Hochwasser an Flüssen und Bächen ist ein natürliches Phänomen: Während der Schneeschmelze oder stärkerer Niederschläge steigen die Pegel an. In einer ökologisch gesunden Flusslandschaft profitiert die Natur, da das Wasser Nährstoffe in die Auen bringt, Fische und Amphibien ruhige Laichplätze finden und zahlreiche Vogelarten entlang der wassergefüllten Mulden und Flutrinnen auf Nahrungssuche gehen. Doch durch menschliche Einflüsse wird aus dieser natürlichen Dynamik der Flüsse immer häufiger eine Katastrophe. Allein an der Elbe gab es zwischen 2002 und 2013, also innerhalb von elf Jahren, vier extreme Hochwasser. Die Gründe für die häufigen und so zerstörerischen Fluten sind vielfältig. Doch immer ist der Mensch im Spiel.
So bremsen intakte Flussauen Hochwasser:
Die Ursachen für extreme Hochwasser
Natürliche Auen können wie ein Schwamm große Wassermengen zurückhalten und bei Trockenheit wieder abgeben. Doch entlang der deutschen Flüsse können bei Hochwasser nur noch ein Drittel der ehemaligen Überschwemmungsflächen überflutet werden. An Rhein, Donau, Elbe und Oder sind es an vielen Abschnitten sogar nur noch zehn bis zwanzig Prozent. Ein Großteil der Auen sind Siedlungen, Landwirtschaft und Straßenbau zum Opfer gefallen. Nun trennen Deiche den Fluss von seinen ehemaligen Flächen ab, zwängen den Strom ein und lassen so die Pegel steigen. Wenn sich der Fluss sein ursprüngliches Bett wiederholt, stehen die nun oftmals bebauten oder landwirtschaftlich genutzten Auen unter Wasser.
Für die Schifffahrt wurden die Flüsse begradigt, mit Staustufen und Buhnen verbaut sowie vertieft. So hat sich die Fließgeschwindigkeit enorm erhöht und Hochwasserwellen gelangen wesentlich schneller und höher flussabwärts.
Stündlich verschwindet in Deutschland die Fläche von einem Fußballfeld unter Beton. Durch diese immer noch massive Versiegelung der Landschaft versickert bei starken Niederschlägen immer weniger Wasser im Boden. Stattdessen rauscht es direkt über die Kanalisation in Vorfluter, Bäche und Flüsse. Zudem gehen mit Mooren, Wäldern und Grünland weitere wertvolle Biotope mit Schwammfunktion verloren.
Extreme Wetterlagen mit starken Niederschlägen nehmen in Deutschland und Mitteleuropa deutlich zu. Als eine wesentliche Ursache gilt die Klimakrise. Da viel Niederschlag in kurzer Zeit fällt, hat der Boden meist keine Zeit, das Wasser aufzunehmen. Vorangegangene Trockenheit oder über eine längere Dauer bereits durchnässte Böden verstärken diesen Effekt. Kurzfristig steigende Wasserstände, Sturzfluten und Überschwemmungen sind die Folge.
Als Folge der Klimakrise wird Hochwasser in Deutschland verschärft vorkommen. Besonders im Winter steigt die von den Flüssen ausgehende Hochwassergefahr (fluviale Überflutung) wegen zunehmenden Niederschlägen. Außerdem werden wegen der milden Temperaturen die Niederschläge seltener in Form von Schnee gespeichert. Statt dass ein Teil der Winterniederschläge erst im Frühjahr mit der Schneeschmelze in die Flüsse gelangen, füllen sie direkt im Winter die Gewässer. Hinzu kommen Sturzfluten aus Starkregen, die auch weit ab vom Gewässer (pluviale Überflutung) entstehen können. Durch die Klimakrise werden Starkregenereignisse voraussichtlich immer öfter und mit immer größerer Intensität auftreten: Wegen der steigenden Temperaturen kann die Atmosphäre mehr Wasserdampf aufnehmen. Überschwemmungen durch Starkregen können überall auftreten und die Vorwarnzeiten können sehr kurz sein.
BUND-Forderungen zum Hochwasserschutz
Technischer Hochwasserschutz bedeutet Staubecken und Spundwände bauen, Deiche errichten und erhöhen. Das schützt aber nur bedingt: Flussabwärts steigen die Pegel, der Druck auf die Deiche erhöht sich, sie werden überflutet oder brechen im schlimmsten Fall. Der ökologische Hochwasserschutz hingegen gibt den Flüssen wieder mehr Raum. Die Auen können große Wassermengen aufnehmen und zurückhalten. Davon profitiert auch die Natur: Intakte Auen sind die artenreichsten Lebensräume Mitteleuropas. In Deutschland sind jedoch nur noch neun Prozent der Auen ökologisch intakt.
Moore und Feuchtgebiete müssen, wo sie schon zerstört sind, renaturiert und, wo sie bedroht sind, erhalten werden. Mehr Raum für naturnahe Flüsse und Auen ist notwendig. Die weitere Verbauung und Kanalisierung unserer Fließgewässer für die Binnenschifffahrt und die Wasserkraft stehen im Widerspruch zu einem ökologischen Hochwasserschutz. Zudem muss die immense Versiegelung gestoppt werden. Die Bundesregierung hat sich bis 2030 als Ziel gesetzt, weniger als 30 Hektar Fläche pro Tag zu versiegeln – der Mittelwert der Jahre 2019 bis 2022 mit 52 Hektar pro Tag zeigt jedoch, dass Deutschland noch weit davon entfernt ist.
Böden nehmen Regenwasser auf, speichern große Mengen davon und können das Wasser später an die Pflanzen zurückgeben. Durch Versiegelung, Verkehr sowie die intensive Landwirtschaft, welche die Böden verdichtet und die Bodenstruktur zerstört, nehmen diese Eigenschaften jedoch ab. Ein verbesserter Bodenschutz beugt dem Hochwasserschutz vor und mehr Wasser kann in die Böden versickern. Beim ökologischen Landbau kann zum Beispiel doppelt so viel Wasser versickern als bei der konventionellen Landwirtschaft.
Besonders in den Städten ist der größte Teil der Flächen versiegelt und zubetoniert. Das Konzept der Schwammstadt will die versiegelte Flächen aufbrechen und so mehr Speichermöglichkeiten für Wasser schaffen. Durch mehr städtische Grün- und Wasserflächen soll das Regenwasser dort zurückgehalten werden, wo es fällt. Bei Starkregen wird so die Kanalisation stärker entlastet. Gleichzeitig wird so weniger verunreinigtes Wasser durch überlaufende Abwasserkanäle in die Gewässer gelangen. Die Stadt wird grüner und lebenswerter. Die Verdunstung des zurückgehaltenen Wassers hilft die Stadt in zunehmend heißen Sommern zu kühlen. Der Umbau der bestehenden und die Planung neuer Häuser, Straßen, Plätze und Kanäle zu einer Schwammstadt muss durch die Bundesregierung stärker finanziell und beratend unterstützt werden.
Die Menschen in Hochwassergebieten müssen sowohl bei technischen als auch bei ökologischen Schutzmaßnahmen frühzeitig und professionell eingebunden werden. Nur so lassen sich zeitintensive Konflikte minimieren.
Die Bundesregierung muss sich für ein ausreichendes Klimaziel der EU einsetzen: Der CO2-Ausstoß muss verbindlich reduziert, die Erderwärmung auf maximal 1,5 Grad begrenzt und schleunigst aus den fossilen Energien ausgestiegen werden.
Um große Maßnahmen zügig umzusetzen, wurde 2014 das Nationale Hochwasserschutzprogramm beschlossen. Neun Jahre später waren zwei Drittel der Maßnahmen aber immer noch nicht in der Genehmigung. Bei den zuständigen Behörden fehlt es oft an Personal. Länger beschlossene Hochwasserschutzprojekte können dann nicht geplant und umgesetzt werden. Bei kleineren Hochwassermaßnahmen haben die zuständigen Bundesländer nicht ausreichend Geld zur Verfügung, um notwendige Überflutungsflächen entlang der Flüsse zu erwerben. Hier braucht es eine stärkere Unterstützung aus dem Bundeshaushalt.
Ihre Spende, damit wir Umwelt und Natur langfristig schützen können
Höhere Dämme allein reichen nicht aus, um vor Hochwasser und Überschwemmungen zu schützen. Wir müssen die Ursachen bekämpfen und auf ganz vielen Ebenen handeln. Deshalb bitten wir Sie: Geben Sie dem Schutz natürlicher Lebensräume, z.B. für mehr Artenreichtum und ökologischen Hochwasserschutz, in Politik und Öffentlichkeit eine starke Stimme. Unterstützen Sie uns jetzt mit Ihrer Spende, damit wir Umwelt und Natur langfristig schützen können!
Hintergründe zum Thema
Mehr Informationen
Auen entdecken!
Zur Auentour-AppPublikationen
Aktuelle Meldungen
- Hochwasser: Extremwetterereignisse Symptom der Klimakrise
- Expertenrat für Klimafragen: Ampel versagt beim Klimaschutz
- BUND-Einkaufsführer "Torffrei gärtnern"
- Wälder sind wichtige Wasserspeicher und brauchen Schutz
- Welttag der Feuchtgebiete: Wiederherstellung von Auen und Mooren wichtig für Mensch und Natur