Verbindliche Kennzeichnung aller tierischen Produkte

Massentierhaltung ist schlecht für die Tiere und die Umwelt. Dennoch hat die Bundesregierung in den vergangenen Jahren den Ausbau Deutschlands als Fleischproduktionsstätte massiv vorangetrieben. Und das, obwohl sich die Essgewohnheiten ändern und der Fleischkonsum langsam sinkt. Die Menschen wollen Klarheit über die Haltungsbedingungen. Eine Haltungskennzeichnung kann Abhilfe schaffen.

Freilandhühner Viele Verbraucher*innen wünschen sich eine artgerechte Tierhaltung.  (422737 / pixabay.com)

Verbraucher*innen wollen eine Kennzeichnung

Aufgrund der großen ökologischen und sozialen Probleme ist die Massentierhaltung gesellschaftlich nicht mehr akzeptiert. Verbraucher*innen lehnen mehrheitlich diese qualvolle Art der Tierhaltung ab. Laut einer Umfrage des Landwirtschaftsministeriums wollen mehr als 80 Prozent der Befragten Informationen zu Haltungsbedingungen von Tieren auf Verpackungen finden. Außerdem sind die meisten bereit, einen höheren Preis zu zahlen, wenn dafür sichergestellt ist, dass die Tiere artgerecht gehalten werden.

Eine repräsentative Forsa-Umfrage im Auftrag des BUND zeigt: Über zwei Drittel der Deutschen befürworten strengere Vorschriften zur artgerechteren Haltung von Nutztieren. Außerdem sprechen sich vier von fünf Bürger*innen für eine verbindliche staatliche Haltungskennzeichnung bei tierischen Lebensmitteln aus. 

Haltung nicht ersichtlich

Konsument*innen können sich an der Ladentheke nur selten für mehr Tierschutz entscheiden, denn im konventionellen Bereich wird bisher nur wenig differenziert. Eine verbindliche staatliche Haltungskennzeichnung fehlt. Angaben, wie die Tiere gehalten wurden, sind nicht vorhanden. Landwirt*innen, die über dem gesetzlichen Mindeststandard produzieren haben keine Vorteile, da Verbraucher*innen mehr Tierschutz meist nicht erkennen können und daher auch nicht vermehrt zu diesen Produkten greifen.

Angekündigte Kriterien zu lasch 

Der ehemalige Bundesagrarminister Schmidt kündigte im Januar 2017 auf der Internationalen Grünen Woche (IGW) ein "Tierwohllabel" an. Geplant waren zunächst zwei Stufen – diese sind zwar staatlich, aber nicht verpflichtend. Die Bundesregierung stellte im Koalitionsvertrag im Februar 2018 fest, dass ein mehrstufiger Aufbau einer staatlichen Kennzeichnung anhand verbindlicher Kriterien für Fleisch aus besserer Tierhaltung (Tierwohllabel) geschaffen werden soll. Dafür wolle sie bis zur Mitte der Legislaturperiode die rechtlichen und organisatorischen Voraussetzungen schaffen.

Der BUND hat in einem breiten Bündnis aus Tier-, Umwelt- und Verbraucherschutzverbänden eine gemeinsame Position veröffentlicht und fordert eine verpflichtende Kennzeichnung sowie stärkere Tierhaltungskriterien in der Einstiegsstufe. Nur eine gesetzlich verpflichtende Haltungskennzeichnung, die für alle tierischen Produkte gilt, schafft echte Verbrauchertransparenz und kann in der Breite wirken.

Anlässlich der Verbändebeteiligung zum "Tierwohlkennzeichengesetz" von Bundesagrarministerin Klöckner hat der BUND zum vorgelegten Entwurf Stellung genommen. Grundsätzlich begrüßt der BUND die Initiative zur Verbesserungen in der Nutztierhaltung, kritisiert den vorgelegten Entwurf aber als unzureichend und fordert das Ministerium auf, bei den Haltungskriterien – insbesondere bei der Einstiegsstufe – nachzubessern.

BUND fordert verbindliche Kennzeichnung der Haltung für alle tierischen Produkte

Kein Ei mit der 3 Mit gutem Beispiel voran – die Eierkennzeichnung

Eine verpflichtende staatliche Kennzeichnung ist am besten geeignet, um Transparenz zu schaffen, da die Initiativen der Branchen bisher nicht vertrauenserweckend sind. Die Eierkenn­zeich­nung ist ein Erfolgsmodell. Diese staatliche Kennzeich­nung hat das Kaufverhalten der Verbraucher*innen enorm beeinflusst. Sie beschleunigte den Umbau der Legehennen-Haltung hin zu umwelt- und tierwohlgerechteren Haltungsverfahren.

Nach diesem Vorbild ist es auch bei tierischen Produkten empfehlenswert, die bereits bekannten Einstufung von Null bis Drei einzuführen. So ist es möglich, eine weniger artgerechte Haltung zu meiden und stattdessen Ware auszuwählen, bei deren Produktion strengere Umwelt- und Tierschutzstandards gelten.

Der BUND sieht in der wachsenden Nachfrage nach umwelt- und tiergerecht hergestellten Produkten einen wichtigen Hebel zum Umbau der Tierhaltung. Verbraucher*innen leisten somit durch das Kaufverhalten einen wichtigen Beitrag.

FAQs – Verbindliche staatliche Haltungskennzeichnung

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Reichen die bestehenden Kennzeichnungen nicht aus?

Bisherige Versuche zur freiwilligen Kennzeichnung der Tierhaltungsform, wie die sogenannte "Tierwohl-Initiative", haben nicht zu den gewünschten Erfolgen geführt. Bunte Bilder von idyllischen landwirtschaftlichen Betrieben führen viele Verbraucher*innen in die Irre. Glückliche Tiere werden zu Werbezwecken missbraucht. Die realen Produktionsbedingungen sind für Verbraucher*innen nicht erkennbar. Markennamen wie "Bauernglück" wecken die Assoziation eines idyllischen ländlichen Bauernlebens. Dies gilt nicht nur für Fleisch. Auch Milchverpackungen werden mit Bildern von grasenden glücklichen Kühen vermarktet, obwohl die Tiere nur im Stall gehalten wurden. Der BUND fordert daher, irreführende Werbung zu verbieten, damit Konsument*innen an der Ladentheke entscheiden können, welches Produktionssystem sie unterstützen möchten.

Welche Alternativen gibt es gegenwärtig?

Zwar gibt es beispielsweise das Neuland-Programm, das Maßstäbe für eine besonders artgerechte Tierhaltung setzt. Fleisch aus diesem Programm ist nur leider nicht überall erhältlich. Achten Sie beim Kauf von Fleisch auf das Neuland-Label. Auch Bio-Fleisch ist eine bessere Wahl. Die Bio-Betriebe verpflichten sich grundsätzlich zu einer artgemäßen Tierhaltung. Suchen Sie hier am besten nach den Siegeln der Anbauverbände. Auslauf oder Weidegang sind vorgesehen und (ausschließlich) Spaltenböden und Käfige verboten. Antibiotika dürfen nur im Notfall verabreicht werden.

Warum ist eine staatlich verbindliche Kennzeichnung nötig?

Konsument*innen können sich nur selten an der Ladentheke für mehr Tierschutz entscheiden. Im konventionellen Bereich wird kaum differenziert. Eine verbindliche staatliche Haltungskennzeichnung fehlt. Zwar können Konsument*innen zum Beispiel zu Bio- oder Neuland-Fleisch greifen, doch sind diese Produkte entweder nicht überall erhältlich oder noch nicht bekannt. Hier ist die Politik aufgefordert zu handeln, denn laut Ernährungsreport 2017 finden drei Viertel der Befragten ein staatliches Tierwohllabel wichtig.

Wird sich durch solche Kennzeichnung tatsächlich etwas ändern?

Verbraucher*innen können durch ihr Kaufverhalten die Nutztierhaltung verbessern, wenn sie erkennen woher das Fleisch kommt. Doch das wird nicht ausreichen. Die politisch Verantwortlichen müssen handeln. Das nächste Agrarministerium darf sich nicht, wie unter Christian Schmidt, allen guten Vorschlägen verweigern. Wir brauchen einen umfassenden Umbau hin zu ökologischerer Tierhaltung, tiergerechten Ställen und mehr Weidehaltung – nicht irgendwann, sondern jetzt.

Wieso setzt sich der BUND für eine Haltungskennzeichnung ein?

Neben einem Verbot von irreführender Werbung fordert der BUND eine verpflichtende staatliche Kennzeichnung. Diese ist am besten geeignet, um die von Verbraucher*innen geforderte Transparenz zu schaffen. Aus Sicht des BUND braucht es eine verpflichtende staatliche Kennzeichnung: 0 bis 3, wie beim Ei. Die Kennzeichnung hat zu einem geschärften Bewusstsein bei Verbraucher*innen geführt und infolgedessen auch dazu, dass Eier aus Käfighaltung ausgelistet wurden.

Beim Fleisch könnte sich die Einstufung an existierenden Standards orientieren, wie beispielsweise 0 für Bio und 1 für die Kriterien des Neuland-Siegels. Stufe 2 müsste erheblich besser sein als der gesetzliche Standard und zumindest Stroh vorschreiben sowie deutlich mehr Platz garantieren. Und Stufe 3 wäre das, was heute die Mehrzahl der Tiere erleiden muss: der gesetzliche Standard.

Für welche Produkte fordert der BUND eine Kennzeichnung?

Aus Sicht des BUND ist eine verpflichtende staatliche Kennzeichnung am besten geeignet, um Transparenz zu schaffen. Sie muss für alle tierischen Produkte gelten.

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Daniela Wannemacher

Leiterin Team Landnutzung
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