Luftbild der Elbschleife um die Hohe Garbe; Foto: F. Meyer / RANA

Erhaltung natürlicher Fließgewässer hat Vorrang vor Wasserkraftnutzung

Flüsse und Bäche sollen sich in der sie umgebenden Aue frei bewegen und ausdehnen können – soweit historisch angelegte Siedlungen dies erlauben. Doch 90 Prozent unserer Fließgewässer sind heute verbaut. Von großen Flüssen ist oft nur eine Kette von Stauseen geblieben. Wie steht der BUND vor diesem Hintergrund zur weiteren Nutzung der Wasserkraft?

Unsere Fließgewässer haben viel gelitten: durch schlecht geklärte Abwässer ebenso wie durch die Abwärme von Atom- und Kohlekraftwerken, die die Flüsse bis über 26 Grad aufheizen. Fischsterben sind im Sommer keine Seltenheit. Staustufen und Begradigungen haben oft mehr Hochwasser verursacht als verhindert. Der BUND fordert Uferverbauungen wieder aufzulösen, Stauanlagen abzureißen und in "raue Rampen" umzubauen, damit sie von Fischen und anderen Lebewesen in unseren Gewässern überwunden werden können.

Die Wasserrahmenrichtlinie setzt seit dem Jahr 2000 neue Ziele und ökologische Prioritäten. Das darin enthaltene Verschlechterungsverbot wird aber häufig missachtet. Ziel der Richtlinie ist es, in allen Gewässern einen "guten ökologischen Zustand" zu erreichen. Es geht dabei zentral auch um die Vielfalt der Lebewesen im Gewässer und die Qualität der Gewässerstruktur.

Tödliche Passage für Fische durch Wasserkraftwerke

Ein zentraler Zielkonflikt entsteht bei der Nutzung der erneuerbaren Energie Wasserkraft. Denn die dafür nötigen Stauwerke beenden die Durchgängigkeit eines Flusses – nicht nur für das Geschiebe aus Kies und Sand, sondern für Wasserlebewesen jeglicher Art. Technische "Fischaufstiege" funktionieren nur selten, und sind sie einmal gebaut, kontrolliert in der Regel niemand mehr ihre Wirksamkeit. Die Passage der Fische flussabwärts erfolgt dann zum größten Teil durch die Turbinen der Wasserkraftwerke. Meist endet sie tödlich. Ausweichmöglichkeiten für wandernde Fische fehlen so gut wie immer.

Auch in den neuesten, als ökologisch gepriesenen Wasserkraftwerken – wie dem in Kostheim am Main – sterben unzählige Fische. Bis zur Hälfte aller Fische wird beim Versuch, die Anlage zu passieren, schwer verletzt oder gleich getötet. Anders als beim Angeln oder Fischen ist das Massensterben in den Turbinen mit keinerlei Nutzen oder einer nachhaltigen Bewirtschaftung von Gewässern verbunden.

Doch nicht nur Einzelanlagen stellen ein tödliches Hindernis dar. Wo Wasserkraftwerke an den Flüssen ganze Ketten bilden, potenzieren sich die Verluste. Auch wenn an einzelnen Stauwehren nur 30 Prozent aller Fische sterben, hat nach sieben bis zehn Anlagen oft auch der letzte zum Meer wandernde Fisch den Tod gefunden. Umgekehrt liegt etwa für Lachse oder Aale die Chance, über zahlreiche Aufstiege ihre Laichgründe zu erreichen, nur im Promillebereich.

Kein Ausbau möglich

Standorte für Windkraftanlagen werden zu Recht nur nach penibler Prüfung genehmigt. Zum Schutz gefährdeter Vögel und Fledermäuse werden bestimmte Flächen gezielt ausgeschlossen, andere zu Vorrangzonen mit geringem Risiko erklärt. Nur so ist – das zeigt sich beim Ausbau der Energiegewinnung aus Windkraft immer mehr –  ein planvoller Kompromiss zwischen Naturschutz und erneuerbaren Energien möglich.

Bei der Wasserkraft hingegen ist ein Ausweichen aufgrund der linearen Struktur der Flüsse nicht möglich. Da auch modernste Anlagen zum massenhaften Tod von Fischen führen, müssen wir uns eingestehen: Ein ökologisch vertretbares Ausbaupotenzial gibt es nicht, anders als die Wasserkraftlobby oder jüngst auch "Eurosolar" vehement behaupten.

Die BUND-Arbeitskreise "Wasser" und "Energie" haben sich abgestimmt und eine Position erarbeitet, die den Beitrag der Wasserkraft zur Energiewende mit ihren schädlichen Folgen für die Natur abwägt. Im Kern fordern wir, keinerlei neue Wasserkraftwerke mehr zu bauen. Weiter fordern wir – wie das Bundesamt für Naturschutz – den Strom aus neuen Wasserkraftwerken nicht länger zu vergüten (gemäß Erneuerbare-Energien-Gesetz); und die Vergütung bei bestehenden Anlagen an den Nachweis der ökologischen Qualität zu binden.

Es ist zehnmal günstiger, eine Kilowattstunde Strom zu sparen, als sie mit kleiner Wasserkraft zu erzeugen. Zudem können wir zehnmal mehr Strom sparen als die Wasserkraft insgesamt liefern kann. Um die Energiewende erfolgreich umzusetzen, sind wir auf den weiteren Ausbau der Wasserkraft nicht angewiesen.

Bei bestehenden Wasserkraftwerken fordert der BUND die Behörden auf, endlich zu prüfen, ob diese die ökologischen Mindestanforderungen erfüllen. Ökologie und Naturschutz müssen wieder Vorfahrt haben auf freien Flüssen. Für die Energiewende sollten wir uns darauf konzentrieren, nicht länger Energie durch Großkraftwerke, ineffiziente Geräte und Heizungsanlagen zu verschwenden. So erreichen wir hundertmal mehr als mit der heutigen Stromerzeugung aus Wasserkraft. 

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Caroline Gebauer

Caroline Gebauer

Leiterin Energie- und nationale Klimapolitik
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Vorfahrt für die Ökologie!

BUNDmagazin 3/2015: Alles im Fluss?

Das Thema Wasserkraft im BUNDmagazin 3/2015.

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