungen für den Meeresschutz
Unsere Vision: Um dem dramatischen Verlust der Artenvielfalt unserer Meere entgegenzuwirken, ist es essenziell, dass die Maßnahmen zur Minimierung des Eintrags von weiteren Nährstoffen ambitioniert und mit sofortiger Wirkung umgesetzt werden.
In der EU werden zurzeit verschiedene Richtlinien mit vielversprechenden Ansätzen verhandelt:
- Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie
- Wasserrahmenrichtlinie
- Nitrat-Richtlinie
- Richtlinie über die Emissionshöchstmengen für Luftschadstoffe
Und auch in die EU-Agrarpolitik muss Bewegung rein: Die industrielle Landwirtschaft darf nicht mit Agrarsubventionen gefördert werden, wenn sie Ökosysteme zerstört.
Vor allem braucht es aber dringend einen Wandel in der Landwirtschaft, auch zum Schutz der Meere.
- Zum Schutz unserer Umwelt müssen die Tiere auf der Weide gehalten werden. Fleisch aus Weidehaltung ist nicht nur tiergerechter, sondern wird auch ohne Importfutter erzeugt.
- Bei der Gülleausbringung auf den Äckern können die Emissionen in die Atmosphäre effektiv reduziert werden, wenn die Gülle direkt in den Boden eingearbeitet wird.
- In bestehenden Anlagen der Intensivtierhaltung müssen Luftfiltersysteme eingebaut werden, um Emissionen einschränken.
- Die Tierhaltung muss an die landwirtschaftliche Fläche gebunden werden. D.h. es dürfen nur so viele Tiere gehalten werden, wie auf der verfügbaren Fläche ausgebracht und durch die Pflanzen verarbeitet werden kann.
- Es sollte gesetzlich geregelt werden, dass maximal zehn Prozent weniger gedüngt werden darf, als die Pflanzen maximal benötigen würden. Bislang gehen die erlaubten Höchstmengen von der höchsten Aufnahmekapazität der Pflanzen aus. Eine Überdüngung ist damit vorprogrammiert.
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